Initiative zur Rettung des europäischen Mittelstands …

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Initiative zur Rettung des europäischen Mittelstands gefordert

29.10.2013

Seit 2008 ist die Neukreditvergabe an Mittelständler in Europa um fast 50 Prozent eingebrochen, Der Mittelstand stellt zwei von drei Arbeitsplätzen in Europa und 58 Prozent der Wertschöpfung, In den europäischen Krisenstaaten zahlen mittelständische Unternehmen bis zu sechs Prozentpunkte mehr Zinsen als in Deutschland.

  • Seit 2008 ist die Neukreditvergabe an Mittelständler in Europa um fast 50 Prozent eingebrochen
  • Der Mittelstand stellt zwei von drei Arbeitsplätzen in Europa und 58 Prozent der Wertschöpfung
  • In den europäischen Krisenstaaten zahlen mittelständische Unternehmen bis zu sechs Prozentpunkte mehr Zinsen als in Deutschland
  • Bain und IIF schlagen konkrete Maßnahmen vor, um die Finanzierungsnöte der kleinen und mittleren Betriebe in Europa zu beseitigen

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Europa benötigen dringend einen leichteren Kapitalzugang. In ihrem Bericht „Restoring Financing and Growth to Europe’s SMEs” identifizieren die internationale Managementberatung Bain & Company und das Institute of International Finance (IIF) die dafür notwendigen Maßnahmen. Die Befragung von 140 Politikern, Bankern und Geschäftsführern in Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Portugal und Spanien bringt die Notwendigkeit einer koordinierten, gesamteuropäischen Lösung zutage, die den Betrieben hilft, auch in Zukunft Gewinne, Wachstum und Arbeitsplätze zu sichern. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission sind nationale Sonderkommissionen zu schaffen, damit sich die Finanzierungsmöglichkeiten für europäische Mittelständler mit passgenauen Maßnahmen wieder verbessern.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 leidet der gesamte Mittelstandssektor unter massiven Finanzierungsproblemen – und die Schere in Europa geht immer weiter auseinander. Auf der einen Seite gibt es eine Reihe sehr erfolgreicher Mittelständler, die in Nischen agieren, weltweit wettbewerbsfähige Kostenstrukturen haben, in Forschung und Entwicklung oder neue Technologien investieren, oft exportorientiert und Teil der internationalen Lieferketten sind. Auf der anderen Seite stehen problembeladene und überschuldete Unternehmen, insbesondere in den Branchen Bau, Immobilien und Gastronomie. Maßgeschneiderte Unterstützung ist unverzichtbar, um an dringend benötigtes Kapital zu gelangen.

„Kleine und mittlere Unternehmen stellen zwei von drei Arbeitsplätzen in Europa und 58 Prozent der Bruttowertschöpfung“, erklärt John Ott, Partner bei Bain & Company und Co-Autor des Berichts. „Doch selbst gesunde, wachstumsstarke Mittelständler hungern in einigen Ländern nach Finanzierung, um weiter expandieren und neue Arbeitsplätze schaffen zu können.“

Der aktuelle Bericht von Bain und IIF zeigt die Unterschiedlichkeit der Mittelständler in Europa auf. So ist ein typisches deutsches KMU doppelt so groß wie in Italien oder Spanien und hat zudem weitaus häufiger ein Management, das nicht Eigentümer des Unternehmens ist. In vielen anderen europäischen Ländern hingegen sind kleine und mittelständische Firmen meist in Familienbesitz, und die Familien stellen auch das Management. Deshalb sind diese Betriebe in der Regel kleiner als in Deutschland. Darüber hinaus zahlen Mittelständler in Irland, Italien, Portugal und Spanien zwischen vier und sechs Prozentpunkte mehr Zinsen für ihre Bankkredite als vergleichbare Unternehmen in Deutschland. Das verzerrt die Wettbewerbsbedingungen weiter.

Der vorliegende Bericht basiert auf 140 Interviews mit Politikern, Bankern und Geschäftsführern in Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Portugal und Spanien. In allen sechs untersuchten Ländern ist bei Banken die Neuvergabe von Krediten unter einer Million Euro an KMU seit den Höchstständen vor der Krise um durchschnittlich 47 Prozent gesunken. Frankreich, Italien, die Niederlande und Portugal verzeichnen einen Rückgang von 21 bis 45 Prozent, Spanien kommt auf 66 Prozent, Irland sogar 82 Prozent.

