Serie: Schadensfall des Monats April 2021 / Gastbeitrag von Hans John Versicherungsmakler GmbH: „Drum prüfe wer sich bindet…“
M2 blieb also zunächst nichts anderes übrig, als auf eigene Rechnung einen Anwalt zu beauftragen. Die Hoffnung, die Klage abwehren zu können, erfüllte sich allerdings nicht. Nach mündlicher Verhandlung, in deren Verlauf M1 als Zeuge gehört worden war, wurde auf Drängen des Gerichtes ein Vergleich geschlossen, der weit überwiegend den Forderungen des Klägers Rechnung trug. Die Argumentation der M2, sie sei die falsche Beklagte, A sei von M1 im eigenen Namen beraten worden, überzeugte das Gericht nicht. Das lag in erster Linie an dem von M1 nach außen gesetzten Rechtsschein. Auf dem Zeichnungsschein hatte M1 sich zwar selbst mit Unterschrift im Feld „Vermittler“ verewigt, allerdings hatte er zugleich auch noch einen Firmenstempel verwendet, der ihn als Handelsvertreter der M2 auswies. Die recht rudimentäre Beratungsdokumentation war ebenfalls auf Geschäftspapier der M2 angefertigt worden, was zwar nicht dem Willen der M2 entsprach, zumindest aber insofern konsequent war, als dass man bei der Beratung offenbar nahtlos von den Versicherungsprodukten zu der Fondsbeteiligung übergegangen war. Auch der einzige schriftliche fixierte Kundenauftrag, der Maklervertrag, der eigentlich nur die Vermittlung von Versicherungen betreffen sollte, wies nur auf M2 hin.
Die M2 war natürlich nicht gewillt, die Zeche allein zu zahlen und nahm M1 in Regress, weil er gegen Vorgaben aus der gemeinsamen Vermittlungsvereinbarung verstoßen hätte. M1 informierte daraufhin zum zweiten Mal seine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH1) und bat darum, die Forderungen zu regulieren. Im Gegensatz zu M2 hatte er die Vermittlung von geschlossenen Fonds durchaus versichert und keine Zweifel, dass ihm Versicherungsschutz gewährt würde. Ein Irrglaube, wie sich alsbald herausstellte:
Die VSH1 interpretierte die im Protokoll zur mündlichen Verhandlung wiedergegebene Zeugenaussage dahingehend, dass M1 Risiken der Kapitalanlage bagatellisiert und somit wissentlich gegen Pflichten verstoßen hätte. Bereits deshalb kämen keine Versicherungsleistungen in Betracht. Außerdem würde die von M1 angefertigte Beratungsdokumentation nicht den 2012 geltenden Deckungsvoraussetzungen aus den Versicherungsbedingungen gerecht. Ein Hinweis auf das Totalverlustrisiko finde sich dort ebenso wenig wie Nachweise zur Übergabe des Verkaufsprospektes oder Angaben zu den Erfahrungen des Anlegers mit Kapitalanlagen. Zudem resultiere der Schaden nicht aus der grundsätzlich versicherten, eigenständige Tätigkeit des M1, sondern – zumindest nach außen – aus dessen Tätigkeit für M2. Und schlussendlich würden die Regressforderungen auf Verstöße gegen Regelungen aus der zwischen M1 und M2 geschlossenen Vermittlungsvereinbarung gestützt. Es handle sich somit um rein vertragliche Ansprüche, die nicht Gegenstand einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung seien.
Das waren in Summe zu viele (berechtigte) Einwände, als dass Verhandlungen mit der VSH1 zu einer anteiligen Übernahme des Schadens – und sei es auch nur aus Kulanzgründen – Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.