Weltkindertag: „Kinder willkommen“ – auch als Kunden! ARAG Experten nennen rechtliche Fakten zu Kindern als Konsumenten
Am 20. September ist Weltkindertag! Das diesjährige Motto lautet „Kinder willkommen“. Aber nicht nur bei Politikern und Sonntagsrednern stehen die Minderjährigen derzeit hoch im Kurs. Längst haben auch Wirtschaftsbosse die lieben Kleinen für sich entdeckt und Werbeinhalte richten sich in zunehmendem Maße an Minderjährige. Die stellen nämlich eine außerordentlich kaufkräftige und kaufwillige Klientel dar.
Studien zufolge verfügen Kinder in Deutschland jährlich über fünf Milliarden Euro. Doch wie sieht es auf der rechtlichen Seite aus, wenn Kinder zu Konsumenten werden? ARAG Experten weisen darauf hin, dass Kinder – juristisch gesehen – erst ab dem siebten Lebensjahr zum Konsumenten werden, da sie vorher geschäftsunfähig sind. Zwischen sieben und 18 können Fahrrad oder CD nur mit Einwilligung der Eltern erworben werden, soweit das jeweilige Objekt der Begierde nicht mit dem eigenen Taschengeld bezahlt wurde.
Kinder als Kunden
Wenn Jugendlichen Geld von Eltern, Onkel, Opa oder Oma zur freien Verfügung überlassen wurde, sind sie in der Lage, rechtlich wirksame Verträge abzuschließen. Die wirtschaftliche Bedeutung von Rechtsgeschäften Jugendlicher sollte nicht unterschätzt werden. Gerade auf dem Land, wo die Schulen zentral und fernab vom Wohnort der Schüler sind, strömen täglich Hunderte von ihnen in die umliegenden Supermärkte, Imbissbuden und Geschäfte und nehmen über das ihnen zur Verfügung stehende Geld in großem Umfang am Rechtsleben teil.
Konto und Bankkarte
Die Konsumgesellschaft verlangt, die Eigenverantwortlichkeit eines Teenies, ja schon eines Kindes zu fördern, denn sogar Banken bewerben junge Jugendliche bereits mit einem entsprechenden Girokonto und einer Bankkarte für Barabhebungen. Natürlich müssen die Eltern auch in diesen Vertrag einwilligen und ihn unterzeichnen. Dabei sollten sie vor allem darauf achten, was der Jugendliche mit der Karte anstellen kann und darf. Mögliche Kontoüberziehungen sollten ausgeschlossen sein und Zusätze gestrichen werden, die eine Haftung der Eltern für Überziehungen durch die eigene Unterschrift begründen.
Bestellen im Internet
Sehr verlockend für Kinder und Jugendliche sind heutzutage die vielen Angebote im Internet. Nur allzu vorschnell sind hier Minderjährige bereit, online Verträge abzuschließen. Haben die Eltern nicht in die Verträge eingewilligt und genehmigen sie sie auch nicht nachträglich, sind die Verträge unwirksam, da keine oder eine nur beschränkte Geschäftsfähigkeit vorliegt. Die Eltern können gegebenenfalls die Rückerstattung der Kaufsumme verlangen, müssen aber natürlich bereits zugeschickte Waren zurückgeben. Handelt es sich um einen sogenannten Fernabsatzvertrag, steht den Eltern außerdem ein Widerrufsrecht zu, das sie ausüben können, solange die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Klingeltonfalle
Eine weitere Kostenfalle besteht bei Abos – insbesondere bei Klingeltonabos –, die per SMS abgeschlossen werden. Diese Verträge werden regelrecht untergeschoben und sind ohne elterliche Zustimmung unwirksam. Die Gebühren, die direkt vom Handy-Guthaben abgezogen werden, können zurückgefordert werden. Aber: Einzelne Klingeltöne können dagegen wirksam vom Taschengeld gekauft werden.
Handyverträge
Die meisten Jugendlichen, aber auch schon viele Kinder ab dem Schulalter wollen heutzutage ein Handy haben. Ein Gerät mit Vertragsbindung können Minderjährige dabei in der Regel nicht wirksam erwerben. Der Vertrag muss vielmehr von den Eltern abgeschlossen werden. Anders sieht es bei Prepaid-Tarifen aus: Bei einigen Mobilfunkanbieter genügt es, wenn die Kunden 16 Jahre alt sind. Sie gehen dann davon aus, dass der Vertrag mit dem Taschengeld bezahlt wird. Haben Eltern ihrem Kind das Taschengeld allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis aufgezahlt, dass der Kauf eines Prepaid-Handys verboten ist, ist auch dieser Vertrag unwirksam, solange die Eltern nicht einwilligen.
Tickets lösen
Im Vordergrund steht der Schutz des Minderjährigen. Wenn ein Kind die Erlaubnis hat, mit der Bahn von und zur Schule zu fahren und dabei vergisst, einen Fahrschein zu lösen, kann es die Stadt nicht zum erhöhten Beförderungsentgelt heranziehen. Die Einwilligung der Eltern umfasst nur den normalen Beförderungsvertrag, der den Erwerb einer Fahrkarte voraussetzt (AG Hamburg, Az.: 22 b C 708/85). Kurios mutet dabei eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes an, die der Lufthansa die Erstattung der Kosten für einen Flug zusprach, den ein „schwarz fliegender“ Jugendlicher unternahm. Der Jugendliche habe sich durch den unbezahlten Flug ungerechtfertigt bereichert, so die Richter (BGH, Az.: VII ZR 9/70).
Kinder im Rechtsalltag – aus relevanten Gesetzen:
- § 104 BGB: Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat.
- § 105 BGB: Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
- § 106 BGB: Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
- § 107 BGB: Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
- § 108 BGB: Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung des Vertreters ab.
- § 110 BGB: Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.
Brigitta Mehring
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