Assekuranz – Grenzen des Wachstums erreicht?

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Assekuranz – Grenzen des Wachstums erreicht?

04.12.2012

Beim 14. Zweibrücker Symposium der Finanzdienstleistungen mit dem Leitthema „Herausforderung Wachstum“ am 29. November 2012 kommt eine schmerzhafte Tatsache zaghaft an´s Licht: Eine Reihe von Einflussfaktoren wird weiter dafür sorgen, dass die Branche die größten Wachstumswerte längst hinter sich gelassen hat.

Beim 14. Zweibrücker Symposium der Finanzdienstleistungen mit dem Leitthema „Herausforderung Wachstum“ am 29. November 2012 kommt eine schmerzhafte Tatsache zaghaft an´s Licht: Eine Reihe von Einflussfaktoren wird weiter dafür sorgen, dass die Branche die größten Wachstumswerte längst hinter sich gelassen hat. Was nicht heißt, dass nicht einzelne Unternehmen weiter wachsen können. Die Zeit scheint reif zu sein für neue Werte und sich von bedingungsloser Wachstumsgläubigkeit zu verabschieden.

Die Gedanken sind frei – jedenfalls beim 14. Zweibrücker Symposium
Zweibrücken liegt in der Pfalz, was auch Heide Simonis während der Veranstaltung lernen musste. Denn nicht ein schwäbischer Koch hatte ihr am Vorabend den Teller mit einer Portion typisch pfälzischer Größenordnung beladen, an der absoluten Wachstumsgrenze des Tellers. Und so wurden dann auch die Teilnehmer des Symposiums mit dem Siebenpfeiffer-Lied  „ die Gedanken sind frei“ begrüßt, das aus einer Zeit stammt, in der die deutsche Meinungsfreiheit in der Pfalz begründet wurde. Und genau in diesem Geist wurde das Thema Wachstum dann auch von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Wachstumsgläubigkeit infrage stellen
Prof. Dr. Gunter Kürble wies in seinem Begrüßungs-Vortrag darauf hin, dass insbesondere in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts Wachstum quasi als Fetisch gesehen wurde. Allerdings, so ergänzte er, sagte schon damals Farny, das Wachstum durchaus zu bejahen sei, man aber auch auf das Ergebnis achten solle. Auch Jörg Tomalak-Plönzke wies in seinem einführenden Vortrag darauf hin, dass wir nach wie vor einer Wachstumsgläubigkeit unterliegen, die unser Denken und Handeln prägt, jedoch infrage gestellt werden müsse. In einer aktuellen IFO- Konjunkturprognose für die Versicherungswirtschaft werden die Trends bereits sichtbar. Nur noch etwa die Hälfte der Befragten geht von weiterem Wachstum der Versicherungsbranche aus. Als Gründe werden gesättigte Märkte, der demographische Wandel und zunehmende Regulierung genannt.

Von welchem Wachstum reden wir eigentlich?
Franz Link, Vorsitzender des Vorstands der Kreissparkasse Kaiserslautern, stellte in seinem Vortrag „Wachstum in regionaler Kompetenz“ zunächst die Frage, von welchem Wachstum wird denn hier eigentlich reden würden. Wirtschaftlich gesehen reden wir vom Brutto Inlandsprodukt, dem BIP. Der Club of Rome hatte bereits in den sechziger Jahren die Grenzen des möglichen Wachstums beschrieben. Diese Grenzen sein im Zeitraum 2050-2070 erreicht, während andere Prognosen bereits im Jahr 2030 eine Kollaps erwarteten. Eine nachhaltige Weltbevölkerung sah man damals im Bereich von 8 Milliarden Menschen. Dass die Menschheit die Ressourcen der Welt über die Nachhaltigkeit hinaus ausbeuten ist heute ein Thema, welches mehr als zulässig auf die lange Bank geschoben wurde.

Dabei habe das Wachstum in Deutschland, wie Link darstellte, über die letzten Dekaden hinweg bereits deutlich Federn gelassen. Während das Wirtschaftswachstum in Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bei über 8 Prozent lag, ging es in den sechziger und siebziger Jahren auf 4,4 Prozent, den siebziger und achtziger Jahren auf 2,9 Prozent, danach auf 1,6 Prozent und in der aktuellen Dekade auf rund ein Prozent zurück.

