Unternehmen in Deutschland besonders häufig von schlechter Zahlungsmoral betroffen
Atradius Zahlungsmoralbarometer Westeuropa 2016 – Ergebnisse auf einen Blick: • 93 % der befragten deutschen Unternehmen wurden im vergangenen Jahr zu spät von Geschäftskunden bezahlt (Durchschnitt Westeuropa: 88,5 %) • 0,8 % der Forderungen deutscher Unternehmen waren 2015 uneinbringlich (Westeuropa: 1,3 %) • Jedes vierte befragte Unternehmen bezahlt die eigenen Lieferanten zu spät aufgrund des Zahlungsverzugs seiner Kunden
Rund 90 % der befragten Unternehmen in Westeuropa sind in den vergangenen zwölf Monaten zu spät von einem oder mehreren Geschäftskunden bezahlt worden. In Summe waren fast 40 % des Gesamtwertes der Forderungen am Fälligkeitstag noch unbeglichen. Das zeigt das aktuelle Zahlungsmoralbarometer des weltweit zweitgrößten Kreditversicherers Atradius, das das Zahlungsverhalten von Unternehmen in Westeuropa untersucht.
Demnach waren Lieferanten in Griechenland und Italien erneut besonders stark von säumigen Zahlern im Inland betroffen. Im Durchschnitt gab es in diesen Ländern bei fast 50 % des Gesamtwerts der B2B-Rechnungen Zahlungsverzögerungen. Dieser Wert liegt rund 10 % höher als der westeuropäische Durchschnitt. Unternehmen in Großbritannien leiden am meisten unter den verzögerten Zahlungen ihrer Exportkunden. Laut Angaben wurden 46,4 % des Gesamtwerts der britischen B2B-Exportgeschäfte zu spät beglichen (gegenüber 38,3 % in Westeuropa im Durchschnitt).
Ein immer schwerer wiegender Grund für Zahlungsverzögerungen ist laut Angabe der Befragten die „mangelnde Liquidität der Kunden“. Seit dem letzten Zahlungsmoralbarometer von Atradius stieg dieser Wert bei Inlandsgeschäften von 51,4 % auf 57,9 %. Auch bei Auslandsrechnungen sind zu geringe finanzielle Mittel ein zunehmender Grund für zu spät bezahlte Rechnungen, der Anteil der Nennungen stieg hier von 37,1 % im Vorjahr auf 40,2 % an.
Zahlungsverzögerungen von Kunden erhöhen nicht nur den finanziellen Druck auf die Unternehmen selbst, sondern wirken sich auch auf die gesamte Wertschöpfungskette aus. So beglichen fast 25 % der befragten Unternehmen Lieferantenrechnungen aufgrund von Zahlungsverzögerungen bei ihren eigenen B2B-Kunden zu spät.
Überfällige Forderungen in Deutschland häufiger als im westeuropäischen Durchschnitt
- Deutsche Lieferanten sind zuletzt besonders oft von verspäteten Zahlungen betroffen gewesen. Hier gaben 93,0 % der Befragten an, im vergangenen Jahr von einem oder mehreren Geschäftskunden zu spät bezahlt worden zu sein (Westeuropa gesamt: 88,5 %). Nur in Italien liegt dieser Wert mit 94,0 % aktuell höher.
- Als häufigsten Grund für Zahlungsverzögerungen geben deutsche Unternehmen Liquiditätsprobleme des Kunden an, sowohl bei Inlands- als auch bei Auslandsgeschäften.
- Der Anteil von B2B-Forderungen, die deutsche Befragte als uneinbringlich angaben und in der Folge abgeschrieben werden mussten, liegt bei 0,8 %. Uneinbringliche B2B-Forderungen im Inland treten meistens in den Branchen Chemie, Bauwesen, langlebige Verbrauchsgüter und Dienstleistungen auf.
- 25,8 % der Befragten in Deutschland rechnen mit einem Anstieg der Forderungslaufzeit (DSO) in den kommenden zwölf Monaten, 63,8 % erwarten keine Verbesserung.
- 30 % der Befragten erwarten, dass sich die Zahlungspraxis in den Branchen Chemie, Bauwesen und Metall in den nächsten Monaten leicht verschlechtern wird.
Die befragten Unternehmen in Westeuropa sind sich bewusst, dass ein effektiver Schutz vor Forderungsausfällen unerlässlich ist, um die eigene Rentabilität zu gewährleisten. In Deutschland geben 40 % der Umfrageteilnehmer an, dieses Jahr die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden und die Geschäftsbilanzen intensiver prüfen zu wollen. Rund 35 % der deutschen Lieferanten nannten die stärkere Kontrolle des Kundenkreditrisikos als weitere Maßnahme.