Unterfallen Uhren mit Goldgehäuse der Entschädigungsgrenze für Wertsachen? (LG Berlin)
Die rechtliche Würdigung:
Das LG Berlin wies die Klage der Klägerin als unbegründet ab. Die Widerklage der Beklagten hatte jedoch Erfolg:
Die Klägerin hat aufgrund der behaupteten Entwendung der Uhren keinen Anspruch gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag, denn beide Uhren unterfallen den in § 19 VHB geregelten Entschädigungsgrenzen für Wertsachen. Es handelt sich bei den Uhren jedenfalls um Wertsachen, konkret um Sachen aus Gold im Sinne der § 19 Nr. 1 c. VHB. Dies ist das Ergebnis der Auslegung der Klausel (siehe auch BGH, Urteil vom 16.3.1983, Az. IVa ZR 111/81; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.1993, Az. 12 U 249/93). Dabei kann dahinstehen, ob die Uhren auch als Schmucksachen anzusehen sind.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht, wobei es dabei auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ankomme (vgl. BGH, Urteil vom 17.2.2016, Az. IV ZR 353/14; BGH, Urteil vom 23.6.1993, Az. IV ZR 135/92).
Ein solcher Versicherungsnehmer wird dem Wortlaut der Klausel zunächst entnehmen, dass „alle Sachen aus Gold“, also insbesondere auch unabhängig davon, ob sie als Schmucksachen anzusehen sind, den Wertgrenzen unterfallen sollen. Im allgemeinen Sprachgebrauch steht jedoch die „goldene Uhr“ geradezu sprichwörtlich für eine Sache aus Gold.
Der verständige Versicherungsnehmer wird zur endgültigen Beantwortung der Frage, ob auch Sachen, die nicht ganz aus Gold bestehen, den Wertgrenzen unterliegen sollen, sodann den für ihn erkennbaren Zweck der Klausel in den Blick nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 25.7.2012, Az. IV ZR 201/10). Erkennbarer Sinn und Zweck von § 19 VHB ist es, das Risiko des Versicherers in sinnvoller Weise zu begrenzen, denn das Diebstahlsrisiko ist besonders groß bei Sachen von geringer Größe und erkennbar hohem Wert, die leicht entwendet werden können. Die besondere Gefährdung von Goldsachen liegt hierbei auch in der Tatsache, dass ein Dieb sich den reinen Materialwert des Goldes durch Umarbeiten oder Einschmelzen verhältnismäßig leicht zunutze machen kann. Das gilt auch dann, wenn der Materialwert des Goldes den Wert der ganzen Sache - wie hier - nicht erreicht. Ein Dieb nimmt nämlich auch die Vernichtung höherer Sachwerte oder auch Markenwerte in Kauf, um sich den Materialwert des Goldes zunutze machen zu können. Deshalb sind Goldsachen auch dann, wenn sie nicht ganz aus Gold bestehen, ihr Wert aber vom Materialwert des Goldanteils - wie vorliegend - wesentlich mitbestimmt wird, dem Diebstahlsrisiko in höherem Maße ausgesetzt als andere Sachen.
Die Entschädigung für Wertsachen gemäß Nr. 1 c. ist nach § 19 Nr. 3 c. VHB auf insgesamt 20.000 € begrenzt. Für Wertsachen gemäß Nr. 1 c. VHB hat die Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Versicherungsfalls jedoch unstreitig bereits 20.000 € gezahlt. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, da im Ergebnis für beide Uhren die vorliegenden Entschädigungsgrenzen gelten.