Digitalisierung der Finanzbranche durch neue Unternehmen geht weiter - Auf dem FinTech Pioneers Event präsentierten Start-ups sich und ihre Ideen
Die Digitalisierung der Finanzbranche nimmt Fahrt auf und eine Vielzahl von Akteuren ergreift die Chancen, welche neue Technologien bieten. Auf dem FinTech Pioneers Event in Berlin trafen sich Start-ups mit Investoren und Vertretern etablierter Banken. „Natürlich konkurrieren Unternehmen weiter miteinander, doch die Komplexität und der sich rasant verändernde Markt schieben auch Kooperationen und dezentrale Lösungen an“, so Stefan Roßbach von der TME AG, einer Frankfurter Unternehmensberatung für Financial Services.
Das illustriere nicht zuletzt die Vielzahl diverser Blockchain-Initiativen, einer logischen Fortentwicklung der Dezentralität von Internet und Cloud.
Wie wichtig die Zusammenarbeit sei, habe das Geschehen am Rande der Vorträge und Workshops gezeigt, sagt Roßbach. „Viele sind gekommen, um ihre Erfahrungen und Ideen auszutauschen und um sich zu vernetzen.“ Die Veranstalter ließen viel Raum und Zeit für Network-Breaks, die von den Teilnehmern intensiv genutzt wurden. Um die Voraussetzungen zu optimieren, verwendete Pioneers ein Matching Tool, für dessen Einsatz die Teilnehmer im Vorfeld ihre Interessen angegeben hatten. Auf diese Weise wurden die Meetings sehr gut organisiert. Die Teilnehmer konnten sich sogar per extra installiertem Chatbot an die Treffen erinnern lassen. Und wer mit dem Kennenlernen nicht so lange warten wollte, der ging am Abend zuvor zum Ice-Breaking Event in einer Berliner Traditions-Brennerei. Ein Pre-Opening der speziellen Art – zum Teil bereits in Vergessenheit geratener Schnapssorten probieren und parallel die digitale Finanzwelt der Zukunft diskutieren!
„Alles Hinweise darauf, dass die Bedeutung der informellen Kontakte als sehr hoch eingeschätzt wurde“, meint Roßbach. Zudem sei es nicht nur um Fachgespräche zwischen FinTechs gegangen. Beispielsweise durften die Besucher des Pre-Openings live erleben, wie die per Crowdsourcing eingesammelten Gelder direkt investiert wurden – und die Investoren freuten sich über eine „Verewigung“ ihrer Namen an den Backsteinwänden der Location. „Das Aufeinandertreffen von namhaften Venture-Capital-Unternehmen, weltweit führenden Banken und Versicherungen, Company-Builder, Vertreter internationaler Förderprogramme sowie Early-Stage- und etablierter Top-FinTechs war sehr gut orchestriert“ freut sich Roßbach. „Man konnte spüren, wie die Visionen zur Zukunft der Financial Services Industry beflügelten und zum Bauen von Brücken anregten. Berlin war tatsächlich Beweis für das Wachsen des neuen kollaborativen Ökosystems in der Finanzindustrie.“
Große Bandbreite – klare Schwerpunkte
Kein Wunder also, dass FinTech-Unternehmen aus allen Bereichen den Weg an die Spree gefunden hatten. Trotz der großen Bandbreite gab es, wie Roßbach berichtet, eindeutige thematische Schwerpunkte. Zum einen waren Vertreter von disruptiven Investment-Lösungen zahlreich vor Ort, zum anderen solche, die sich mit Open-Banking-Lösungen oder Big- und Smart-Data-Ideen befassen. In Sachen Investment ist etwa Augur zu nennen, eine auf Blockchain basierende Prognose-Plattform. Sie ermöglicht es, die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen durch dezentrale weltweite Forecasts abzuschätzen. Auf dieser Grundlage werden dann Handelschancen erkannt und genutzt. „Ein gutes Beispiel für die große Relevanz von Blockchain, eines der aktuellen Megatrends“, erläutert Kirill Babich, der in der TME AG das FinTech-Advisory-Programm verantwortet. Die zentrale Datenbank enthält eine Liste von Datensätzen zu Transaktionen, die permanent länger wird und in linear angeordneten Blöcken organsiert ist. Weil jeder Block eine Prüfsumme seines „Vorgängers“ enthält und die Daten auf zahlreichen Rechnern gespeichert sind, soll eine Manipulation ausgeschlossen sein.
Blockchain war für Babich eines der zentralen Stichworte beim Pioneers Event. „Und das völlig zurecht, denn da tut sich so einiges.“ Die Technologie existiere und wachse aufgrund der zunehmenden Dominanz des Internets und verbesserter Algorithmen, die die Maschinen heute selbst entwickeln und verwalten. Start-ups, die sich Anwendungen für Blockchains ausdenken, profitieren von der Dezentralisierung der Computernetzwerke und davon, dass zwei Parteien sich mehr und mehr auch ohne jegliche Kontrolle von außen gegenseitig vertrauen. Nicht umsonst lagen daher zwei Blockchain-Start-ups beim Pitch auf dem Event weit vorn. Dritter wurde Bitbond, das sich auf Kredite in der Kryptowährung Bitcoin spezialisiert hat. Gewonnen hat Bitwala, das Bankkonten und Bankkarten in mehr als 100 Ländern und über 20 Währungen inklusive Bitcoin anbietet. Jeder Kunde kann jederzeit auf jedes Konto überweisen, Bitcoin-Beträge und Beträge in echten Währungen lassen sich ineinander umwandeln. Gepunktet wird damit, dass all dies schnell, unkompliziert und kostengünstig abläuft.
Mit dem Internet ist Information umfassend digitalisiert worden, nun folgt die Digitalisierung des Vermögens dank Blockchain, wie es in einem FinTech-Pitch pointiert aufgezeigt wurde. Wie bei Silber oder Gold ist der Wert einer per Blockchain gehandelten „Währung“ leicht verifizierbar. Anders als bei diesen Standards vergangener Zeiten aber lässt sich der Transport in Sekunden managen – auch von einer Ecke der Welt in die andere, weil statt physikalischer Gegenstände lediglich Kontostände existieren. Auch mit der Akzeptanz vor allem bei den Jüngeren dürfte Blockchain es als „Digital Native“ leicht haben. Unternehmen können Kosten für interne und externe Finanztransaktionen sparen, Schwachstellen im Zahlungsverkehr oder anderen Geschäftsprozessen lassen sich leichter entdecken. Babich: „Die vielen Vorteile von Blockchain werden jetzt nach und nach in reale Angebote übersetzt. Dafür hat das Pioneers Event einen ersten Vorgeschmack geliefert.“