Zuspätkommtag: Kündigungsgrund oder Kalenderspaß? - ARAG Experte Tobias Klingelhöfer über Verspätungen am Arbeitsplatz
Es gab erst kürzlich einige Wetterkapriolen mit Überschwemmungen oder heftigen Gewittern. Was ist, wenn Arbeitnehmer durch Wetterchaos zu spät kommen?
Tobias Klingelhöfer: Wenn beispielsweise ein plötzlicher, heftiger Sturm Bäume entwurzelt oder Straßen und Bahnschienen überschwemmt sind, können viele Arbeitnehmer gar nicht oder nur mit erheblicher Verspätung am Arbeitsplatz erscheinen. Für den Betrieb bedeutet ein solcher Ausfall an Arbeitsstunden in den allermeisten Fällen einen wirtschaftlichen Verlust. Da in diesem Fall jedoch kein Verschulden der Arbeitnehmer vorliegt, besteht in der Regel auch keine Grundlage für Sanktionen wie ein Verweis oder eine Abmahnung. Gleichzeitig ist es Arbeitnehmern bei schwierigen Wetterbedingungen jedoch durchaus zuzumuten, das Haus früher als gewohnt zu verlassen. Wer es als Beschäftigter also erkennbar darauf ankommen lässt, zu spät zur Arbeit zu erscheinen, ohne sich auf eine längere Anfahrtszeit einzustellen, riskiert im Zweifel Ärger mit seinem Chef.
Was hat es mit dem Wegerisiko auf sich, von dem man in diesem Zusammenhang immer wieder hört?
Tobias Klingelhöfer: Das Bundesarbeitsgericht spricht in solchen Fällen von einem durch Witterungsbedingungen bestehenden Wegerisiko, das im Regelfall der Arbeitnehmer trägt (Az.: 2 AZR 147/00). Und das gilt eben nicht nur für winterliche Wetter-Szenarien. Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich dafür sorgen, dass er pünktlich zur Arbeit kommt. Auch bei widrigen Wetterverhältnissen oder Streiks im Nahverkehr. Wird der Arbeitnehmer durch höhere Gewalt an seiner Arbeitsleistung gehindert, entfällt deshalb sein Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Dann gilt also: Keine Arbeit, kein Lohn. Ob verpasste Stunden in solch einem Fall nachgeholt werden müssen oder können, hängt stark von den arbeitsvertraglichen Gegebenheiten und ihrer Zumutbarkeit ab. So ist ein Nachleisten der liegen gebliebenen Arbeit in Betrieben mit Gleitzeit sicherlich meistens möglich. Ein halbtags beschäftigter Mitarbeiter, der nach der Arbeit sein Kind vom Kindergarten abholen muss, ist eine Nacharbeit nach der regulären Arbeitszeit wiederum im Regelfall nicht zuzumuten.
Was sollten Arbeitnehmer tun, wenn sie merken, dass sie zu spät kommen?
Tobias Klingelhöfer: Dann sollten sie ihren Arbeitgeber oder Vorgesetzten so früh wie möglich über die Verspätung informieren – am besten telefonisch. Das zeigt Verantwortungsbewusstsein und kann helfen, negative Konsequenzen zu vermeiden. Außerdem kann so besser geplant werden, etwa wenn ein Kollege einspringen muss. Wer sich gar nicht meldet, riskiert zusätzlichen Ärger.