Trotz Grippe ins Büro? Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Krankheitsfall dürfen – und was nicht
Die Anzahl der Krankheitstage in deutschen Betrieben ist laut Statistischem Bundesamt in den letzten Jahren leicht gestiegen. Gleichzeitig sind viele Beschäftigte unsicher, wie sie sich im Krankheitsfall korrekt verhalten. Nur wenige wissen beispielsweise, welche Konsequenzen ihnen drohen, wenn sie während ihrer Krankschreibung Kollegen oder Vorgesetzten zufällig im Kino begegnen.
Oder wie weit Arbeitgeber gehen dürfen, um zu überprüfen, ob krankgeschriebene Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig sind. Michaela Zientek, Juristin bei der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), bringt Licht ins Dunkel.
Was sollten Arbeitnehmer wissen, die aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung nicht arbeitsfähig sind?
Arbeitnehmer sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Arbeitgeber unverzüglich über einen krankheitsbedingten Arbeitsausfall zu informieren. Dies sollte gleich bei Arbeitsbeginn am ersten Krankheitstag und noch vor dem Arztbesuch passieren. Teilweise gibt es zur Krankmeldung Regelungen im Arbeitsvertrag. Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht vor, dass bei einer Erkrankung von mehr als drei Kalendertagen spätestens am nächsten (also vierten) Tag ein ärztliches Attest vorzulegen ist. Daraus muss auch die voraussichtliche Dauer der Fehlzeit hervorgehen. Der Arbeitgeber darf aber eine frühzeitigere Vorlage des Attestes verlangen. Vorsicht: Wer sich zu spät krankmeldet oder ein Attest zu spät einreicht, riskiert eine Abmahnung! Schlimmstenfalls droht sogar eine Kündigung. Grundsätzlich gilt: Je früher der Arbeitgeber Bescheid weiß, desto besser kann sich der Betrieb auf mögliche personelle Engpässe einstellen und entsprechende Maßnahmen treffen. Um eine Vertretung für den Zeitraum seiner Abwesenheit muss sich der Erkrankte nicht selbst kümmern.
Was dürfen Arbeitnehmer im Zeitraum ihrer Krankschreibung?
Grundsätzlich das Bett hüten müssen krankgeschriebene Arbeitnehmer nicht. Jedoch sollten sie während ihrer Krankschreibung alles unterlassen, was ihrer Genesung zuwiderlaufen könnte. Die Entscheidung darüber, was Krankgeschriebene konkret tun dürfen, hängt daher vom Attest und der Empfehlung des behandelnden Arztes ab: Ein Arbeitnehmer, bei dem aufgrund der Folgen eines Bandscheibenvorfalls eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, darf demnach selbst dann nicht bei Umzugsarbeiten helfen, wenn er sich dazu gesundheitlich in der Lage fühlt. Trotz ärztlichem Attest spricht allerdings generell nichts dagegen, Einkäufe im Supermarkt zu erledigen oder an der frischen Luft spazieren zu gehen. Sogar Restaurant-, Theater- oder Kinobesuche sind – abhängig von der Krankheit – guten Gewissens erlaubt: So steht mit einem gebrochenen Arm einem gemütlichen Lokalbesuch nichts im Wege, mit einer akuten Bronchitis hingegen sind Raucherklubs oder -restaurants besser zu meiden. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten sich Arbeitnehmer beim Arzt erkundigen, welche Aktivitäten sie ausüben dürfen und sich das im Zweifelsfall auch schriftlich bescheinigen lassen.
Dürfen Arbeitgeber prüfen, ob ihre Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig sind?
Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Chef Fragen zu ihrer Krankheit zu beantworten. Allerdings kann der Arbeitgeber bei ernsthaft begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenkassen verlangen. Dem kann sich der Arbeitnehmer nicht verweigern. Bestehen Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Krankmeldung, können Arbeitgeber sogar Privatdetektive engagieren. Denn um ein vorhandenes ärztliches Attest vor dem Arbeitsgericht anzufechten, reicht ein bloßer Verdacht des Vorgesetzten nicht aus. Dazu muss er beispielsweise nachweisen können, dass sich der betreffende Mitarbeiter vorsätzlich krankschreiben ließ. Liegen stichhaltige Beweise vor, die belegen, dass der betreffende Mitarbeiter seine Erkrankung nur vorgetäuscht hat, muss dieser mit einer Abmahnung oder gar fristlosen Kündigung rechnen (Hessisches LAG, Az. 6 Sa 1593/08). Auch die Krankheit selbst könnte zu einem Kündigungsgrund werden. Hierbei gilt: Wenn ein Mitarbeiter über ein gesamtes Jahr hinweg länger als sechs Wochen krankheitsbedingt ausfällt, kann daraus eine betriebliche Beeinträchtigung entstehen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die ärztliche Prognose: Jemand, der einmalig wegen eines Armbruchs ausfällt, stellt ein geringeres Risiko für das Unternehmen dar, als jemand, der ein schlechtes Immunsystem hat und dadurch permanent anfällig für Infekte ist. Unter Umständen kann eine solche Prognose zusammen mit einer nicht mehr zumutbaren Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers ein Grund für eine Kündigung sein.
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