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Müssen Minderjährige allein für einen Unfall haften? Zivilrecht

28.02.2017

Müssen Minderjährige allein für einen Unfall haften? Zivilrecht © ERGO Group AG

ERGO und D.A.S. in München

Minderjährige haften selbst für einen verursachten Schaden, wenn sie die erforderliche Reife und Einsicht haben, um ihr Handeln als falsch zu erkennen. Ein Elfjähriger, der per Fahrrad den Sturz einer anderen Radfahrerin verursacht hat, muss daher für deren Schmerzensgeld aufkommen. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) das Oberlandesgericht Hamm. OLG Hamm, Az. 9 U 238/15

Hintergrundinformation:
Minderjährige können vom vollendeten siebten Lebensjahr an durchaus allein für einen Schaden haften, den sie verursacht haben. Die Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Ob und wie stark aufsichtspflichtige Personen ein Kind beaufsichtigen müssen, richtet sich jedoch nach dessen Reife und Einsichtsfähigkeit. Ein normal entwickelter Elfjähriger muss beim Radfahren in der Regel nicht mehr unter ständiger Aufsicht stehen. Verursacht er dann einen Unfall, haften nicht seine Eltern, sondern er selbst. Und aus einem zivilrechtlichen Urteil, das einen entsprechenden Anspruch festschreibt, kann der Gesetzgeber noch 30 Jahre lang vollstrecken. Der Fall: Ein Elfjähriger war mit einem Fahrrad auf einem Gehweg entgegen der Fahrtrichtung gefahren. Er wollte eine von links einmündende Straße überqueren, offenbar ohne anzuhalten. Da sah er ein von links kommendes Auto, bremste und blieb am Fahrbahnrand stehen. Eine ebenfalls von links kommende 57-jährige Radfahrerin konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen, kollidierte mit ihm und stürzte. Sie verletzte sich erheblich am rechten Knie und brach sich das Sprunggelenk. Mehrere Operationen waren die Folge, langfristig ist eine Versteifung des Kniegelenks zu erwarten. Die Radfahrerin klagte auf 25.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz in etwa gleicher Höhe. Das Urteil: Das Oberlandesgericht Hamm erklärte, dass der Elfjährige für sein Fehlverhalten selbst verantwortlich sei. Nichts deute darauf hin, dass er zum Unfallzeitpunkt nicht die notwendige Einsicht gehabt habe. Wolle er sich auf mangelnde Reife berufen, müsse er dies auch beweisen können. Nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice betonte das Gericht, dass der Junge in seinem Alter nicht mehr berechtigt gewesen sei, auf dem Gehweg zu fahren. Er habe auch keine Vorfahrt gehabt. Vor dem Überqueren der Straße hätte er anhalten müssen, um sich zu vergewissern, dass es keinen Querverkehr gab. Er hätte nicht als Hindernis auf der Straße stehenbleiben dürfen. Ein Mitverschulden der Radfahrerin sah das Gericht nicht.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16. September 2016, Az. 9 U 238/15

 

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