Freie Handelsvertreterin: Außerordentliche Kündigung ohne Ausgleichsanspruch rechtmäßig
Eine freie Handelsvertreterin wurde aus wichtigem Grund fristlos gekündigt. Das Oberlandesgericht München hat bestätigt, dass die korrekt war und ihr überdies ihren Handelsvertreterausgleich und Schadenersatz versagt.
Der Datenschutz und die angrenzenden rechtlichen Fragestellungen werden nicht erst seit der verpflichtenden Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung breit diskutiert. Schon lange können sich Verstöße gegen Vorgaben des Datenschutzes arbeitsrechtlich negativ auswirken, auch bei freien Handelsvertretern. In einem vor dem Oberlandesgericht München verhandelten Fall (8.2.2018 – 23 U 1932/17) wurde der Handelsvertretervertrag nach mehr als 20 Jahren wegen dem „unbefugten Speichern von Daten und Betriebsgeheimnissen“ außerordentlich gekündigt. Dagegen hatte die Handelsvertreterin, deren Ehemann die Tätigkeit ausgeübt hatte, geklagt und Ansprüche auf Schadenersatz und Handelsvertreterausgleich geltend gemacht, nachdem sie zwei Tage nach der außerordentlichen Kündigung ihren Handelsvertretervertrag selbst gekündigt hatte.
„In einem Teilurteil hatte das Landgericht der Gesellschaft rechtgegeben und die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bestätigt. Die Klageanträge der Handelsvertreterin auf Zahlung von 178.500 Euro sowie auf Erteilung eines Buchauszugs über alle abgeschlossenen Geschäfte wurden dabei abgewiesen. Gegen dieses Teilurteil hatte die Handelsvertreterin Berufung vor dem Oberlandesgericht eingelegt“, kommentiert Tim Banerjee, Rechtsanwalt der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen, das Urteil. Die Kanzlei hat sich unter anderem auf die Beratung an der Schnittstelle zwischen Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisiert und berät sowohl freie Handelsvertreter als auch Arbeitnehmer im Vertrieb und Unternehmen bei allen rechtlichen Fragen rund ums Vertriebsarbeitsrecht und finanzielle Ausgleichsansprüche.
Für den Vertriebsrechtsexperten hat dieses Urteil weitreichende Konsequenzen für die Tätigkeit von freien Handelsvertretern. Zum einen habe das Oberlandesgericht nochmals darauf hingewiesen, dass es bei der Kündigung des Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund keiner Angabe von Gründen bedürfe, wie es im Handelsgesetzbuch (§ 89) ausgeführt ist. Der Grund in diesem Falle: Der Ehemann der Klägerin hatte unbefugt Daten aus dem System der Gesellschaft auf seinen privaten Computer heruntergeladen, nachdem ihm Hausverbot für die Räumlichkeiten der Gesellschaft erteilt worden war. „Auch eine Abmahnung ist nicht nötig, weil das Fehlverhalten die Vertrauensgrundlage massiv erschüttert hat“, kommentiert Tim Banerjee.
Zum anderen hat das Oberlandesgericht auch betont, dass das Landgericht die Klage auf Handelsvertreterausgleich und Schadenersatz zurecht abgewiesen habe. „Der Hintergrund: Die Handelsvertreterin hat die Kündigung schuldhaft herbeigeführt, sodass ihr kein Handelsvertreterausgleich zusteht. Ebenso bedingt die Form der außerordentlichen Kündigung durch die Gesellschaft keinen Schadenersatz, da der Handelsvertretervertrag zum Zeitpunkt der Kündigung durch die Handelsvertreterin bereits beendet war.“
Tim Banerjee sieht dieses Urteil als Warnsignal für die Branche an. Handelsvertreter sollten sämtliche rechtlichen Fallstricke im Blick behalten und bei Pflichtverschulden nicht davon ausgehen, dass ihnen noch Zahlungen zustehen. „Ob es der allzu sorglose Umgang mit Daten oder sonstige Verstöße sind: Nicht pflichtgemäßes Verhalten kann schwere wirtschaftliche Schäden verursachen. Wer jedoch die immer aktuelle Rechtsprechung kennt und die Konsequenzen seines Handelns abschätzen kann, ist auf der sicheren Seite.“
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