Digitalisierung hält nur langsam Einzug in die tägliche Arbeit der Vermittlerschaft
Inzwischen möchte man meinen, das Thema Digitalisierung sei ein alter Hut. Doch wie weit geht die Nutzung digitaler Tools im Alltag der Vermittlerinnen und Vermittler tatsächlich? Der AfW hat im Rahmen eines umfassenden Stimmungsbildes der Branche eruiert, wie und wofür Vermittlerinnen und Vermittler Apps, Beratungsprogramme und RoboAdvisor nutzen.
Wie steht es um die Digitalisierung der Vermittlerschaft? Auch das war wieder Thema des letztjährigen Vermittlerbarometers des AfW. Die Ergebnisse mögen an einigen Stellen nicht überraschend sein, zeigen jedoch, dass auch im Jahr 2023 noch viele Vermittlerinnen und Vermittler auf vermeintliche technische Spielereien verzichten.
Wie auch im klassischen Beratungsgespräch, beschäftigt sich die Umfrage zunächst mit der Datenerhebung bei Privatkunden. Hierbei fällt auf, dass sich der Anteil derer, die für die Datenerhebung die DIN-Norm 77230 anwenden nur marginal geändert hat. Überraschend ist jedoch, dass deutlich mehr Vermittlerinnen und Vermittler angeben, die Datenerhebung nicht standardisiert, sondern individuell bei jedem Kunden zu gestalten, immerhin knapp 40 Prozent.
Dennoch bleibt die strukturierte Datenerhebung mit einem Anteil von ca. 55 Prozent (berücksichtigt man die DIN-Analyse) für viele das ideale Werkzeug als Einstieg in die Kundenberatung.
Im Beratungsgespräch dominieren digitale Beratungstools
Noch deutlicher hat die Digitalisierung in die Beratung der Vermittlerschaft Einzug gehalten, etwa 60 Prozent der Befragten nutzen bereits Tools im Beratungsprozess, etwa 12 Prozent wollen diese künftig nutzen. Doch auch hier scheint noch nicht jeder auf den Zug der digitalen Beratung aufspringen zu wollen. Immerhin knapp 19 Prozent der Befragten geben an, auf jegliche digitale Beratungstools auch in der Zukunft verzichten zu wollen.
Nach einem starken Anstieg der Nutzung digitaler Tools in den letzten Jahren (im Jahr 2019 gaben nur gut 50 Prozent der Befragten an, diese zu nutzen), sind die Zahlen seit ihrem Höchststand in 2022 (65 Prozent) aber wieder leicht rückläufig. Im Gegenzug nimmt die Anzahl derer, die gänzlich auf digitale Tools verzichten zum ersten Mal seit 2019 wieder zu, in den letzten Jahren gaben recht konstant nur ca. 15 Prozent der Befragten an, auch weiterhin analog beraten zu wollen.
Die Hälfte aller Vermittlerinnen und Vermittler stellt ihren Kunden eine App zur Verfügung
Besonders deutlich und ganz eindeutig ist die Entwicklung der Zahl derer, die ihren Kunden eine App zu Übersicht ihrer Verträge zur Verfügung stellen. Im Vermittlerbarometer 2023 geben immerhin schon gut 43 Prozent aller Befragten an, eine solche App für Ihre Kunden bereits zu stellen.
Schaut man hier auf die Entwicklung der letzten Jahre, ist der Trend eindeutig. Die anfängliche Skepsis, ob Kundinnen und Kunden denn tatsächlich eine App installieren, um ihre Versicherungsverträge einzusehen, konnte scheinbar überwunden werden. Welchen Einfluss Insurtechs und ungewollte Bestandsübertragungen der Kundinnen und Kunden auf diesen Entscheidungsprozess hatten, bleibt nur zur vermuten.
Immerhin: mehr als 20 Prozent der Kundinnen und Kunden scheinen diese Apps auch wirklich zu nutzen. Diese Angabe schwankte in den letzten Jahren des Vermittlerbarometers jedoch stark. Noch in 2021 gaben die Vermittlerinnen und Vermittler an, dass sogar 31 Prozent ihrer Kundinnen und Kunden eine App nutzen würden. Fakt ist: Die Apps sind nicht nur schönes Beiwerk, sondern werden aktiv eingefordert.
InsureTechs, FinTechs und RoboAdviser werden nicht als direkte Konkurrenz gesehen
Nach anfänglichen Befürchtungen um eine Disruption durch digitale Anbieter, scheint sich in den letzten Jahren etwas Ruhe auf die Branche gelegt zu haben. Sahen in 2021 noch knapp 14 Prozent der befragten Vermittlerinnen und Vermittler eine direkte Konkurrenz in oben genannten Marktteilnehmern, sind es in 2023 nur noch gute 6 Prozent. Doch auch die Anzahl derer, die meinen, dass digitale Lösungen keine große Rolle in der privaten Altersvorsorge spielen werden, ist zurückgegangen. Nur noch 18 Prozent der Befragten geben dies an, in 2021 waren es immerhin noch 31 Prozent.
Der AfW schätzt, dass die Digitalisierung in der Branche weiter voranschreiten wird. Eine Beratung durch gut ausgebildete Vermittlerinnen und Vermittler ist jedoch auf kurze Sicht nicht zu ersetzen. Die Tools sind eine großartige Unterstützung, um die tägliche Arbeit zu vereinfachen und so noch mehr Zeit in eine ausführliche und zielgerichtete Beratung investieren zu können.
"Das Thema Digitalisierung beschäftigt die Vermittlerschaft nicht erst seit gestern. Inwieweit die nun exponentiell voranschreitende Entwicklung durch branchenfremde Tools, wie ChatGPT oder auch Weiterentwicklungen innerhalb unserer Branche, z.B. durch das BiPRO-Hub die Zahlen in den nächsten Jahren beeinflussen, bleibt abzuwarten. Wir rechnen hier jedoch mit einer deutlichen Veränderung der Daten, auch durch Generationswechsel in den Vermittlerhäusern.", kommentiert Franziska Geusen, Vorständin AfW die Ergebnisse.
Zur Studie: Das jährliche AfW-Vermittlerbarometer wurde bereits zum 16. Mal mittels einer Online-Umfrage im November 2023 durchgeführt. Insgesamt 1.108 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten rund 50 Fragen zu ihrer Tätigkeit, ihrem Einkommen, der Regulierung und anderen aktuellen Fragen. Neun von zehn Befragten (89,1 Prozent) haben eine Erlaubnis für die Versicherungsvermittlung (§34d GewO), davon beraten rund 90 Prozent im Maklerstatus. 63 Prozent der Befragten verfügen über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler/-in nach §34f GewO. Das durch das AfW-Vermittlerbarometer eruierte Stimmungsbild der Vermittlerschaft weist weit über den Verband hinaus, denn 58 Prozent der Befragten sind (noch) keine Mitglieder des AfW.
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