BGH: Auch Versicherungsvertreter dürfen mit Kunden für die Vermittlung einer Nettopolice eine gesonderte Vergütungsvereinbarung abschließen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 12.12.2013 (Az. III ZR 124/13) eine bemerkenswerte Entscheidung zur Gleichstellung von Versicherungsmakler und -vertreter sowie zur Honorierung und den Leistungspflichten von Vermittler allgemein getroffen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 12.12.2013 (Az. III ZR 124/13) eine bemerkenswerte Entscheidung zur Gleichstellung von Versicherungsmakler und -vertreter sowie zur Honorierung und den Leistungspflichten von Vermittler allgemein getroffen.Die Klägerin, eine Versicherungsvertreterin, hatte eine fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung an die Beklagte vermittelt. Bei der vermittelten Versicherung handelte es sich um eine sogenannte Nettopolice, bei der die zu zahlenden Versicherungsprämien keinen Provisionsanteil für die Vermittlung enthielten. Stattdessen wurde zwischen den Parteien eine gesonderte Vergütungsvereinbarung abgeschlossen. Darin waren unter anderen Informationen über den Status der Vermittlerin als für die Versicherung tätige Vertreterin enthalten. Ebenfalls wurde die Kundin darüber informiert, dass sie auch bei einer vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrages zur Zahlung der vollständigen Vergütung verpflichtet sei. Nachdem die Kundin nach der Zahlung von 13 Monatsraten auf die vereinbarte Vergütung die weiteren Zahlungen einstellt, kam es zur Klage auf Restzahlung.
Mit seinem Urteil – und dass macht es so bemerkenswert – vollzieht der BGH eine erhebliche Annäherung der Vermittlertypen „Vertreter“ und „Makler“ und gibt zudem der Liberalisierung der Vergütungsmodelle in der Versicherungsvermittlung und –beratung Vorschub.
Bereits 2005 hatte der BGH in mehreren Urteilen entschieden, dass Versicherungsmakler eine solche gesonderte Honorarvereinbarung für die Vermittlung einer Nettopolice treffen dürfen. Dem stünde nicht entgegen, dass der Makler eigentlich als Sachwalter des Kunden „im Lager des Kunden“ steht. Damit ist er „nur“ zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen des Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelnden oder bereits vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet – nicht in Bezug auf die gesonderte Vergütungsvereinbarung.
Im Unterschied dazu steht der Versicherungsvertreter grundsätzlich „im Lager des Versicherers“. Jedoch – so der BGH nun – sind ihm mit der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes 2008 – umfängliche Beratungs-, Hinweis- und Dokumentationspflichten auferlegt. Diese unterscheiden sich – soweit sie die Frage betreffen, ob die Eigenschaften des angebotenen Produktes den Bedürfnissen und Interessen des Kunden entsprechen – nicht von den Maklerpflichten.
Schutzwürdige Interessen der Kunden sieht der BGH mit einer Vergütungsvereinbarung nicht tangiert. Dies auch unter Berücksichtigung, „dass sich der Kunde im Falle der vorzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrages bei einer Nettopolice deutlich schlechter stellen kann, als bei einer (dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegenden) Bruttopolice.“ Es reicht, dass der Kunde deutlich darauf hingewiesen wird, dass er auch dann zur Zahlung der vollen Vergütung verpflichtet bleibt.
Da es vorliegend einzig um das Verhältnis zwischen Kunde und Vermittler ging, hat das Gericht es auch bewusst offen gelassen, ob die Regelungen des Handelsgesetzbuches über die Vertreterprovisionen überhaupt Vereinbarungen zulassen, wonach der Vertreter vom Versicherer keinerlei Vergütung erhält, dafür aber selbständige Vergütungsvereinbarungen mit seinen Kunden schließen darf.
Der BGH kristallisiert am Ende des Urteils dann doch einen äußerst relevanten Unterschied der der Vermittlertypen klar heraus: Der Wert der Leistung eines Versicherungsvertreters liegt nach der Auffassung des BGH deutlich unter dem Wert der Leistung eines Versicherungsmaklers. Denn, so der BGH, eine der wesentlichen Pflichten des Versicherungsmaklers, seiner Beratung eine größere Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grund zu legen, kann der Versicherungsvertreter nicht oder nur unzureichend erfüllen. Insofern ist sei auch bei einem eventuellen Streit über die angemessene Vergütung zu berücksichtigen.
Rechtsanwalt Norman Wirth kommentiert das Urteil entsprechend auch wie folgt: „Das Urteil kann in seiner Relevanz nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ob es nun um die Frage des erheblichen Wertes der Maklertätigkeit oder aber um die Frage der weiteren Liberalisierung der Vergütungsmodelle im Versicherungsbereich geht. In beiden Punkten haben wir jetzt höchstrichterlich weitere äußerst spannende Aussagen erhalten, die in der Versicherungsbranche für Bewegung sorgen werden.“
Und, mit Bezug auf eine aktuelle Diskussion innerhalb der Versicherungsbranche: „Hoffentlich wird auch der GdV bei seinen Betrachtungen über einen gesetzgeberischen Eingriff in die Provisionshöhe die Aussagen des BGH zu der Wertigkeit der Maklerleistung zur Kenntnis nehmen.“
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