OLG Dresden untersagt „Unabhängig“-Werbung von Versicherungsmaklern – Wirth Rechtsanwälte kritisieren realitätsferne Auslegung zulasten der Vermittler.
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Tobias Strübing - Rechtsanwalt
Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil vom 28. Oktober 2025 (Az. 14 U 1740/24) entschieden, dass Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmakler in ihrer Werbung nicht mit dem Begriff „unabhängig“ auftreten dürfen, sofern sie – wie branchenüblich – von Versicherungsunternehmen eine Courtage erhalten. Die Richter stufen eine solche Werbeaussage als irreführend und damit wettbewerbswidrig ein. Wirth Rechtsanwälte kritisieren die Entscheidung als verengte Betrachtung, die der rechtlichen Stellung des Maklers im System des Versicherungsvermittlungsrechts nicht gerecht wird.
Das OLG argumentiert, Verbraucherinnen und Verbraucher würden unter dem Begriff „unabhängig“ verstehen, dass keinerlei wirtschaftliche Verbindung zu Produktgebern besteht. Da Maklerinnen und Makler jedoch in der Regel über Courtagen vergütet werden, sei die Aussage unzutreffend. Zudem verwische sie die gesetzliche Abgrenzung zum Versicherungsberater, der nach § 34d Abs. 2 GewO und gemäß IDD keine Vergütungen von Versicherern annehmen darf. Ein solcher Eindruck sei unlauter, selbst wenn die tatsächliche Beratungstätigkeit des Maklers vollständig an den Interessen der Kundinnen und Kunden ausgerichtet sei.
Wirth Rechtsanwälte weisen darauf hin, dass diese wettbewerbsrechtliche Auslegung wesentliche gesetzliche Grundlagen und Differenzierungen ignoriert. „Versicherungsmaklerinnen und -makler sind gesetzlich als treuhänderische Sachwalter ihrer Kunden anerkannt – sowohl nach § 59 Abs. 3 VVG als auch in der Systematik der IDD. Die Behauptung, sie seien durch eine marktübliche Courtage wirtschaftlich abhängig, ist mit dieser Stellung nicht vereinbar“, erläutert Rechtsanwalt Tobias Strübing. Die Gleichsetzung mit Versicherungsberatern verkenne grundlegende Unterschiede im Berufsbild und in der Regulierung.
Die Entscheidung des OLG Dresden reiht sich in eine Serie ähnlich gelagerter Urteile ein – unter anderem vom OLG München (2020), dem OLG Köln (2024) und dem LG Köln (2025). In der Summe führt diese Rechtsprechung dazu, dass Versicherungsmaklerinnen und -makler ihre Kommunikation grundlegend überdenken müssen: Der Begriff „unabhängig“ kann – selbst im Kontext freier Anbieterwahl und ohne vertragliche Bindung an Versicherer – wettbewerbsrechtlich riskant sein. Auch spätere Hinweise auf Vergütungsmodelle oder gesetzliche Klarstellungen im Erstgespräch reichen nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um den irreführenden Eindruck aus der Werbung zu beseitigen.
Wirth Rechtsanwälte raten dazu, bestehende Werbemaßnahmen zu überprüfen und auf die pauschale Verwendung des Begriffs „unabhängig“ zu verzichten. Rechtlich sicherer ist es, die besondere Stellung der Maklerschaft als treuhänderische Interessenvertretung ihrer Kundinnen und Kunden sowie die freie Auswahl unter zahlreichen Produktgebern hervorzuheben – ohne dabei den Begriff zu verwenden, den Gerichte nun zunehmend kritisch sehen.
„Zwar ist Verbraucherschutz wichtig, jedoch wird das Urteil in Vermittlerkreisen auch kritisch gesehen“, erläutert Rechtsanwalt Tobias Strübing von Wirth Rechtsanwälte. „Viele Makler verstehen unter ,unabhängig‘ vor allem die freie Anbieterwahl ohne Bindung an einen Versicherer. Dass schon die übliche Courtage den Begriff unzulässig macht, halten viele für überzogen. Dennoch sollten Vermittler dieses Wort nun sicherheitshalber aus ihrer Werbung streichen, um Abmahnungen zu vermeiden.“
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