Serie: Schadensfall des Monats Oktober 2022 / Gastbeitrag von Hans John Versicherungsmakler GmbH: „Haftung ja, Deckung nein“
Bei vorsätzlicher Herbeiführung eines Schadens ist der Versicherer bereits nach § 103 VVG nicht zur Leistung verpflichtet. In der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung hat dagegen der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Ausschluss „wissentlicher Pflichtverletzungen“ eine größere praktische Relevanz.
Ende 2014 beauftragte die spätere Klägerin (K) ein Maklerunternehmen (M) mit dem Verkauf eines in ihrem Eigentum stehenden Mehrfamilienhauses. Im Maklervertrag wurde zwischen den Vertragsparteien ein Zielpreis von 190.000 EUR und ein Angebotspreis von 229.000 EUR vereinbart. Außerdem sah der Vertrag eine vom Käufer zu zahlende Außenprovision von 2,38 % vor. Die Innenprovision wurde dagegen nicht konkret beziffert, lediglich eine tarifbedingte Mindestpauschale von 4.500 EUR festgelegt.
Aufgrund der Renovierungsbedürftigkeit der Immobilie, wurde diese von M für 289.000 EUR inseriert, um etwaigen Interessenten einen zu erwartenden Nachlass gewähren zu können. Damit war K auch einverstanden. Tatsächlich fanden sich zwei Interessenten, die bereit waren 245.000 EUR zu bieten. Hierüber informierte M die Auftraggeberin allerdings nicht. Stattdessen traf man mit einem der Interessenten eine zusätzliche Vereinbarung, in der der Kaufpreis mit 230.000 EUR angegeben und für die Vertragsvermittlung eine Provision in Höhe von 14.500 EUR geregelt wurde. Anschließend übermittelte M der K den notariellen Kaufvertragsentwurf und teilte mit, man hätte - mangels Gesprächsmöglichkeit mit der K - die Provisionskalkulation verschoben. Die Innenprovision läge nun bei 2,38 %, dafür sei die Käuferprovision erhöht worden. Die K erklärte sich damit einverstanden und zahlte die ihr in Rechnung gestellte Provision in Höhe von 5.474 EUR. Später erfuhr die K dann aber von den Kaufpreisangeboten über 245.000 EUR und rügte die Verletzung von Treue- und Sorgfaltspflichten aus dem Maklervertrag. M hätte dadurch den Anspruch auf Maklercourtage verwirkt. Sie begehrte die Rückzahlung der geleisteten 5.474 EUR und forderte darüber hinaus Schadensersatz für den ihr entgangenen Mehrerlös. M war dagegen der Ansicht, der K sei kein Schaden entstanden, da ursprünglich ein Zielerlös von 190.000 EUR vereinbart worden sei und man sich im weiteren Verlauf auf einen Kaufpreis von 225.00 EUR bis 230.000 EUR geeinigt hätte. Ein darüber hinaus erzielter Verkaufserlös hätte M als Innenprovision zufließen sollen, bei den 4.500 EUR hätte es sich nur um eine Mindestprovision bei Unterschreiten des Zielpreises gehandelt.