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Erbrecht: Für wen gilt die Europäische Erbrechtsverordnung?

05.10.2015

Für Deutsche, die in einem anderen EU-Land leben, dort eine Immobilie oder Vermögen besitzen oder aber mit einem EU-Ausländer verheiratet sind, ist die Europäische Erbrechtsverordnung entscheidend. Der gesamte Nachlass wird nach dem Recht des Landes abgewickelt, in dem der Verstorbene seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Für die gesetzliche Erbfolge spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle.

Es zählt der letzte gewöhnliche Aufenthalt

Problematisch ist die genaue Definition des „gewöhnlichen Aufenthalts“. Sie wird vom Gesetzgeber nicht formuliert. Um festzustellen, wo sich der „gewöhnliche Aufenthalt“ einer Person befindet, werden die Lebensumstände des Verstorbenen vor und bei seinem Tod beurteilt. Soziale, familiäre oder berufliche Bindungen, Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts, Staatsangehörigkeit, Vermögensgegenstände oder Kenntnisse der Landessprache können Kriterien sein, um den „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu ermitteln. Daher besteht die Gefahr, dass derselbe Sachverhalt in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich beurteilt wird.

Mit einer Rechtswahl vorsorgen

Betroffene sollten bedenken, dass sich die erbrechtlichen Regelungen in Europa mitunter deutlich voneinander unterscheiden. Niedrigere gesetzliche Erbquoten, höhere Pflichtteilsansprüche oder die Nicht-Anerkennung des „Berliner Testaments“ und das Verbot von Erbverträgen in Italien, Spanien und Frankreich könnten für Erblasser überraschende Konsequenzen haben. Die Rechtsanwaltskammer Koblenz empfiehlt daher vorzusorgen und eine Rechtswahl zu treffen: Im Zuge der EU-Reform kann der Erblasser das Recht des Landes wählen, dem er angehört. Diese Wahl gilt nur für das gesamte Vermögen und muss ausdrücklich erfolgen – beispielsweise mit einem Testament, einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag. Eine Rechtswahl, die sich ausschließlich auf Grundstücke beschränkt, kann der Erblasser nicht mehr treffen. Wer seinen Nachlass bereits geregelt hat, kann sein Vermächtnis um eine Rechtswahlklausel ergänzen.

Europaweite Unterschiede im Erbrecht

Für ein deutsches Ehepaar, das seit vielen Jahren den Lebensabend in der eigenen Finca auf Mallorca verbringt, hätte das Erbrecht beispielsweise folgende Auswirkungen: Stirbt der Ehemann ohne Testament, wird das mallorquinische Erbrecht angewendet, und zwar nicht nur für die Immobilien und das weitere Vermögen auf der spanischen Insel, sondern für den gesamten Nachlass. Auch Vermögenswerte wie Geld, Spar- und Depotvermögen, Schmuck und Immobilien in Deutschland unterliegen dann dem mallorquinischen Erbrecht.

Die Erbrechtsverordnung betrifft den gesamten Bereich der Europäischen Union mit Ausnahme von Irland, Dänemark und dem Vereinigten Königreich sowie Länder mit Einzel- oder Sonderrechten, z. B. Spanien.

Klarheit durch Europäisches Nachlasszeugnis

Das Europäische Nachlasszeugnis, das in allen europäischen Staaten anerkannt wird, trägt dazu bei, Erbfälle mit Auslandsbezug schneller und einfacher abzuwickeln. Mit einer Gültigkeit von sechs Monaten gilt das Dokument als zusätzlicher Erbnachweis  für Erben, Testamentsvollstrecker, Vermächtnisnehmer und Nachlassverwalter. Eine Verlängerung auf Antrag ist möglich.

Im Zweifelsfall sollten Betroffene einen Anwalt aufsuchen. Fachanwälte und Anwälte, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert haben, nennt Ihnen auf Anfrage die Rechtsanwaltskammer Koblenz unter der Telefonnummer 0261/30335-55 oder der Anwaltsuchdienst im Internet: www.rakko.de.

 

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