Der Eintritt des Versicherungsfalls in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung – (K)ein Grund zur Panik?
4. Ich muss den Fall also melden – und wie?
In welcher Form die Schadensanzeige zu erfolgen hat, ist in §104 VVG nicht geregelt. Üblicherweise sehen die Versicherungsbedingungen jedoch Textform vor, so dass auch eine Anzeige per Email ausreichend ist. Zur Erfüllung der Obliegenheit ist die „Anzeige“ ausreichend – und damit die bloße Mitteilung.
Da den Versicherungsnehmer aber auch gemäß den Versicherungsbedingungen eine Unterstützungspflicht bei der Schadensermittlung trifft, sollte er dieser Verpflichtung im eigenen Interesse möglichst frühzeitig umfassend nachkommen.
Unerlässlich ist, dass der Vermittler eine eigenverantwortliche Stellungahme abgibt, in welcher er den Sachverhalt der (angeblichen) Pflichtverletzung möglichst genau und umfassend umschreibt und den Vorwurf bestenfalls entkräftet.
Erst anhand der Stellungnahme ist es dem Versicherer möglich, sich ein genaues Bild des Versicherungsfalls machen zu können und die Leistungsfrage zu klären.
5. Die Meldung an den Makler ist erfolgt – was passiert jetzt?
Ist die Meldung an den Makler erfolgt, kann sich der Versicherungsvermittler nicht einfach bequem zurücklegen. Er hat er vielmehr „alles zu tun, was zur Klarstellung des Versicherungsfalles dient […]. Er hat den Versicherer bei der Abwehr des Schadens sowie bei der Schadenermittlung und –regulierung zu unterstützen.“ Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer sämtliche Unterlagen zur Verfügung stellen, die zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich sind. Sehen die Bedingungen daneben noch sog. Deckungsvoraussetzungen (außerhalb der Pflichtversicherungen) vor, sind diese ebenfalls nachzuweisen. Vor der Regulierung des § 34f GewO waren so beispielsweise „der Nachweis der Prospektübergabe“ oder der „Nachweis über das Bestehen eines (beanstandungsfreien) IDW-S 4 Testats“ erforderlich.
Zur Optimierung der Schadensbearbeitung ist es sinnvoll, den Schaden dem spezialisierten Makler anzuzeigen, da dieser dem Versicherungsnehmer bereits vorab die „Hausaufgaben“ aufgeben und somit das Verfahren beschleunigen kann.
6. Aber jetzt kann ich mich zurücklegen…oder?
Ist der Versicherungsfall der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung angezeigt, prüft der Versicherer zunächst, ob es sich um eine versicherte Tätigkeit handelt, Ausschlussgründe der Versicherungsbedingungen in Betracht kommen und/oder die Deckungsvoraussetzungen erfüllt wurden. Nach dem bereits erläuterten Verstoßprinzip bestimmen sich die Versicherungssumme, Selbstbehalt und der Inhalt der maßgeblichen Versicherungsbedingungen nach dem Stand zur Zeit der (vermeintlichen) Pflichtverletzung. So kann es durchaus sein, dass zwischenzeitlich abgeschaffte Ausschlussgründe oder Deckungsvoraussetzungen greifen. Kommt nur ein „K.O. Kriterium“ in Betracht, lehnt der Versicherer grds. die weitere Behandlung des Versicherungsfalles ab, es sei denn, der Schadenfall lässt sich (rechtlich) trennen und der Ausschlussgrund greift nur zum Teil. Kommt die Versicherung zu einem positiven Ergebnis, prüft sie weiter, ob ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch besteht. Besteht ein solcher Anspruch, tritt der Versicherer in die Regulierung ein – kommt er jedoch zum Ergebnis, der Versicherungsnehmer wird zu Unrecht angegriffen, stellt er Versicherungsschutz in Form des Abwehrschutzes zur Verfügung.
Erteilt der Versicherer eine Deckungszusage, ist diese im Zweifel bindend. Der Versicherer kann dann nach Treu und Glauben seine Entscheidung nicht abändern. Werden jedoch neue Umstände bekannt, die zu einer Versagung des Versicherungsschutzes geführt hätten, gilt die Bindung verständlicherweise nicht. Häufig geben daher die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer nur „vorläufigen (eingeschränkten) Versicherungsschutz“. Diese Deckungszusage entfaltet keine Bindungswirkung. Sie gewährt Versicherungsschutz „in bedingungsgemäßem Umfang“ – also unter dem Vorbehalt, dass kein Ausschlussgrund vorliegt.