Bain-Studie zum Risikomanagement in der Bankenbranche - Unnötige Verluste aus operationellen Risiken kosten Banken Milliarden
- Vermeidbare Fehler im Risikomanagement haben bei großen Banken seit 2011 weltweit Verluste von rund 220 Milliarden US-Dollar verursacht - Rund zwei Drittel davon resultieren aus falschem Umgang mit Kunden und Produkten - Bessere Mitarbeiterschulungen sind ein wesentlicher Faktor, um die Verluste einzudämmen - Erforderlich ist ein integriertes Management nicht-finanzieller Risiken auf Basis von vier Prinzipien
Ein einziger Mitarbeiter hat 1995 genügt, um den Untergang der traditionsreichen Barings Bank nach mehr als 200 Jahren zu besiegeln. Der Derivatehändler Nick Leeson hatte Lücken in den internen Kontrollsystemen genutzt und vergeblich versucht, Verluste durch immer waghalsigere Spekulationen zu kompensieren. Ein Weckruf für die Branche, die seitdem das Management nicht-finanzieller Risiken deutlich verbessert hat. Doch bis heute gibt es vielerorts Schwachstellen. In ihrer aktuellen Studie „Preventing Disaster: How Banks Can Manage Operational Risk“ zeigt die internationale Managementberatung Bain & Company, wo derzeit die Probleme liegen und wie sie sich lösen lassen.
Die Zahl spricht für sich: Auf rund 220 Milliarden US-Dollar summieren sich laut Daten des Risikospezialisten ORX weltweit die Verluste großer Banken aufgrund von operationellen Risiken seit 2011. Rund zwei Drittel davon resultieren aus dem falschen Umgang mit Kunden und Produkten (Abb. 1). Neben bewusstem und unbewusstem menschlichen Fehlverhalten werden in der Studie auch die IT, die Organisationsstruktur sowie die unvollständige Umsetzung der immer komplexeren und teilweise überlappenden Regulierungen als Schwachstellen identifiziert.
Ertragspotenziale werden nicht genutzt
„Nicht-finanzielle Risiken lauern nahezu überall, entsprechend viel steht für die Banken auf dem Spiel“, stellt Bain-Partner und Co-Autor der Studie Dr. Jan-Alexander Huber fest. „Fehler im operationellen Risikomanagement verursachen nicht nur finanzielle Verluste, Rechtskosten und zum Teil Strafzahlungen, sondern schädigen auch nachhaltig die Reputation und gefährden im Extremfall die Existenz einer Bank.“ Der Branche sei die Gefahr durchaus bewusst. „Die Banken arbeiten hart daran, ihr Risikomanagement zu verbessern“, betont Huber. Seit 2014 gab es hier deutliche Fortschritte. Doch unverändert konzentrieren sich viele Kreditinstitute auf eine bessere Steuerung der Finanzrisiken. Und das, obwohl Verluste aus nicht-finanziellen Risiken große Banken immer noch knapp ein Prozent ihres Bruttoeinkommens kosten.
Welches Ertragspotenzial hier brachliegt, macht eine Musterrechnung deutlich. Ausgehend vom Durchschnittswert der letzten drei Jahre könnten die Banken mit einer 20-prozentigen Reduzierung ihrer Verluste aus nicht-finanziellen Risiken ihre Gewinnmarge um 30 Basispunkte steigern – ein mehr als willkommener Zuwachs gerade für die gebeutelten europäischen Institute.
Was ein integriertes operationelles Risikomanagement auszeichnet
Vorreiter in der Branche arbeiten bereits daran, die Effektivität ihres Risikomanagements zu verbessern und so ihre Profitabilität zu steigern. Dabei sind vier Prinzipien entscheidend:
- Das Management nicht-finanzieller Risiken umfasst alle Bereiche und Funktionen einer Bank und ist reibungslos in die unternehmensweiten Strukturen und Prozesse integriert.
- Die Verantwortung für das Risikomanagement ist in jeder Abteilung klar definiert, Fachleute besetzen die entsprechenden Stellen.
- Feedbackschleifen gewährleisten, dass die Bank kontinuierlich aus Erfolgen und Misserfolgen lernt, um nicht-finanzielle Risiken in Zukunft zu vermeiden.
- Alle Prozesse werden regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass sämtliche Kennzahlen und Vergütungssysteme den aktuellen Anforderungen entsprechen.