Zurich stellt PERC-Bericht zu Sturzfluten vor
In diesen Tagen jähren sich die dramatischen Starkregen-Ereignisse in Deutschland, die rund 1,2 Milliarden Euro Schaden verursacht haben und alleine in Simbach jeden zehnten Einwohner obdachlos zurückließen. Im Rahmen des Flood Resilience Programs analysierten Zurich Experten die Sturzfluten, die das Tief "Mitteleuropa" im Juni 2016 mit sich brachte und beispielsweise in Süddeutschland oder im Rheinland zu dramatischen Auswirkungen führten.
Die Experten geben Empfehlungen, wie man in Zukunft Ereignissen dieser Art besser begegnen und das Bewusstsein der gesamten Gesellschaft für solche Gefahren schärfen kann. Die Ergebnisse wurden im neuesten PERC-Bericht (Post-Event-Review-Capability) veröffentlicht:
Kleine Gewässer nicht unterschätzen
Die Zurich Experten kommen zu der Erkenntnis, dass die große Zerstörung durch die Wassermassen vor allem aufgrund des fehlenden Verständnisses für die Prozesse geschah, die während einer Sturzflut ablaufen. Zwar gab Deutsche Wetterdienst 3000 Unwetterwarnung aus, aber besonders die "Hot Spot"-Bereiche sind extrem gefährdet und müssen exakter identifiziert werden. Es braucht Oberflächenwasser- und Sturzflut-Kartenmaterial, um künftig effizienter den Einsatz von Hilfsorganisationen zu planen. "Zusätzlich wurde Infrastruktur zu nahe an kleinen Gewässern gebaut, die sich bei Sturzfluten zu reißenden Strömen entwickeln können. Anstatt sich hauptsächlich auf große Flusssysteme zu konzentrieren, muss das Wissen um kleinräumige Prozesse wie Engstellen und mögliche Verstopfungen durch Äste oder Geröll beim Risikomanagement berücksichtigt werden", erklärt Michael Szönyi, Leiter des Flood Resilience Program bei Zurich.
Risikobewusstsein fördern
Die Durchdringung von Elementarschadenversicherungen ist in Deutschland nicht ausreichend, das Risikobewusstsein nicht ausgeprägt. "Das Risiko von einem Naturereignis betroffen zu werden, wird vielfach als zu gering angesehen, hier fehlt es an Aufklärung", so Horst Nussbaumer, Chief Claims Officer der Zurich Gruppe Deutschland. "Die Versicherungswirtschaft kann dieses Problem nicht alleine lösen, hier muss die Zusammenarbeit mit Staat und Kommunen, beispielsweise beim Ausweisen von Bauland, intensiver werden. Eine Pflichtversicherung würde jedoch falsche Anreize setzen. Denn Gefährdete und Betroffene hätten dadurch sehr viel weniger Anregungen, sich mit Schutzmaßnahmen zu beschäftigen", so Nussbaumer.
Mit Folgeschäden rechnen
"Das Ausmaß der Sturzflut war vielerorts deshalb so hoch, weil das Risikobewusstsein für derartige Ereignisse fehlt. Insgesamt werden die Wahrscheinlichkeit und auch die Wiederkehrperioden unterschätzt. Auch durch Fehlverhalten entstandene Folgeschäden wie Ölkontamination hätten in vielen Fällen vermieden werden können", betont Michael Szönyi. Dazu kommen Ungenauigkeiten bei den Vorhersagen, die es schwierig machen, Frühwarnsysteme zu implementieren. Die Vorwarnzeiten waren ungenügend und kaum flächendeckend.
Lokales Wissen stärker nutzen
Zwar hat die Notfallintervention gut funktioniert, eine Vorbereitung auf mögliche Folgeereignisse war allerdings nicht gegeben. Die Schäden hätten also durchaus noch größer sein können. Vor allem muss in der Planung und im Training der Hilfsorganisationen exakter zwischen Hochwasser- und Sturzflut-Einsätzen unterschieden werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das lokale und traditionelle Wissen, das die individuellen Besonderheiten zum Beispiel über Überschwemmungsgebiete, berücksichtigt. Dieses muss neben der Ortskenntnis der Helfer in Zukunft stärker in die Entscheidungen miteinbezogen werden.
Hochwasserschutz multifunktional anlegen
Insgesamt wurden die Grenzen des technischen Hochwasserschutzes nicht verstanden. Noch immer verlässt man sich zu sehr auf Schutzbauten. Hier könnten große Informationskampagnen helfen. Auch die zunehmende Bodenversiegelung im Rahmen neuer Überbauungen und intensiver Landwirtschaft verschlimmern die Folgen von Starkregen. Das Wasser kann sich nicht mehr kontrolliert ausbreiten. Stattdessen sollten in Zukunft multifunktionale Lösungen forciert werden, beispielsweise Grünflächen mögliche Rückhalteflächen.