„Die Banken in diesen europäischen Ländern stehen bei der Mittelstandsfinanzierung vor einem Dilemma“, sagt Walter Sinn, Leiter der Praxisgruppe Banking von Bain & Company im deutschsprachigen Raum. „Sie wollen attraktive Kunden langfristig binden, müssen aber zugleich der verschärften Regulierung sowie Eigenkapitalengpässen Rechnung tragen und höhere Risikokosten schultern.“ Für Deutschland stellt sich die Situation deutlich anders dar: von Kreditknappheit keine Spur. „Ganz im Gegenteil“, so Sinn. „Der deutsche Mittelstand ist ein klares strategisches Wachstumsfeld für alle Bankengruppen und wird derzeit im Kreditgeschäft heftig umworben.“

Bain und IIF stellen in ihrem Bericht eine Vielzahl von nationalen und europäischen Initiativen vor, die die KMU seit dem Einbruch 2007 bei ihrer Finanzierung unterstützen. Die Ergebnisse sind jedoch nicht nur höchst unterschiedlich, sondern oftmals auch unbefriedigend. Identifiziert wurden vier Hürden, die einem nachhaltigem Erfolg bislang im Weg stehen. Sie alle gelten für ganz Europa, differieren aber in ihrer Bedeutung nach Land und Unternehmen.
  1. Informationen über das Potenzial einzelner KMU und ihre Kreditwürdigkeit sind zu kostspielig und zu schwer zu bekommen.
  2. Die Versuche der KMU, zu wachsen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit, aber auch finanzielle Widerstandskraft zu erhöhen, werden zu häufig behindert.
  3. Banken können heute weniger Kreditrisiken schultern als vor der Finanzkrise.
  4. Alternative Kreditgeber sehen sich mit vielen Hindernissen konfrontiert, wenn sie KMU finanzieren wollen.

Aus Sicht der Bain- und IIF-Experten ist der Europarat gefordert, einen koordinierten europäischen Prozess zu etablieren, der – gesteuert von der Europäischen Kommission – von fachkompetenten, überparteilichen nationalen Sonderkommissionen unterstützt wird. Im vorliegenden Bericht werden vier Lösungspakete geschnürt, die für die einzelnen Länder und Branchen maßzuschneidern sind, um die Finanzierungsnöte der Mittelständler zu beheben. Im Einzelnen sind dies:
  1. Bereitstellung von günstigen, zuverlässigen, umfassenden, zeitnahen und einfach zugänglichen Informationen für und über die KMU. Diese Maßnahme ist unabdingbare Voraussetzung für alle anderen Ansätze.
  2. Minimierung aller bürokratischen, rechtlichen, steuerlichen, buchhalterischen und regulatorischen Lasten. Konzentration der begrenzten öffentlichen Mittel auf Mittelständler mit hohem Potenzial. Finanz- und Rechtsbeistand für KMU, die in Schwierigkeiten geraten sind.
  3. Garantien und Kreditversicherungen für Banken, die Kredite an kleine und mittlere Unternehmen vergeben. Unterstützung für Banken und andere Kapitalgeber, die Mittelständlern bei der Restrukturierung ihrer Finanzierung helfen.
  4. Ein „Finanzierungsbaukasten“ mit einer Auswahl verschiedener Finanzierungsmittel – für das Start-up bis hin zum reifen Mittelständler. Pflege eines Ökosystems, das alternative Finanzprodukte für KMU bereitstellt, strukturiert und bewertet.

„Die Finanznot der Mittelständler muss endlich ein Ende finden“, betont Jeffrey Anderson, Senior Director für Europäische Angelegenheiten des IIF und Co-Autor des Berichts. „Unerlässlich ist ein systematischer Ansatz mit spezifischen Lösungen für jedes Hindernis in jedem einzelnen Markt, um die erfolgreichsten Impulse europaweit bekannt zu machen. Nur so erhält die EU bessere Informationen über ihre mittelständische Wirtschaft. Und nur so kann diese unterstützt von Kreditgebern und Investoren wachsen und gedeihen.”




Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Telefon: 089 / 5123 1246
Mobil: 0151 / 5801 1246
E-Mail: leila.kunstmann@bain.com


Unternehmen:
Bain & Company Germany, Inc.
Karlsplatz 1
80335 München

Internet: www.bain.de, www.bain-company.ch


Über die Bain & Company
Strategische Beratung, operative Umsetzung, messbare Ergebnisse: Mit diesem unternehmerischen Ansatz ist Bain & Company eine der weltweit führenden Managementberatungen. Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare Wettbewerbsvorteile zu erreichen und damit den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung stehen das Kerngeschäft der Kunden und Strategien, aus einem starken Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschließen. Seit Gründung 1973 lässt sich Bain dabei an den Ergebnissen seiner Beratungsarbeit finanziell messen. Bislang waren Bain-Berater weltweit für über 4.900 große und mittelständische Unternehmen tätig. Insgesamt unterhält die Beratung 50 Büros in 32 Ländern und beschäftigt 5.700 Mitarbeiter, 600 davon im deutschsprachigen Raum.


Über Institute of International Finance
Das Institute of International Finance (IIF) ist eine weltweite Organisation von über 470 Finanzdienstleistern. Aufgabe des IIF ist es, der Finanzwirtschaft bei einem umsichtigen Risikomanagement zu helfen, belastbare Branchenstandards zu entwickeln und für eine regulatorische, finanzielle und wirtschaftliche Politik zu werben, die sowohl das breite Interesse ihrer Mitglieder berücksichtigt als auch die weltweite Stabilität der Finanzmärkte. Zum IIF gehören weltweit führende Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Vermögensverwalter, Staatsfonds, namhafte Rechtsanwaltskanzleien und Beratungen. Weitere Informationen über das IIF finden sich unter www.iif.com.

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