Regionale Banken setzen auf angemessenes Wachstum
Aus Sicht einer Kreissparkasse, die sich wie auch die Volks-und Raiffeisenbanken um regionale Dinge sorgen, wird durchaus ein angemessenes Wachstum benötigt. Da nach wie vor kein Vertrauen zwischen den Banken herrscht, fließt jedoch aktuell sehr viel Geld wieder zur EZB zurück, das Inter-Banken-Geschäft geht weiter zurück und die Bilanzsumme auch der Kreissparkasse Kaiserslautern schrumpft.

Debeka – anders erfolgreich
Uwe Laue, Vorsitzender der Vorstände der Debeka Versicherungsgruppe, beschrieb in seinem Vortrag die Philosophie und den Weg der Debeka Versicherungsgruppe, um Wachstum aus eigener Kraft zu generieren. Dies ist diesem Unternehmen seit vielen Jahren offensichtlich ganz hervorragend gelungen. Laue stellte sein Unternehmen als VVaG in Reinkultur dar, die Kunden seien Mitglieder und damit sei auch das Ziel klar definiert: dem Unternehmen geht es um die Mitglieder-Zufriedenheit.

„Mir ist es lieber zu wachsen, als zu schrumpfen“, sagte Laue. Seinem Unternehmen gehe es dabei jedoch immer um internes Wachstum. Sein Unternehmen stehe für Kontinuität, was sich beispielsweise auch darin zeige, dass Vorstände dort im Vergleich zur Branche extrem lange im Amt seien. Bezeichnend ist auch, dass die Vorstände der Debeka keine erfolgsabhängigen Bezüge erhalten. Sein Unternehmen mag anderen eher „verstaubt“ vorkommen, der Erfolg gebe der Debeka aber recht.

Laue ist außerdem überzeugt, dass sich sein Unternehmen sehr wohl auf jegliche politischen Entscheidungen nach der nächsten Bundestagswahl einstellen könne. Die Lebensversicherung werde aktuell zu Unrecht kaputt geschrieben. Kapitalanlage werde wohl schwieriger, aber nicht unmöglich. Er beruft sich auf Assmussen und erwartet, dass die Niedrigzinsphase noch etwa fünf Jahre andauern wird.

Politisch unbeschwert – Heide Simonis
Heide Simonis, frühere Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, beschäftigte sich in ihrem Vortrag sehr grundsätzlich mit dem Thema „Wachstum-und was dann?“. Politiker, die ihre aktive Laufbahn beendet haben, können unbeschwert reden. Das zeigte sich auch hier. Simonis erklärte, dass Politiker Wachstum lieben, weil dies in Wahlkämpfen schlicht hilfreich ist. Wachstum ermöglicht es, besser umverteilen zu können. Politiker glaubten außerdem, in Wachstumsphasen leichter Schulden abbauen zu können. Aber Wachstum bedeutete in der Vergangenheit auch Wachstum um jeden Preis, also „Eingriffe in alles, was uns lieb und wert war.“

Globale Transformation nötig
Internationale Verhandlungen wie beispielsweise zum Umweltschutz sieht sie skeptisch, bisher habe es keinerlei echten Einigungen oder Fortschritte gegeben. Außerdem würden die Ergebnisse, die man erzielt habe, nicht den Menschen erklärt. Aus ihrer Sicht sei ein Gesellschaftsvertrag für eine globale Transformation nötig.

Als positives Beispiel nachhaltigen Handelns sieht sie Norwegen. Die dortigen Ölgewinne flössen in einen separaten Topf für die Zukunft, das Öl des Landes soll nicht verschleudert werden.

