BdV fordert verbraucherorientierte Ausrichtung des Zivilprozesses / Verbandsklagen müssen von den Beschränkungen der Nichtzulassungsbeschwerde ausgenommen werden
Nach einem aktuellen Gesetzentwurf will das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die bisher übergangsweise geltende Wertgrenze von 20.000 Euro für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) dauerhaft festschreiben. Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) hält eine solche Beschränkung für falsch und fordert wenigstens eine Ausnahme für Verbandsklagen, wie er in einer Stellungnahme an das Ministerium formuliert.
„Rechtsgebiete wie das Verbraucherrecht, die typischerweise nur geringwertige Streitigkeiten beinhalten, können vor dem BGH regelmäßig nur dann behandelt werden, wenn die Revision von der Vorinstanz zugelassen wird. Dies behindert strukturell die Rechtsfortbildung in diesen Bereichen. Urteile des höchsten deutschen Zivilgerichts haben gerade für das Verbraucherrecht eine besondere Bedeutung, weil nur durch sie den Zügellosigkeiten mancher Anbieter im Massengeschäft mit Verbraucherinnen und Verbrauchern Einhalt geboten werden kann“, erklärt BdV-Vorstand Stephen Rehmke.
Unlautere Geschäftspraktiken verursachen im standardisierten Privatkundengeschäft bei den einzelnen Verbraucher*innen oft nur einen Schaden von geringem Wert. Deshalb werden sie von den Betroffenen selten geltend gemacht oder gar gerichtlich weiterverfolgt, zumal ein Rechtsstreit mit hohen Kostenrisiken verbunden ist. Aus diesem Grund übernehmen häufig die Verbraucherschutzverbände stellvertretend die Klärung der Rechtsfrage. Doch auch für die Verbraucherschutzorganisationen erschwert die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde systematisch den Zugang zu dem gewichtigen Rechtsmittel der Revision. Denn der Streitwert etwa bei Unterlassungsklagen gegen unzulässige Geschäftsbedingungen von Unternehmen – beispielsweise gegen Klauseln in Versicherungsbedingungen – wird trotz ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung gewöhnlich deutlich unter 20.000 Euro festgesetzt, auch um die gemeinnützigen Vereine vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen.
Angesichts der Bedeutung von Unterlassungsklagen der Verbraucherschutzverbände für die Allgemeinheit schlägt der BdV in seiner Stellungnahme vor, diese Verfahren von der Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde gänzlich auszunehmen. So könnte der Gesetzgeber zumindest einen gewissen Ausgleich für den Ausschluss von Rechtsangelegenheiten mit niedrigen Streitwerten schaffen.
„Dem Verbraucherrecht und dem kollektiven Rechtsschutz wird national sowie auf europäischer Ebene eine zunehmende Bedeutung beigemessen. Der wertunabhängige Zugang zum BGH wäre auch vor diesem Hintergrund eine wichtige Bestärkung der Verbandsklage und damit ein Bekenntnis zu einer verbraucherorientierten Ausrichtung des Zivilprozesses“, so der Rechtsanwalt Rehmke.
Der BdV wollte auch den Deutschen Verbrauchertag 2019 am 16. Oktober in Berlin nutzen, um mit den Partnerverbänden und der Politik zur Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen ins Gespräch zu kommen. „Dass dieser Termin nun aufgrund kurzfristiger Absagen wichtiger Spitzenpolitikerinnen abgesagt wurde, enttäuscht“, sagt der BdV-Vorstand. „Es hält uns als Nichtregierungsorganisation aber nicht davon ab, weiter für einen besseren Verbraucherschutz im Zivilrecht zu streiten.“
Die Stellungnahme steht auf der Homepage des BdV zum Download zur Verfügung.
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