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AfW: Urteil zur Vermittlung von privaten Krankenzusatzversicherungen durch gesetzliche Krankenversicherungen

27.09.2012

Mit Urteil vom 04.09.2012 entschied das Brandenburgische Oberlandesgericht (6 U 20/11) in zweiter Instanz über eine Klage des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. gegen die AOK Nordost. Der Verband will im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses durchsetzen, dass durch die AOK Nordost zukünftig nicht weiter private Krankenzusatzversicherungen ...

27.09.2012 - Mit Urteil vom 04.09.2012 entschied das Brandenburgische Oberlandesgericht (6 U 20/11) in zweiter Instanz über eine Klage des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. gegen die AOK Nordost.

Der Verband will im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses durchsetzen, dass durch die AOK Nordost zukünftig nicht weiter private Krankenzusatzversicherungen angeboten, vermittelt oder beworben werden.

Die Klage wurde auch in zweiter Instanz abgewiesen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde jedoch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zugelassen und wird durch den AfW durchgeführt.

Warum dieser Rechtsstreit? Der AfW ist der Berufsverband unabhängiger Finanzdienstleister. Seine Mitglieder sind qualifizierte Versicherungs- und Finanzvermittler. Der Verband sieht in der Vermittlung von Versicherungen durch Mitarbeiter der AOK Nordost einen Verstoß gegen § 34 d Gewerbeordnung. Nach dieser im Zuge der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie mit Wirkung zum 22.05.2007 neu eingeführten Vorschrift bedarf es zur gewerblichen Vermittlung von Versicherungsverträgen einer gewerberechtlichen Erlaubnis und einer Registrierung bei der zuständigen IHK. Ziel dieser Vorschriften ist es, die Verbraucher vor unqualifizierten und unseriösen Vermittlern zu schützen. Weder die AOK Nordost noch die einzelnen Mitarbeiter haben jedoch eine solche Erlaubnis.

Der AfW hat sich bereits in der Vergangenheit für Wettbewerbsgleichheit und Verbraucherschutz eingesetzt, als er ebenfalls nach unerklärlichem Aufsichtsversagen, gerichtlich und dort erfolgreich gegen den Vertrieb von Versicherungen in Supermärkten vorgegangen ist.

Der Verkauf von Krankenzusatzversicherungen in den Filialen von gesetzlichen Krankenversicherungen verstößt nach Ansicht des AfW ebenfalls eindeutig gegen die Vorgaben der Versicherungsvermittlerrichtlinie.

„Die Versicherungsvermittlung durch die AOK Berlin/Brandenburg ist nach unserer Auffassung grundsätzlich eine nach § 34 d Gewerbeordnung erlaubnispflichtige Versicherungsvermittlung.“ so der Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW.

Das OLG Brandenburg sieht das mit seinem aktuellen Urteil anders. Die Klage an sich war zulässig, der AfW auch klagebefugt. Ausführlich hat sich das Gericht mit letzterem Aspekt auseinandergesetzt. Letztlich wurde festgestellt, dass der AfW aufgrund seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Wahrnehmung seines satzungsmäßigen Hauptzwecks - die Interessen seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern und dabei auch unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen - tatsächlich in der Lage ist. Insbesondere wurde festgestellt, dass der AfW seit seiner Gründung 1992 als Fachverband aktiv für seine Mitglieder tätig ist.

Die Klage wurde jedoch als unbegründet abgewiesen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die AOK Nordost nicht der Erlaubnispflicht des § 34 d GewO unterliegt. Zwar ist das Gericht der Meinung, dass das Handeln der AOK grundsätzlich ein Wettbewerbsverstoß sein könnte. Jedoch sei – so das Gericht – der AOK die Vermittlung privater Zusatzversicherungen mit § 194 Abs. 1a SGB V durch eine spezialgesetzliche Regelung gestattet, welche § 34d GewO verdrängt. Diese Vorschrift gestattet den gesetzlichen Krankenkassen die Vermittlung privater Zusatzversicherungen, wenn die Satzung dies vorsieht – wie bei der AOK Nordost geschehen.

„Ein besonderes Schmankerl ist, dass das Gericht festgestellt hat, dass die EU-Vermittlerrichtlinie aussagt, dass die Versicherungsvermittler über die vom Herkunftsstaat des Vermittlers festgelegten angemessenen Kenntnisse und Fertigkeiten (berufliche Anforderungen) verfügen müssen und die Mitgliedsstaaten entsprechende Maßnahmen zur Überprüfung durch staatliche Stellen treffen muss. Nach Meinung des Gerichts wäre insofern hier u. a. das Bundesversicherungsamt zuständig. Hier müsste die BaFin doch sofort einschreiten und für Klarheit sorgen! Letztlich reden wir über die Aufsicht über private Versicherungen. Ich spreche zum einen dem Bundesversicherungsamt die Kompetenz für den privaten Versicherungssektor ab und zum anderen erinnere ich die BaFin an ihre Aufgaben.“ so Rechtsanwalt Wirth. „Wir wollen Rechtssicherheit. Sollte – entgegen unserer Erwartung - der BGH die Auffassung des OLG Brandenburg bestätigen, ist der Gesetzgeber gefragt. Dann hätten wir eindeutig einen Fall von fehlerhafter Umsetzung der EU-Richtlinie. Ggf. muss im Rahmen der IMD 2 nachjustiert werden und der jetzige Zustand umgehend abgestellt werden.“

Die Revision beim Bundesgerichtshof wird durch den AfW durchgeführt.


Kontakt:

Rechtsanwalt Norman Wirth
E-Mail: wirth@afw-verband.de

AfW - Bundesverband
Finanzdienstleistung e.V.
Ackerstr. 3
10115 Berlin

Tel.: 030 / 63 96 437 - 0
Fax: 030 / 63 96 437 - 29
Webseite: www.afw-verband.de


Über den AfW
Der AfW ist die berufsständische Interessenvertretung unabhängiger Finanzdienstleister. Er vertritt die Interessen von über 30.000 Finanzdienstleistern in mehr als 1.500 Mitgliedsunternehmen sowie eine ständig wachsende Anzahl von Fördermitgliedern. Mitglieder im AfW sind Versicherungsmakler und -vertreter, Kapitalanlage- und Finanzvermittler sowie Finanzdienstleistungsinstitute.


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