Ist ein geplatztes Atomkraftwerk schöner, als ein Windkraftrad?
Sehr deutlich wurde sie auch im Hinblick auf die Diskussionen um erneuerbare Energien. Man könne zwar über die „Verspargelung der Landschaft“ geteilter Meinung sein, man müsse sich aber auch klar darüber sein, dass manchmal schön und alternativ nicht zusammenpassten. Und ob ein geplatztes Atomkraftwerk schöner sei, als Windkrafträder sei ebenfalls einfach zu beantworten. Und aus ihrer Sicht sei jedenfalls klar, dass es keine billige Energie gebe: „wenn wir den Ressourcenverbrauch konkret bezahlen müssten, wäre das eine teure Tasse Tee.“

Die Zeche zahlt die Versicherung
Den Bogen zum Thema Versicherung spannte sie am Ende des Vortrags. „Die Versicherungswirtschaft trägt die Kosten grenzenlosen Wachstums.“ Die Studien der Rückversicherer zeigen dies bereits sehr deutlich.

Das Eichhörnchen und die Altersvorsorge
Dr. Johannes Lörper, Mitglied des Vorstandes der ERGO Lebensversicherungs AG, befasste sich in seinem Vortrag mit der Frage, ob das Kapitaldeckungsverfahren zukunftsfähig gestaltet werden könne. Für ihn kommt es darauf an, Kapitaldeckungsverfahren und Umlageverfahren vernünftig auszutarieren. Beide Systeme hätten ihre Vor-und Nachteile. Das Umlageverfahren alleine kann ausreichende Altersrenten nicht garantieren. Im Jahr 2000 kamen 4,13 Beitragszahler auf einen Rentner. 2010 waren es 3,25 zu 1, 2030 werden 2,2 Beitragszahler einen Rentner ernähren müssen.

Die Frage, ob aktuell Lebensversicherungen attraktiv seien, beantwortete Lörper mit einem Vergleich mit dem Eichhörnchen. „Das Eichhörnchen sammelt seine Vorräte vor dem Winter. Es ist froh, wenn es 90 % seiner Vorräte wieder findet. Das Eichhörnchen wartet gar nicht auf Verzinsung.“ Wer also auf Vorsorge wegen niedriger Verzinsung gänzlich verzichtet, wird später im Alter keinerlei finanziellen Vorräte zur Verfügung haben, ist die klare Botschaft.

Abschnittsgarantien und Open Market Option
Lörper stellte verschiedene Thesen zur Diskussion. Zum Beispiel schlug er vor, Abschnittsgarantien zu erteilen. Die Branche müsse sich von durchgängigen Garantien lösen. Außerdem müsse man einen Versichererwechsel ohne Nachteile - die so genannte Open Market Option - ermöglichen, wie dies bereits in England umgesetzt sei. Außerdem sei der GDV gefragt. Er müsse die Situation sehr viel besser erläutern und das Feld nicht alleine den Medien überlassen. „Viele Medien schreiben vieles, von dem sie wissen, dass es falsch ist. Dritte schreiben das nach dem Motto „Bad News are Good News“ als korrekt ab.“ Und weiter: „Wir sind notorisch die Bösen, den anderen hört man besser zu.“

Wachstum finden die Teilnehmer nach wie vor gut
Die Veranstalter hatten im Laufe der Veranstaltung die Teilnehmer gebeten, ihre Einschätzung zum Thema Wachstum abzugeben. Die Blitzumfrage ergab, dass die meisten Teilnehmer, die sich an der Umfrage beteiligten, Wachstum durchaus positiv sehen. Wie Robert Baresel, ehemaliger Vorsitzender der Vorstände der LVM Versicherungsgruppe, in der Podiumsdiskussion anmerkte, wird es dabei jedoch auf qualitatives Wachstum statt nur quantitatives Wachstum ankommen.

Qualität in der Beratung als Erfolgsrezept
Er sieht als Voraussetzung für ein weiteres Wachstum einen gut qualifizierten und motivierten Vertrieb als unverzichtbar. Und um gerade die Qualität zu stärken, sei es nach Auffassung von Professor Dr. Elmar Helten zudem unverzichtbar, dass die Versicherungsunternehmen die verschiedenen Initiativen zur Qualitätssicherung und Standardisierung besser unterstützten.

Auch Heide Simonis ergänzte eine weitere Botschaft zum Schluss: „was momentan wächst, sind unsere Probleme.“ Die Branche sollte demnach alles daran setzen, Probleme zu minimieren und sinnvolles, qualitatives Wachstum in den Fokus nehmen.


Volker P. Andelfinger

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