"Klare Grenzen für die automatische Kennzeichenerfassung" - David Annussek hat über das Thema der Überprüfung von Autokennzeichen promoviert - er erläutert das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Sie haben in Ihrer Dissertation gezeigt, dass es unterschiedliche Praktiken in unterschiedlichen Bundesländern gibt. Wäre es vor dem Hintergrund des jetzigen Urteils nicht geboten, eine bundesweit einheitliche Regelung einzuführen?
Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes wäre eine einheitliche Regelung auf Bundesebene nur für Zwecke der Strafverfolgung möglich. Einen Einsatz der Kennzeichenerfassung zur allgemeinen Gefahrenabwehr dürfen dagegen nur die Länder regeln. Insbesondere ist jedes Bundesland frei, innerhalb des vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Spielraums unterschiedlich ausgestaltete Regelungen zu treffen. Das ist Konsequenz unseres föderalistischen Systems und im Polizeirecht nicht nur üblich, sondern durchaus sinnvoll. Denn je nach Bundesland kann die Gefahrenlage anders zu beurteilen sein, weshalb auch das Bedürfnis für einen gefahrenabwehrenden Einsatz der Kennzeichenerfassung unterschiedlich ausfallen kann.
Können Sie nachvollziehen, dass die Strafverfolgungsbehörden dieses Urteil nicht besonders positiv beurteilen, weil ihnen damit ein unter Umständen hilfreiches Instrument zum Aufspüren von Straftätern verwehrt wird?
Dass die Strafverfolgungsbehörden zur Strafverfolgung nicht über dieses Instrument verfügen, ist eine Entscheidung des Bundes. Und einem Einsatz zu Zwecken der Gefahrenabwehr erteilt das Urteil keineswegs eine Absage, sondern stellt klar, dass die Länder nicht am Erlass einer gefahrenabwehrenden Regelung gehindert sind. Dies deckt sich mit dem Ergebnis meiner Untersuchung. Darin zeige ich, dass der den Ländern unter dem Gesichtspunkt der Gesetzgebungszuständigkeit zustehende Gestaltungsspielraum beim Erlass von Ermächtigungen zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenüberprüfung erheblich weiter ist, als von den Kritikern landesrechtlicher Regelungen angenommen.
Zur Person
David Annussek studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und promovierte an der WWU bei Prof. Dr. Bodo Pieroth zum Thema "Automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenüberprüfung in den Ländern – eine verfassungsrechtliche Bewertung unter besonderer Berücksichtigung der Gesetzgebungszuständigkeit". Derzeit arbeitet er als Rechtsanwalt in einer Düsseldorfer Sozietät.
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