Große Probleme mit einer kleinen Mahngebühr und welche unterschätzten Gefahren lauern

Dass eine minimale Mahngebühr eines Versicherers die Existenz eines Unternehmens zerstören kann, musste ein Handwerksbetrieb nach einem Schadenfall im letzten Jahr feststellen. Die Folgen einer Mahngebühr und die Haltung des Versicherers waren für den Kunden ein Kampf um seine Existenz.
Ein Betrieb des Bauhandwerks erhielt von seinem Versicherer zum Januar die Folgebeitragsrechnung seiner Betriebshaftpflichtversicherung. Dem Vertrag lag eine halbjährliche Zahlungsweise zugrunde. Da der Beitrag jedoch erst im März bezahlt wurde, kam zwischenzeitlich eine Mahnung mit einer Mahngebühr in Höhe von 3,00 €. Der Kunde nahm versehentlich die ihm vorliegende Rechnung vom Januar und zahlte den Beitrag per Überweisung. Jedoch nicht die Mahngebühr in Höhe von 3,00 €, da er für die Überweisung die Prämienrechnung vom Januar zur Hand nahm und damit die Mahngebühr übersehen hat. Damit war für den Kunden die Beitragsangelegenheit erledigt.
In der ersten Juli-Woche meldete der Kunde einen erheblichen Betriebshaftpflichtschaden. Der Beitrag per 1.7. war noch nicht beglichen, da zeitgleich auch erst die Beitragsrechnung vom Versicherer zugestellt wurde. Die erste Reaktion des Versicherers war: „Schadenregulierung wird abgelehnt, da ein Beitragsrückstand besteht“. Dem Makler war die Entscheidung unverständlich, da der Juli-Beitrag gerade erst fällig war.
Das Ergebnis der Prüfung bezog sich aber nicht auf den per 1.7. fälligen Beitrag. Die Ablehnung wurde mit der noch offenen Mahngebühr vom März in Höhe von 3,00 € begründet.
Rechtlich ist diese Entscheidung sicher nicht zu beanstanden, da nach VVG §38 (2) gilt:
Tritt der Versicherungsfall nach Fristablauf ein und ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt mit der Zahlung der Prämie oder der Zinsen oder Kosten in Verzug, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.
Und die Mahngebühren vom März waren noch offen, damit war der Versicherungsnehmer weiterhin in Verzug und der Versicherer leistungsfrei.
Das Unverständliche in dieser Angelegenheit ist, dass beim Kunden vom März bis zum Schadenfall im Juli nicht erneut der noch ausstehende Betrag angemahnt wurde, trotz weiterem Verzug keine Kündigung ausgesprochen wurde und Kunde und Makler in keiner Weise über den nicht bestehenden Versicherungsschutz informiert wurden.
In dem vorliegenden Fall hat der Versicherer dann aber eingelenkt und den Schaden – trotz offener Mahngebühr – beglichen.
Es stellt sich natürlich die Frage, bei wie vielen Verträgen Vermittler auf einem „Pulverfass“ sitzen, weil Versicherer sich noch nach Monaten auf unbezahlte Mahngebühren berufen, die in den Verträgen „schlummern“ und zu einer Leistungsablehnung führen können. Verträge, bei denen man im Schadenfall auf die Kulanz des Versicherers hoffen muss.
Für die Versicherer besteht durch offene Mahngebühren natürlich auch die Möglichkeit, die Schadenregulierung zur Einzelfallentscheidung zu machen. Ein rentabler Kunde mit gutem Schadenverlauf, da „drückt man ein Auge zu“. Bei anderen Kunden werden die Prämien kassiert mit dem Wissen, dass man im Schadenfall ja noch den Trumpf der unbezahlten Mahngebühr hat.
Es bleibt natürlich jeweils die Klärung offen, ob bzw. wann der Kunde überhaupt die Mahnung erhalten hat und ob die Zustellung der Mahnung bewiesen werden kann. Doch im Leistungsfall ist es sicher eine sehr schlechte Basis, wenn sich die Beteiligten vor der Schadenregulierung zunächst erst um evtl. Mahngebühren oder den Erhalt eines Mahnschreibens streiten müssen. Und eine Schadenregulierung zunächst von der Klärung einer unverhältnismäßigen Gebühr abhängig gemacht wird.
Wenn der Versicherer den Kunden und den Vermittler nicht darüber informiert, dass wegen einer offenen Mahngebühr weiterhin kein Versicherungsschutz besteht, dann sollte jeder Vermittler sich vom Versicherer nach einem Mahnschreiben – und Zahlung der Prämie – bestätigen lassen, dass wieder Versicherungsschutz besteht. Damit verbunden ist natürlich ein erheblicher Mehraufwand.
Wir haben bei mehreren Versicherern nachgefragt, wie sie bei unbezahlten Mahngebühren im Schadenfall entscheiden. Es ging dabei lediglich um offene Mahngebühren und nicht um Fälle, die bereits im gerichtlichen Mahnverfahren sind. Die Aussagen unterscheiden sich erheblich und nur vier Gesellschaften beziehen eine klare Position im Sinne des Versicherten.
Die Antworten der Versicherer auf unsere Anfragen können Sie auf den nächsten Seiten lesen.