Bürger halten deutsche Gerichte für überlastet - ROLAND Rechtsreport 2018 untersucht die Einstellung zum Justizsystem
- Mehr als jeder dritte Bundesbürger hält die Gerichte für überlastet. - Nur jeder Vierte glaubt, dass die Gerichte gewissenhaft und gründlich arbeiten. - Bevölkerung kritisiert lange Verfahren, zu milde Strafen und ungleiche Behandlung vor Gericht. - Vertrauen in die Institutionen ist in Ostdeutschland deutlich geringer als im Westen.
Mehr als jeder dritte Bundesbürger ist der Ansicht, dass die deutschen Gerichte überlastet sind. Das geht aus dem ROLAND Rechtsreport 2018 hervor. Im Vergleich zum ersten Rechtsreport aus dem Jahr 2010 ist die Anzahl derer, die eine Überlastung bemerken, um 17 Prozentpunkte gewachsen. Zudem glaubt heute nur jeder Vierte, dass die Gerichte gewissenhaft und gründlich arbeiten und dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.
Bürger kritisieren lange Verfahren, zu milde Strafen und ungleiche Behandlung vor Gericht
Als Folge der Überlastung kritisieren die Bürger insbesondere die langen Verfahrensdauern (83 Prozent) und ihrer Ansicht nach zu milden Strafen. Besonders gegenüber jugendlichen Straftätern sollten die Gerichte härter durchgreifen, sagen 57 Prozent. Auch hat jeder Zweite den Eindruck, dass Urteil und Strafmaß stark vom jeweils zuständigen Gericht (58 Prozent) und vom verpflichteten Anwalt abhängen. So meinen 66 Prozent, dass ein bekannter Anwalt die Chancen auf ein günstiges Urteil erhöht. Außerdem finden 55 Prozent die deutschen Gesetze viel zu kompliziert.
Aller Kritik zum Trotz bewegt sich das Vertrauen der Bevölkerung in das deutsche Justizsystem seit Jahren auf einem stabilen Niveau: 68 Prozent der Bürger haben sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze, 64 Prozent in die Gerichte. Damit nehmen diese beiden Institutionen im Vergleich zu anderen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen eine herausgehobene Stellung ein.
Ostdeutsche Bürger haben weniger Vertrauen in die Institutionen
Teils deutliche Unterschiede ergeben sich indes zwischen den Einschätzungen der Bürger in West- und Ostdeutschland: Lediglich 14 Prozent der Bürger im Osten des Landes glauben beispielsweise, dass man sich darauf verlassen kann, dass bei Gericht alles mit rechten Dingen zugeht – im Gegensatz zu 26 Prozent in Westdeutschland. Die Kritik an der Arbeit der Gerichte fällt ebenfalls drastischer aus: So halten 82 Prozent der ostdeutschen, aber nur 76 Prozent der westdeutschen Bürger, die Gerichte allgemein für überlastet. Während sich 55 Prozent im Westen ein härteres Vorgehen bei jugendlichen Straftätern wünschen, sind es im Osten sogar 63 Prozent.
Auch gegenüber anderen Institutionen sind die neuen Bundesländer misstrauischer. So haben nur 65 Prozent der Ostdeutschen großes Vertrauen in die Polizei, im Vergleich zu 77 Prozent der Westdeutschen. 45 Prozent im Westen, aber nur 34 Prozent im Osten vertrauen der Verwaltung. Das Vertrauen in die Bundesregierung ist grundsätzlich gering, jedoch mit 27 Prozent in Ostdeutschland noch einmal deutlich niedriger als in Westdeutschland (35 Prozent). Insgesamt scheint es, dass sich die unterschiedlichen historischen Erfahrungen in Ost und West auch mehr als 25 Jahre nach der Wiedervereinigung noch in den Einstellungen zum Staat und den Institutionen widerspiegeln.
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