Die Insolvenz von Eurosolid und was das für die Aufklärungspflichten des Maklers bedeutet
Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 30.04.2019 Az. 6 U 173/18 der Berufung der Stuttgarter Lebensversicherung gegen ein Urteil zu Gunsten eines Anlegers der insolventen Firma Eurosolid nur in geringem Umfang stattgegeben. Die Versicherung wurde zu Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflichten verurteilt.
Was war geschehen:
Die Stuttgarter Lebensversicherung entwickelte mit Eurosolid ein Anlagemodell für den Kauf und die Finanzierung von Photovoltaikanlagen. Die Anleger konnten für einen Preis von 50.000 € eine Photovoltaikanlage kaufen, die entweder mit einem Darlehen der Stuttgarter, einer Rentenversicherung oder einem Bausparvertrag finanziert wurde. Allerdings erbrachte die Anlage nicht die, sehr euphorisch prognostizierten, Stromerträge. Die Eurosolid musste Insolvenz anmelden und die Anleger wollten ihr Geld zurück. Daher versuchten sich die Geschädigten von den, mit der Stuttgarter abgeschlossenen Darlehensverträgen, zu lösen. Die Versicherung sei ihrer Aufklärungspflicht bzgl. der Risiken der Geldanlage nicht nachgekommen, so argumentierten die Anleger. Die Stuttgarter selbst sah sich allerdings nur als Darlehensgeberin an, als welche sie keinerlei Aufklärungspflichten bzgl. eventueller Risiken des Darlehensgeschäfts gehabt hätte (BGH, Urteil vom 31. März 1992 – XI ZR 70/91). Dies sah das OLG Stuttgart anders und bestätigte damit in weiten Teilen das Urteil des LG Stuttgart vom 22.06.2018. Nach Ansicht der Richter hatte sich die Stuttgarter Lebensversicherung, bei einer gemeinsamen Präsentation mit Eurosolid, den Anlegern und Interessenten in einer Weise präsentiert, dass diese darauf vertrauen durften, dass die Versicherung die Risiken tatsächlich geprüft hatte. Aufgrund dieses hervorgerufenen Eindrucks ergab sich aber eine Aufklärungspflicht bezüglich Programmrisiken und Bedenken gegen die Bonität oder Seriosität des Initiators. Zu diesen Risiken und Bedenken schwieg die Versicherung allerdings.[1]
Aufklärungspflichten nicht nur beim Versicherer
Aufklärungspflichten sind aber nicht nur von Versicherungen zu beachten, sondern auch von Maklern.
Denn auch den Makler treffen, gegenüber seinem Kunden, Aufklärungspflichten und diese sind, wie einige aktuelle Urteile zeigen, nicht zu unterschätzen.Das OLG Dresden urteilte beispielsweise in seiner Entscheidung vom 29.01.2019 Az. 4 U 942/17, dass der Makler den Kunden über alle möglichen Alternativen aufklären muss, die es im Vergleich zum Verkauf des Lebensversicherungsvertrags an einen Policenaufkäufer gäbe (Beitragsfreistellung, Policendarlehen, Kündigung). Sogar über einen möglichen Ausfall aufgrund von Insolvenz des Policenaufkäufers bei Stundung des Kaufpreises hätte der Makler aufklären müssen. Da dies wohl unterblieben war, konnte der Versicherungsnehmer als Schaden den Rückkaufswert am Tag des Verkaufs gegenüber dem Makler geltend machen. Des Weiteren hat der BGH in einem aktuellen Beschluss vom 26.03.2019 (Az. XI ZR 372/18) dargelegt, dass der Makler haften muss, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung, eine für ihn nachteilige Kapitalanlage tätigt. Diese Urteile zeigen, wie umfangreich die Aufklärungspflichten des Maklers sind. Daher stellt sich die Frage, hätte der Makler, der einem Anleger das oben dargestellte Produkt von Eurosolid und der Stuttgarter vermittelt hat, den Versicherungsnehmer nicht auch über die Risiken aufklären müssen? Dies ist in Anbetracht der hohen Anforderungen an die Aufklärungspflichten der Makler zu bejahen. Hinzu kommt auch, dass das OLG Dresden eine Beweislastumkehr bzgl. der Nichteinhaltung der Aufklärungspflicht zu Lasten des Maklers angenommen hat. Zwar müsste der Versicherungsnehmer eigentlich darlegen und beweisen, dass er nicht ordnungsgemäß beraten wurde, allerdings kann es bei Aufklärungspflichtverletzungen zu einer Beweislastumkehr kommen (BGH, Urteil vom 13.11.2014, III ZR 544/13). Kann der Versicherungsvermittler kein präzises Beratungsprotokoll vorlegen und damit beweisen, dass er seinen Beratungs- und Dokumentationspflichten gem. § 61, 62 VVG gerecht wurde, dann muss er beweisen, dass er dennoch ordnungsgemäß belehrt hat. Ist ihm dies nicht möglich, dann ist, nach der Ansicht der Richter des OLG, davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer bei ordnungsgemäßer Beratung, den Vertrag nicht geschlossen hätte (im Fall des OLG Dresden, den Vertrag nicht verkauft hätte). Eine Aufklärungspflichtverletzung ist gegeben und der Versicherungsnehmer könnte sich beim Makler schadlos halten.