Kunden von Lebensversicherern winkt mehr Geld
Unternehmen sind vor dem Bundesverfassungsgericht abgeblitzt. Nun wollen sie Widersprüche gegen alte Verträge zügig bearbeiten, ergibt eine Umfrage von „Euro am Sonntag" - Viele Kunden von Lebensversicherern können auf mehr Geld hoffen. Eine Reihe von Unternehmen hat angekündigt, auf aktuelle Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu reagieren. Das ergab eine Umfrage der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“ (Ausgabe vom 30.7.).
„Wir werden die vorliegenden Widerspruchserklärungen nunmehr schnellstmöglich bearbeiten“, sagte beispielsweise ein Sprecher der AachenMünchener, die kürzlich mit zwei Beschwerde vor dem Verfassungsgericht gescheitert ist.
Hintergrund: Wer zwischen 1995 und 2007 eine Kapitallebens- oder private Rentenpolice abgeschlossen hat, kann dem Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen auch heute widersprechen — selbst dann, wenn er schon gekündigt hat. Konkret geht es um die Frage, ob Verbraucher bei Vertragsabschluss fehlerhaft oder gar nicht über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt wurden. Eine ähnliche Konstellation rund um Hypothekenkredite hat dort zu einer Prozesswelle geführt, weil viele Schuldner den sogenannten Widerrufsjoker gezogen haben.
Ein nachträglicher Widerspruch kann erhebliche Nachzahlungen bringen. Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) 2014 entschieden und 2015 präzisiert. Die Anbieter AachenMünchener, Ergo, Generali und Provinzial Rheinland hatten dennoch Ansprüche von Kunden pauschal negiert und auf Verfassungsbeschwerden verwiesen, die gegen BGH-Urteile eingereicht wurden. Mittlerweile hat das Verfassungsgericht in fast allen Fällen abgelehnt, sich mit den Beschwerden zu beschäftigen. Nach Angaben eines Gerichtssprechers ist nur in einem Spezialfall eine Beschwerde anhängig.
Sprecher jener vier Versicherer, die sich offiziell zurückhaltend gezeigt hatten, versprachen nun unisono, jetzt die Widerspruchserklärungen im Sinne der BGH-Urteile zügig zu prüfen. Andere Anbieter hatten im Vorfeld betont, dass die Aufklärung ihrer Kunden bei Vertragsabschluss überwiegend bis komplett korrekt abgelaufen sei. So argumentierte der Marktführer Allianz, er sei von der Problematik kaum betroffen — eine Darstellung, die von Verbraucherschützern bezweifelt wird.
Der Branchenschlichter Günter Hirsch sagte gegenüber „Euro am Sonntag“, rein rechtlich könnten Versicherer weiterhin Kundenforderungen ablehnen, weil es sich — wie bei Urteilen üblich — auch bei jenen des BGH nur um Entscheidungen zu Einzelfällen handle. Falls sich ein Kunde dann wegen einer Ablehnung an ihn wende, komme es ebenfalls auf den Einzelfall an. Sollten die BGH-Urteile „eindeutig auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar“ sein, so Hirsch weiter, würde er komplett im Sinne des Kunden eingreifen. Ansonsten wäre unter anderem ein Schlichtungsvorschlag vorstellbar, „der sich an meiner Einschätzung des Prozessrisikos orientiert“.
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