Wenn Immobilien bezogen oder verlassen werden: Abnahme, Übergabe und Kaution
Irgendwann gibt es immer ein erstes und ein letztes Mal. Wer eine neue Wohnung oder ein neues Haus bezieht, egal ob als Eigentümer oder als Mieter, der muss zunächst eine Übergabe bzw. eine Abnahme hinter sich bringen. Und wenn er wieder auszieht (verkauft), dann folgt die gleiche Prozedur in die andere Richtung.
Diese rechtlichen Nahtstellen werden von vielen Bürgern als Belastung empfunden, weil man sich trefflich über viele Fragen des Zustands der Immobilie und die Übergabeformalitäten streiten kann. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe acht zum Thema passende Gerichtsurteile gesammelt.
Wer eine Immobilie als Käufer übernimmt, der sollte sich mit der Mängelrüge nicht unnötig viel Zeit lassen. Ein Paar hatte eine Doppelhaushälfte erworben und während der Abnahme festgestellt, dass nicht – wie vereinbart – alle Fenster mit Rollläden versehen waren, sondern nur die im Erdgeschoss. Erst fünf Monate nach diesem Abnahmetermin rügten die Käufer den Mangel und forderten Kostenersatz für den nachträglichen Einbau. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 1 U 125/14) betrachtete das als zu spät und erkannte dem Paar nur den Ersatz eventueller Mangelfolgeschäden zu. Solch ein Ersatz wäre in Frage gekommen, wenn etwaige Mieter ihre Zahlungen wegen der fehlenden Rollläden gekürzt hätten.
Juristen verwenden gelegentlich den Begriff der konkludenten Abnahme einer Immobilie. Davon spricht man, wenn ein Käufer zwar nicht förmlich die Abnahme erklärt hat, dies aber durch sein Verhalten tut. Eine Eigentümergemeinschaft hatte Mitte der 90er Jahre ein Objekt übernommen und bezogen, ohne dass es zur vereinbarten Abnahme gekommen wäre. Acht Jahre später machte die WEG diverse Mängelbeseitigungsansprüche geltend. Das Oberlandesgericht Bamberg (Aktenzeichen 8 U 23/15) akzeptierte das nicht. Durch Bezug, Nutzung und Bezahlung sei es zur konkludenten Abnahme gekommen. Die Gewährleistungsfrist sei mithin abgelaufen.
Es mag für Vermieter unangenehm sein, aber gegebenenfalls müssen sie eine Wohnung auch an einem Sonntag übergeben, wenn das Mietverhältnis ab diesem Tag datiert. Ein Mieter hatte den Vertrag platzen lassen, weil der Eigentümer den für ihn sehr wichtigen Übergabetermin nicht möglich gemacht habe. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 65 S 219/10) gab ihm Recht. Mieter seien oft darauf angewiesen, exakt zum Monatsersten einzuziehen, weil der alte Vertrag zum Ende des vorherigen Monats ende.
Auch nach langen Mietverhältnissen gehen Eigentümer und Mieter nicht immer im Frieden auseinander. Über 30 Jahre hinweg hatten beide im selben Zweifamilienhaus gewohnt, sich dann aber zerstritten. Der Mieter räumte die Wohnung und klingelte bei der Eigentümerin, um die Schlüssel zu übergeben. Diese verweigerte die Annahme, weswegen er die Schlüssel kurzerhand in den Briefkasten warf. Kam dieses Vorgehen einer Rückgabe gleich? Das war im Zusammenhang mit Verjährungsfristen wichtig. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 8/11) sah es nicht so. Es habe sich bei dem Einwurf um ein einseitiges Angebot der Rückgabe von Seiten des Mieters gehandelt, auf das der Vermieter in dieser Form nicht eingehen müsse.