Das Arbeitszeugnis – Ihr Anspruch auf Berichtigung / ARAG Experten zu fehlerhaften Arbeitszeugnissen und wie man dagegen vorgeht
Erstaunlich viele Arbeitszeugnisse sind fehlerhaft. Das kann berufliche Chancen verringern. Doch keine Sorge: Dagegen lässt sich vorgehen. ARAG Experten sagen, wann dieses angebracht ist – und worauf Sie dabei achten sollten.
Fehlerhaftes Arbeitszeugnis – sofort handeln
Ihr Chef hat stets ein hohes Maß an Sorgfalt von Ihnen verlangt. Natürlich zu Recht. Zur Akribie ist er allerdings auch seinerseits verpflichtet – besonders bei der Ausstellung Ihres Arbeitszeugnisses. Die Rechtslage ist eindeutig. Für die Richtigkeit des Arbeitszeugnisses ist der ausstellende Arbeitgeber verantwortlich. Doch auch Sie haben Pflichten. So liegt es an Ihnen, unverzüglich auf Fehler oder Mängel hinzuweisen und diese beseitigen zu lassen. Und das sollten Sie auf jeden Fall machen! Denn wer die Chance zur Korrektur versäumt hat, wird von möglichen neuen Arbeitgebern eventuell als nachlässig eingestuft. Dieses kann dazu führen, dass seine Bewerbung auf dem Stapel mit den uninteressanten Kandidaten landet.
Fehler und Mängel beim Arbeitszeugnis
Nach Expertenschätzungen ist mindestens jedes zweite Arbeitszeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt. Deshalb sollten Sie das für Ihre berufliche Entwicklung so überaus wichtige Dokument sorgfältig prüfen. Besonders häufig sind folgende inhaltliche Fehler und formale Mängel:
Unvollständige Angaben
Oft tauchen relevante Inhalte schlichtweg aus Unkenntnis nicht im Arbeitszeugnis auf. Es kann jedoch auch taktisches Kalkül dahinterstecken: Der Zeugnisaussteller möchte die Gefahr einer Klage vor dem Arbeitsgericht minimieren. Deshalb verzichtet er auf Bewertungen, bei denen der Beurteilte schlecht abschneiden würde. Doch auch fehlende Inhalte können ein negatives Bild zeichnen. Ein Raumausstatter wird für eine „sehr sorgfältige Arbeitsweise“ gelobt, ohne ein Wort über seine kreativen Fähigkeiten zu verlieren? Für Personalentscheidender spricht das Bände! Diese Taktik des bewussten Weglassens bezeichnet man als „beredtes Schweigen“. Sie wird relativ häufig eingesetzt, ist jedoch unzulässig. Denn beim Arbeitszeugnis gelten die Gebote der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit. Zudem müssen Tatsachen, an denen künftige Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse haben, genannt werden (so z. B. BAG, Az.: 9 AZR 632/07).
Unglaubwürdiges Lob
Ballen sich in einer Leistungsbewertung die Superlative, werden Personaler ebenfalls wachsam. Zumindest dann, falls sich diese ohne persönliche Würdigung generisch aneinander reihen. Oder wenn das Arbeitszeugnis bei kurzer Verweildauer im Unternehmen unverhältnismäßig lang ausfällt. Das lässt nämlich auf ein sogenanntes „Gefälligkeitszeugnis“ schließen. Ein solches wird für gewöhnlich nach einer unfreiwilligen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ausgestellt, zum Beispiel bei einer betriebsbedingten Kündigung und Insolvenz.
Unprofessionelle Schreibweise
Sie möchten das Arbeitszeugnis selbst formulieren, sodass Ihr Vorgesetzter oder Chef nur noch unterschreiben muss? Rein rechtlich betrachtet ist das – natürlich die Zustimmung des Arbeitgebers vorausgesetzt – durchaus möglich. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie selbst kennen die eigenen Fähigkeiten und Ihr fachliches Know-how am besten. Zudem können Sie mit Entgegenkommen rechnen. Wenn der Unterzeichner Ihren Entwurf akzeptiert, möchte er den Ablauf der Kündigung vermutlich möglichst konfliktfrei gestalten. Kurzum: Sie haben gute Chance auf ein überdurchschnittliches Arbeitszeugnis! Aber Hand aufs Herz: Verfügen Sie wirklich über die erforderlichen Kenntnisse? Wer nicht um die besonderen Regeln und Feinheiten der komplexen Zeugnissprache weiß, kann eine Vielzahl an Fehlern begehen. Insbesondere die gebotene Balance zwischen Wahrheit und Wohlwollen lässt sich ohne entsprechende Erfahrung nur schwer erreichen. Oft das kontraproduktive Resultat: unglaubwürdige Bewertungen, die Personaler sofort als Eigenlob erkennen. Tipp der ARAG Experten: Lassen Sie sich von jemandem helfen, der über die notwendige Kompetenz verfügt. Es gibt auch Dienstleister, die sich auf die Erstellung von Zeugnissen spezialisiert haben. Geben Sie einfach die Begriffe „Arbeitszeugnis“ und „Hilfe“ in Ihre Internet-Suchmaschine ein, um Zeugnisprofis oder Tipps zum Selbstverfassen von Leistungsbewertungen zu finden.
Fragwürdige Formulierungen
Im Arbeitszeugnis kommt es auf jedes Wort an. Formulierungen können widersprüchlich, anders
zu verstehen oder sogar verschlüsselt sein. Nicht jeder, der eine Stelle zu besetzen hat, ist der deutschen Zeugnissprache mächtig. Falsche Interpretationen von Aussagen führen aber vielleicht dazu, dass Sie beruflich nicht richtig durchstarten. Sie sollten deshalb unbedingt darauf achten, dass Ihr Arbeitszeugnis in der gesetzlich vorgeschriebenen Klarheit verfasst ist. Beruhigend zu wissen: Als „Geheimcode“ getarnte Kritik (zum Beispiel doppelte Verneinungen und zweideutige Aussagen) ist laut Gesetz nicht erlaubt.
Strukturelle, formale und stilistische Fehler
Der beim Arbeitszeugnis übliche Aufbau sollte eingehalten werden. Die Reihenfolge der Inhalte:
Einleitung, Werdegang, Tätigkeitsbeschreibung, Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie Schlussformel. Abweichungen sind von Personalchefs nicht gerne gesehen. Vor allem die von Ihnen verantworteten Aufgaben, Ihre Gesamtnote und besondere Erfolge sollten schon auf den ersten Blick erfassbar sein. Ob Eselsohren, Flecken, durchgestrichene Passagen oder Tipp-Ex-Spuren: Äußere Mängel des Arbeitszeugnisses müssen Sie natürlich auch nicht hinnehmen. Dafür ist das Dokument zu wichtig! Der Verfasser hat per Unterstreichung oder Fettdruck etwas hervorgehoben? Aussagen durch Fragezeichen, Ausrufezeichen oder Anführungszeichen betont? Das ist nicht erlaubt. Ebenso wie Rechtschreib- oder Grammatikfehler, die Sie übrigens auf jeden Fall ausmerzen lassen sollten! Um ein angemessenes Erscheinungsbild sicherzustellen, muss weißes Papier (wenn üblich: Geschäftspapier) verwendet werden. Dieses muss mit Schreibmaschine beschrieben oder mit einem Drucker bedruckt werden. Wichtig zu wissen: Auch in Zeiten der Digitalisierung darf Ihr Arbeitszeugnis nicht per E-Mail oder auf anderem elektronischen Weg übermittelt werden
(§ 109 GewO).
Brigitta Mehring
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