Haftungsfalle Todesfallleistung - Paare ohne Trauschein und die Begehrlichkeiten des Finanzamts
Immer mehr Paare in Deutschland leben ohne Trauschein und auch ohne Kinderwunsch zusammen. Der Wunsch, sich gegenseitig für den Fall des Ablebens eine finanzielle Sicherheit zu schaffen, besteht indes häufig. Für Versicherungsvermittler lauert in diesem Zusammenhang eine leider oft übersehene Haftungsfalle.
Die Zahl der Eheschließungen geht in Deutschland seit vielen Jahren kontinuierlich zurück. 1976 wurden auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland noch rund 510.000 Ehen geschlossen. 2006 waren es nur noch rund 370.000 Eheschließungen. Viele Paare sehen keine Notwendigkeit mehr, ob mit oder ohne Kinderwunsch, sich standesamtlich, oder auch kirchlich trauen zu lassen. Und nicht jede Partnerschaft wird als eingetragene Lebenspartnerschaft gestaltet.
Der Wunsch, oft auch die Notwendigkeit, sich gegenseitig auch eine finanzielle Sicherheit zu schaffen, besteht dennoch. Schließlich Gründen auch nicht verheiratete Paare in der Regel einen Haushalt, kaufen Wohnungen, oder auch Häuser. Im Falle von Immobilien entstehen Unterhaltskosten und in vielen Fällen auch Finanzierungskosten, die nach dem Tod eines der beiden Lebenspartner von dem Verbliebenen zu tragen sind.
Ein fiktiver Fall, wie er in der Realität sehr häufig vorkommt: Sabine und Robert leben seit vielen Jahren ohne Trauschein in einer nicht eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammen. Eine Heirat schlossen sie aus. Um im Falle eines Falles für die oder den Hinterbliebenen eine finanzielle Sicherheit herzustellen, wurden für beide Partner jeweils eine Risikolebensversicherung in Höhe von 200.000 € abgeschlossen. Begünstigt war jeweils der andere. Robert, der sich für teils auch gefährliche Sportarten interessierte, verunglückte bei einem Fallschirmabsprung tödlich. Das Paar ging bei Abschluss der Verträge davon aus, dass in diesem Fall Sabine eine Auszahlung in Höhe von 200.000 € bekommen sollte. Tatsächlich erhielt sie jedoch nur 140.000 €. Die Differenz kassierte das Finanzamt.
Der Grund für diesen herben Verlust liegt im Schenkung-und Erbschaftssteuerrecht begründet. Dort wird nach drei Steuerklassen unterschieden, die den Verwandtschaftsgrad des Begünstigten berücksichtigen. Nicht verheiratete Paare ohne eingetragene Lebenspartnerschaft fallen in die Steuerklasse III. Während verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartner auf vergleichsweise hohe Steuerfreibeträge – seit 2009 in Höhe von 500.000 € - kommen, steht in diesem Fall nur ein Freibetrag von 20.000 € zur Verfügung. Der Rest der Auszahlung ist zu versteuern.
Wurden die Risikolebensversicherungen in der Absicht abgeschlossen, eine bestehende Finanzierung zu decken, kann sich ein solcher Beratungsfehler für die Kunden – je nach Höhe der Restschuld - verheerend auswirken.
Sabine könnte nun durchaus mit einer Klage gegen den Versicherungsvermittler und Berater Erfolg haben. Denn dieser hätte die Möglichkeit gehabt, den Abschluss der beiden Risikolebensversicherungen steueroptimiert zu gestalten. Tatsächlich war in unserem fiktiven Fall Robert sowohl versicherte Person, Antragsteller, sowie Beitragszahler. Begünstigte war Sabine. Der Versicherungsvermittler hätte wissen und darauf hinweisen müssen, dass in einem Leistungsfall aus dieser Konstellation heraus eine Steuerpflicht entsteht.
Er hätte stattdessen eine Lösung anbieten können, bei der die Verträge über Kreuz abgeschlossen werden. Dabei wäre Sabine Antragstellerin, Beitragszahlerin und Begünstigte im Todesfall von Robert gewesen. Der zweite Vertrag wäre entsprechend umgekehrt abgeschlossen worden. Diese Lösung hat ihrerseits natürlich im Fall einer Trennung den Nachteil, dass die versicherte Person, da sie nicht Antragsteller ist, nicht verhindern kann, dass der dann Ex-Partner vom Tod der versicherten Person finanziell profitiert. In jedem Fall wäre jedoch der Versicherungsvermittler seinen Pflichten besser nachgekommen, diese Lösung zu besprechen, die Entscheidung dem Kunden zu überlassen und entsprechend zu dokumentieren.
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