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Experteninterview: Ihr Recht auf Kreuzfahrten - ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer über die Regeln an Land und auf hoher See

03.05.2019

Experteninterview: Ihr Recht auf Kreuzfahrten - ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer über die Regeln an Land und auf hoher See © ARAG

ARAG Tower und Umgebung

Kreuzfahrten liegen weiterhin voll im Trend. Weltweit werden 2019 rund 30 Millionen Passagiere erwartet. Die Werften arbeiten mit Hochdruck; rund 20 große Kreuzfahrtschiffe sollen in diesem Jahr noch vom Stapel laufen. Der Boom setzt sich also fort. Bleibt die Frage, welche Rechte die Teilnehmer an einer Kreuzfahrt haben. Der ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer kennt die Antworten.


Herr Klingelhöfer,  Wenn die Anreise – wie jetzt zum Beispiel durch die Germania-Insolvenz – ins Stocken gerät, wer muss dann haften?

RA Tobias Klingelhöfer: Haben Urlauber einen Germania-Flug zum Kreuzfahrtstart selbst gebucht, haben sie leider schlechte Karten und aufgrund der Gesetzeslage bedauerlicherweise keinen Anspruch auf Ersatzbeförderung. Wurde der Flug allerdings im Pauschal-Paket mit der anschließenden Kreuzfahrt gebucht, können die Reisenden den anderweitigen Transport vom Anbieter verlangen. Der muss dann für einen Ersatzflug sorgen.

Hilft eine Reiserücktrittsversicherung wenn einen so eine Pleite unterwegs erwischt?

RA Tobias Klingelhöfer: Leider kaum! Wer eine Reise erst einmal angetreten hat, kann eine bestehende Reiserücktrittsversicherung nicht mehr auf Erstattung des Reisepreises in Anspruch nehmen. Dies gilt auch bereits bei der Anreise, wenn diese Bestandteil des Reisevertrags ist. Eine Reise gilt als angetreten, wenn die erste gebuchte Reiseleistung zumindest teilweise in Anspruch genommen wurde. Danach greift nur noch eine Reiseabbruchversicherung.

Aber bei Krankheit tritt eine solche Versicherung doch ein, oder?

RA Tobias Klingelhöfer: Stellt sich vor Reisebeginn eine ernste Erkrankung ein, sollte die gebuchte Kreuzfahrt umgehend storniert werden. Je früher dies geschieht, desto geringer sind in aller Regel die Stornokosten. Die übernimmt dann auch eine Reisekostenrücktrittsversicherung. Das lohnt sich also besonders, wenn eine teure Kreuzfahrt längere Zeit im Voraus geplant und gebucht wird.

Und wer auf hoher See krank wird?

RA Tobias Klingelhöfer: Eine Erkältung oder ein verstauchter Fuß gefährden die Erholung an Deck kaum und die ärztliche Versorgung ist auf den modernen Kreuzfahrtschiffen durchweg gut. Wer auf hoher See allerdings schwer erkrankt, muss die Kreuzfahrt abbrechen, denn Spezialbehandlungen und größere Operationen sieht die Betreuung durch den Schiffsarzt nicht vor. Bei besonders akuten Fällen werden Patienten per Hubschrauber an Land in ein Krankenhaus gebracht. Die daraus entstehenden Kosten sind unter Umständen sehr hoch. Darum rate ich immer zu einer gesonderten Auslandsreisekrankenversicherung, die auch den Abbruch der Reise und den Not- sowie Heimtransport abdeckt.

Und wer haftet, wenn man bei starkem Seegang stürzt?

RA Tobias Klingelhöfer: Bei schwerer See heißt es für die Besatzung „Eine Hand fürs Schiff, die andere für sich selbst“. Aber auch Passagiere müssen sich dann gut festhalten. Stürzen sie und verletzen sich dabei, haften sie selbst. In dem konkreten Fall war ein älterer Reisender bei starkem Seegang im Bad seiner Kabine so schwer gestürzt, dass er an den Landausflügen nicht mehr teilnehmen konnte und eine Langzeit-Schmerztherapie benötigte. Er verklagte daraufhin den Reiseveranstalter auf Schadensersatz, jedoch ohne Erfolg. Das Argument der Richter: Haltegriffe beispielsweise im Bad seien weder üblich noch gesetzlich vorgeschrieben. Zudem habe die Besatzung wiederholt über Lautsprecher darauf hingewiesen, sich gut festzuhalten (LG Bremen, Az.: 7 O 124/03).

Ein anderer Fall: Der Urlauber ist gesund und pünktlich an Bord, nicht aber sein Gepäck. Was dann?

RA Tobias Klingelhöfer: Gelangt Reisegepäck erst verspätet auf das Kreuzfahrtschiff, kann der Reisepreis pro Reisetag um 30 Prozent gemindert werden. Ein Ehepaar buchte in einem konkreten Fall eine Mittelmeerkreuzfahrt ab Genua einschließlich An- und Abreise. In Genua angekommen stellte es fest, dass die Koffer, die es am Flughafen aufgegeben hatte, nicht eingetroffen waren. Wegen dieser Beeinträchtigung minderten die Reisenden den Reisepreis für die fünf Tage bis zum Eintreffen des Gepäcks. Ein Schadensersatz für entgangenen Urlaubsgenuss konnten sie allerdings nicht geltend machen (AG München, Az.: 132 C 20772/08).

 

 

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