Haftung bei fehlendem Leumund - Vertriebsunternehmen müssen von angeschlossenen Vermittlern ein polizeiliches Führungszeugnis einholen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11) die Haftung eines Vertriebsunternehmens für die betrügerischen Eigengeschäfte eines vorbestraften Handelsvertreters bejaht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11) die Haftung eines Vertriebsunternehmens für die betrügerischen Eigengeschäfte eines vorbestraften Handelsvertreters bejaht.Wenn Vertriebe selbständige Handelsvertreter anbinden stellt sich die Frage, inwieweit sie für deren Handeln haftbar gemacht werden können und woraus sich eine solche Haftung ergeben kann. Entscheidend ist dabei die Außendarstellung. Eine Haftung für angeschlossene Handelsvertreter kann entstehen, wenn diesen Werbemittel, insbesondere Briefpapier und Visitenkarten mit dem Logo des Vertriebsunternehmens zur Verfügung gestellt werden. Gleiches gilt, wenn im Einverständnis mit dem Vertriebsunternehmen ein Geschäftslokal, bspw. durch Beschilderungen, beworben wird.
Bisher war anerkannt, dass bereits durch die Anbahnung eines Vertrages ein Schuldverhältnis entstehen kann, das ein Unternehmen zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Kunden verpflichtet. Hierfür ist es beispielsweise ausreichend, wenn ein potenzieller Kunde zur Anbahnung eines Vertrages das Geschäftslokal eines Unternehmens aufsucht.
Begründet die Tätigkeit eines Unternehmens typischerweise erhöhte Gefahren für die Rechtsgüter seiner Kunden können sich hieraus Pflichten bei der Auswahl der Personen ergeben, die von diesem mit der Wahrnehmung von Aufgaben gegenüber den Kunden betraut werden. Die Anlagevermittlung und -beratung, so der BGH, beinhalte für die Vermögen der Anleger eine erhöhte Gefahr. Die Anleger seien daher auf die Seriosität der Beratung und die persönliche Zuverlässigkeit des Beraters bzw. Vermittlers angewiesen.
Dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) entnimmt das Gericht die Wertung, dass ein Unternehmen einen Mitarbeiter nur dann mit der Anlageberatung betrauen darf, wenn dieser sachkundig ist und die für die Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Diese fehlt in der Regel bei einer einschlägigen Vorstrafe mit inhaltlicher Nähe zur Anlageberatung, wie zum Beispiel Betrug (§ 34d Abs. 1 Satz 1 WpHG).
Einem Vertriebsunternehmen obliege daher zum Schutz der Rechtsgüter ihrer Kunden die Pflicht, Erkundigungen zu einschlägigen Vorstrafen ihres Handelsvertreters durch Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses einzuholen. Ergeben sich aus dem polizeilichen Führungszeugnis einschlägige Vorstrafen oder verweigert der Handelsvertreter die Vorlage, so dürfe der Handelsvertreter nach Ansicht der Bundesrichter nicht mit der Anlagevermittlung und -beratung betraut werden.
Grundsätzlich verpflichtet der Verstoß gegen eine Rechtspflicht aber nur zum Ersatz der Schäden, deren Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte. Die Kunden sollen nicht vor allen Schäden bewahrt werden, die ihnen durch die ausgewählte Person zugefügt werden können. Beim Vertrieb von Kapitalanlagen erstrecken sich die Schutzpflichten daher nur auf die „anzubahnenden“ Produktverträge und die Tätigkeit der beauftragten Handelsvertreter bei der Anbahnung dieser Verträge.
Link: BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11
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