Der Eintritt des Versicherungsfalls in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung – (K)ein Grund zur Panik?
8. Dann schnell zum Anwalt…
Wer jetzt denkt, mit der Deckungsbestätigung in Form des Abwehrschutzes sofort zum Rechtsanwalt gehen zu müssen, der sei vorab darüber informiert, dass die Versicherung bedingungsgemäß nur die „Kosten eines gegen den Versicherungsnehmer anhängig gewordenen […] Haftpflichtprozesses“ übernehmen. Mit anderen Worten: Die außergerichtlichen Kosten werden, anders als nach § 101 Abs. 1 S. 1 VVG, wonach die Versicherung die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten umfasst, bestimmt, nicht übernommen.
Der Versicherer teilt dem Versicherungsnehmer in der Folge mit, ob die Ansprüche zurückgewiesen werden sollen oder nicht. Dem Versicherungsnehmer bleibt es unbenommen, den Rechtsanwalt im außergerichtlichen Bereich selbst zu bezahlen, wahlweise den Makler mit der Wahrnehmung der außergerichtlichen Interessenvertretung im Rahmen des rechtlich zulässigen Rahmens nach § 5 RDG zu beauftragen oder selbstständig tätig zu werden. Die schlechteste Lösung dürfte in der Regel die letzte Alternative sein, da der Versicherungsnehmer aufgrund emotionaler Steuerung aufgrund Wut oder Ärger über die Inanspruchnahme oder dem unbedingten Wunsch, die Angelegenheit schnell und unkompliziert (im Interessen des Kunden, den man unbedingt halten möchte) lösen zu wollen - Fehler machen kann, die weitreichende Folgen haben können: So kann eine unüberlegte Äußerung gegenüber dem Anspruchsteller als deklaratorisches Anerkenntnis gewertet werden, mit dem Ergebnis, dass der Versicherer an dieses nur dann gebunden ist, wenn der Haftpflichtanspruch auch ohne Anerkenntnis bestanden hätte. Unüberlegte Aussagen können also schnell das persönliche Vermögen gefährden.
9. Was ist bei gerichtlichen Verfahren zu beachten?
Eine Hauptleistungspflicht des Versicherers ist die Führung des Haftpflichtprozesses auf seine Kosten. Was aber muss dabei beachtet werden? Wird der Schadensfall im gerichtlichen Stadium angezeigt und ist der Versicherungsnehmer (noch) nicht anwaltlich vertreten, muss beachtet werden, dass vor den Landgerichten, die bei einem Streitwert über 5.000 EUR zuständig sind, Anwaltszwang (§ 78 ZPO) besteht. Innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen muss durch eine sog. Verteidigungsanzeige durch einen Rechtsanwalt das Gericht über die Verteidigungsbereitschaft informiert werden. Schriftsätze, die der Versicherungsnehmer persönlich an das Gericht schreibt, bleiben unbeachtet.
Zu beachten ist, dass der Versicherer für den Haftpflichtprozess regelmäßig selbstständig keinen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Interessen des Versicherungsnehmers beauftragen wird und der Versicherungsnehmer bei der Auswahl seines Rechtsbeistands keine freie Rechtsanwaltswahl, wie sie in § 127 VVG zur Rechtsschutzversicherung normiert wird, besitzt. Der Versicherer hat vielmehr bedingungsgemäß ein Weisungsrecht („Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des Versicherers, insbesondere auch hinsichtlich der Auswahl des gegebenenfalls zu beauftragenden Rechtsanwalts[…]“). Der Versicherer erbringt damit auch keine „Sachleistung“ durch Mandatierung des Rechtsanwaltes, sondern erstattet lediglich die Kosten. Der Versicherungsnehmer weiß damit, dass er selbst den Rechtsanwalt zu beauftragen hat, dies jedoch in Abstimmung mit dem Versicherer („[…] unter Beachtung der Weisungen des Versicherers[…]“). Damit soll sichergestellt werden, dass die Interessen des Versicherungsnehmers bestmöglich vertreten werden. Der Versicherungsnehmer sollte daher auch im eigenen Interesse - beispielsweise in einem Schadensfall zu einem geschlossenen Schiffsfonds - nicht unbedingt eine Kanzlei aufsuchen, die sich lediglich auf das Familienrecht spezialisiert hat.