Nachwuchsmangel aufgrund mangelhafter Stellenanzeigen?
Stellenanzeigen für den Versicherungsvertrieb sind nicht aussagekräftig genug, um die angebotene Stelle beurteilen zu können. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer Untersuchung der FH Dortmund und der Versicherungsforen Leipzig.
Ein funktionierendes Vertriebsmanagement ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg und damit weit oben immer auf der Agenda von Versicherern und Maklern. Ein schlechtes Image sowie die deutliche Überalterung der Vermittlerschaft führen zu einem spürbaren Nachwuchsmangel in der Branche. Die offenen Stellen attraktiv darzustellen, ist Aufgabe der Versicherungsunternehmen. Ob sie das wirklich tun, untersuchte Prof. Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund gemeinsam mit den Versicherungsforen Leipzig.
Anhand zweier zentraler Hypothesen wurde untersucht, ob die Personalwerbung für Vertriebspositionen noch mit den heutigen Anforderungen an die Stelle des Versicherungsvermittlers kompatibel ist, und ob Versicherer ihre Personalwerbung im Vergleich auch zu anderen Dienstleistungsbranchen attraktiv genug gestalten.
Für die Studie wurde eine Zufallsstichprobe von 85 Stellenanzeigen für Vertriebspositionen aus Versicherungs-, Finanzdienstleistungs- und sonstigen Dienstleistungsunternehmen untersucht. Dabei handelte es sich überwiegend um selbstständige Vertriebspositionen auf Basis eines Handelsvertretervertrags nach § 84 HGB, teilweise auch um angestellte Positionen.
Es zeigte sich, dass Stellenausschreibungen von Versicherern häufig nicht aussagekräftig genug sind, um die Stellen angemessen bewerten zu können. Fast nie wird die Perspektive einer abwechslungsreichen Tätigkeit hervorgehoben. Auch die Selbstständigkeit und andere Karrieremotive werden eher selten in den Fokus gerückt. In der Regel werben Versicherungsunternehmen hingegen mit dem attraktiven Einkommen, das Bewerber erwartet. „Das steht in einem gewissen Widerspruch zur empirischen Wirklichkeit, nach der jeder zweite selbstständige Versicherungsvermittler kein Einkommen erzielt, das gemessen an vergleichbaren Angestelltentätigkeiten, zum Beispiel im Versicherungsinnendienst, zufriedenstellend ist“, so Studieninitiator Beenken. „Außerdem spricht das Motiv ‚viel Geld verdienen‘ die jüngeren Generationen kaum noch an, denen das Einkommen zwar nicht unwichtig, aber eine erfüllende und sinnstiftende Tätigkeit viel wichtiger ist.“ Die von der Tätigkeit geforderten Kompetenzen sowie Informationen über die Arbeitsbedingungen werden jedoch nicht immer ausgewiesen.
Auffällig ist zudem, dass Anzeigen von Versicherern typischerweise keine oder nur sehr vage Anforderungen an die fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen der Bewerber formulieren. „Es entsteht der Eindruck, dass der Versicherungsverkauf keine besonderen Anforderungen stellt und für Jedermann leicht erlernbar ist“, so Sascha Noack, Kompetenzfeldleiter Versicherungsvertrieb bei den Versicherungsforen Leipzig. „Dabei sind Beratung und Vermittlung beispielsweise durch die Vermittlerregulierung, die enorme Angebotsvielfalt, sich ständig ändernde rechtliche Vorgaben, Niedrigzins-bedingte Veränderungen von Vorsorgestrategien oder eine komplexe Besteuerung von Altersvorsorgeprodukten eine hoch anspruchsvolle Tätigkeit.“