5 Gründe für eine weiter wachsende US-Wirtschaft
Die US-Wirtschaft hat in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres deutlich an Schwung verloren. Ausgehend von einem BIP-Wachstum von 3,9% im 2. Quartal 2015 ließ das Expansionstempo im 3. Quartal auf 2,0% nach und kam im Schlussquartal mit 1,0% sogar fast ganz zum Erliegen. Dafür gab es mehrere Gründe:
Die Unternehmen hielten sich mit Investitionsausgaben zurück, die zu hohen Lagerbestände wurden abgebaut und der private Konsum verlor an Kraft. Inzwischen warnen einige Experten bereits vor einer Rezession in den USA. Bei genauerer Betrachtung ist die konjunkturelle Lage in den USA jedoch gar nicht so angeschlagen, wie der Strom schlechter Nachrichten von der Industrie vermuten lässt. Wir erwarten bereits im 1. Quartal 2016 ein wieder auf rund 2,0% anziehendes Wirtschaftswachstum und im 2. Quartal eine weitere Beschleunigung. Fünf Gründe sprechen für eine Fortsetzung des Wirtschaftswachstums:
Erstens: Die Details der Industrieproduktionsstatistik zeigen, dass der Output-Rückgang nahezu vollständig dem Einbruch der Rohstoffförderung zuzuschreiben ist. Demgegenüber fiel die Abschwächung im verarbeitenden Gewerbe, das mit rund drei Vierteln den größten Teil der US-Industrie ausmacht, deutlich geringer aus. Hier halten sich die Belastungen, die aus der USD-Aufwertung resultieren, weiterhin in Grenzen. Die jüngsten positiven Nachrichten von den Einkaufsmanagerumfragen und den Auftragseingängen langlebiger Güter deuten sogar darauf hin, dass der von dieser Seite ausgehende Gegenwind langsam nachlässt.
Zweitens: Das Risiko, dass die rezessiven Tendenzen im Rohstoffsektor auf die Gesamtwirtschaft überschwappen, ist relativ gering. Das zeigt unter anderem ein Blick auf die Investitionen im Öl- und Gassektor, deren Einbruch als großer Belastungsfaktor für die US-Wirtschaft angesehen wird. Aber selbst auf dem Höhepunkt des Fracking-Booms beliefen sie sich auf lediglich 1% des BIP und sind inzwischen auf 0,4% zurückgegangen. Auch die Bedeutung der Rohstoffförderung für den Arbeitsmarkt relativiert die Folgen. Nur 0,6% der US-Arbeitnehmer sind in diesem Sektor beschäftigt. Die unumgänglichen Arbeitsplatzverluste aufgrund von Förderstilllegungen können problemlos durch dynamische Arbeitsplatzschaffungen in anderen Sektoren ausgeglichen werden.
Drittens: Die Ansteckungsgefahren von den Kreditmärkten sind überschaubar. So entspricht das Volumen der aktuell besonders im Fokus stehenden Anleihen von Energieunternehmen im High-Yield-Sektor lediglich rund 1,0% des BIP. Zum Vergleich: Vor der Immobilienkrise, die 2006 begann, war das Volumen der ausstehenden Subprime-Hypothekenkredite fast zehnmal so groß.
Viertens: Während die von dieser Seite ausgehenden Bremseffekte nicht größer werden sollten, sondern eher kleiner, rechnen wir beim privaten Konsum mit einer wieder anziehenden Expansionsdynamik. Erstens geht die Arbeitsmarkterholung weiter und führt aufgrund der zunehmenden Beschäftigung zu einer Fortsetzung des robusten Wachstums der gesamtwirtschaftlichen Lohnsumme. Zweitens sollten mit den größer werdenden Engpässen bei der Besetzung offener Stellen auch die Stundenlöhne künftig kräftiger steigen. Dies verbessert die Einkommenssituation der US-Bürger zusätzlich. Neben dem wachsenden Rückenwind durch steigende Einkommen ist für den Konsum als dritter Pluspunkt zu werten, dass die finanziellen Reserven der privaten Haushalte weiter wachsen. So sind in den vergangenen 18 Monaten die Ersparnisse, die sich für die US-Bürger aus den gesunkenen Energiekosten ergeben haben, nur zu einem kleinen Teil in den Konsum geflossen. Der größere Teil wurde auf die hohe Kante gelegt, dürfte aber – je länger die Energiepreise tief bleiben – künftig sukzessive ausgegeben werden. Daraus könnte ein beachtlicher Schub für den privaten Konsum in Höhe von 0,5% des BIP resultieren. Entsprechend sollte das Konsumwachstum ausgehend von 2,0% im 4. Quartal 2015 wieder merklich auf über 3,0% anziehen und dem BIP-Wachstum damit namhafte Impulse versetzen.