BAG interpretiert „alte“ bAV-Zusagen neu: Rente …

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BAG interpretiert „alte“ bAV-Zusagen neu: Rente erst ab 67 Jahre trotz Zusage ab 65 Jahre

01.08.2012

Auf den ersten Blick können Arbeitgeber sich freuen: Am 15.05.2012 hat das Bundesarbeitsgericht (3 AZR 11/10) entschieden, dass Altersleistungen aus einer bAV unter bestimmten Voraussetzungen erst mit 67 Jahren gezahlt werden müssen, auch wenn sie formal zum 65. Lebensjahr zugesagt wurden.

Auf den ersten Blick können Arbeitgeber sich freuen: Am 15.05.2012 hat das Bundesarbeitsgericht (3 AZR 11/10) entschieden, dass Altersleistungen aus einer bAV unter bestimmten Voraussetzungen erst mit 67 Jahren gezahlt werden müssen, auch wenn sie formal zum 65. Lebensjahr zugesagt wurden. Das gilt für alle Zusagen, die bereits vor Einführung der Regelaltersgrenze von 67 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung erteilt wurden, also vor dem 20.04.2007.

Bei diesen Zusagen unterstellen die Richter, dass Arbeitgeber bei der Festlegung einer Altersgrenze von 65 Jahren, regelmäßig davon ausgingen, dass die Betriebsrente somit ab dem Zeitpunkt gewährt wird, an dem auch die gesetzliche Rente in voller Höhe in Anspruch genommen werden kann. Das hatte auch seit 1916, also über 90 Jahre lang, Gültigkeit. Deshalb sei es folgerichtig, dass trotz der expliziten Festlegung eines Rentenalters von 65 Jahren stattdessen die jeweilige Regelaltersgrenze als vereinbart gilt. „Was für betroffene Arbeitgeber zunächst vorteilhaft klingt, führt in der Praxis allerdings zu einer Menge Zweifelsfragen, Beratungs- und Handlungsbedarf“ erläutert Andreas Buttler vom bAV-Beratungsunternehmen febs Consulting GmbH. Was genau zu tun ist, hängt vom jeweiligen Versorgungswerk ab.

Betroffen sind auch geschlossene Versorgungswerke
Von der Entscheidung sind alle Versorgungszusagen betroffen, die vor der Verabschiedung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes am 20.04.2012 erteilt wurden. Tritt bei diesen Zusagen ab dem 01.01.2008 ein Leistungsfall ein oder scheidet ein Mitarbeiter aus, so gilt anstelle der Altersgrenze von 65 Jahren die individuelle Regelaltersgrenze des betroffenen Mitarbeiters. Diese wird vom Geburtsjahrgang 1947 an stufenweise auf 67 Jahre angehoben.

Beispiel: Leistungszusage mit Festbeträgen
Ein betroffener Mitarbeiter (Regelaltersgrenze 67 J.) hat eine Festzusage über 1.000 € Monatsrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Aufgrund des BAG-Urteils besteht der Anspruch nun erst mit 67 Jahren. Geht der Mitarbeiter mit 65 in Rente, so erfolgt eine Kürzung für den vorzeitigen Rentenbeginn. Bei 30 erreichbaren Dienstjahren bis zum Alter 65 reduziert sich die Rente auf 30/32 von 1.000 €, also auf 937,50 €.

Scheidet der Mitarbeiter vorzeitig aus, verringert sich auch sein unverfallbarer Anspruch, weil die insgesamt mögliche Betriebszugehörigkeit zwei Jahre länger ist.

In diesem Beispiel wird die Versorgung insgesamt für den Arbeitgeber günstiger als bisher gedacht. Das wirkt sich u. a. auch auf die Höhe der Rückstellungen aus sowie auf die PSV-Beiträge. Bei unverfallbar ausscheidenden Mitarbeitern wurden seit 2008 vermutlich zu hohe Unverfallbarkeitsbescheinigungen ausgestellt, zu hohe Abfindungen gezahlt und zu hohe Renten geleistet. Hier ist zu klären und festzulegen, wie damit in Zukunft umgegangen werden soll, um auch die bilanzielle und steuerliche Behandlung der Versorgung korrekt vornehmen zu können.

Beispiel: Bausteinzusage
Beispiel: Der o. g. Mitarbeiter erhält nach 10 Jahren Wartezeit pro Dienstjahr 20 € Altersrente ab 65. Bis zum 65. Lebensjahr kann er 30 Dienstjahre erreichen. Bei Tod vor Rentenbeginn erhält die Witwe 60 % der erreichbaren Altersrente. Auch hier entsteht der Anspruch auf die Rente erst mit 67 Jahren, allerdings ist die Rente um 40 € höher.

Geht der Mitarbeiter mit 65 in Rente, so erfolgt eine Kürzung der erhöhten Rente von 440 € aufgrund des vorzeitigen Rentenbeginns. Bei einer Kürzung auf 30/32 von 440 € erhält der Mitarbeiter 412,50 € - also mehr als bisher. Im Todesfall hat die Witwe einen Anspruch in Höhe von 60 % aus 440 € erreichbarer Rente, statt 60 % aus 400 €.

In diesem Beispiel wird die Versorgung für den Arbeitgeber deutlich teurer. Das führt zu höheren Rückstellungen in der Handelsbilanz. In der Steuerbilanz dürfen die Rückstellungen u. E. nicht angehoben werden, solange die Schriftform nicht erfüllt ist. Belässt es der Arbeitgeber einfach bei der bisherigen Verwaltungspraxis, so drohen Klagen von Arbeitnehmern und Rentnern (Leistungs- und Ausscheidefälle seit 2008) sowie Ärger mit Wirtschaftsprüfern und dem PSVaG.

Auswirkungen bei Direktversicherungen, Pensionskassen und rückgedeckten U-Kassen
Bei beitragsorientierten Versorgungszusagen (boLZ), die vor dem 20.04.2007 erteilt wurden, gilt ebenfalls die neue Regelaltersgrenze. Sofern allerdings bei Ausscheiden das versicherungsvertragliche Verfahren angewendet wird, ergeben sich bei tatsächlichem Rentenbeginn mit 65 Jahren in der Regel keine Auswirkungen. Probleme entstehen erst, wenn der Mitarbeiter bis zur Regelaltersgrenze tätig wird, die Versicherung aber bereits vorher abläuft.

Wurde in der Direktversicherung z. B. eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Todesfallleistung in Prozent der Altersrente versichert, so können sich durchaus Probleme ergeben. Denn die versicherte Altersrente (ab 65) ist zu gering. Bei den möglichen Auswirkungen kommt es hier u. E. auch auf die Details der Zusage an. Gegebenenfalls sollte man hier einfach nochmals klarstellen, dass die Höhe der Todesfall- oder BU-Leistung lediglich aus tariftechnischen Gründen in Prozent der Altersleistung angegeben wurde, aber die sich daraus ergebenden Festbeträge relevant sind. Bei bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern wird das allerdings schwer umzusetzen sein.

Bei beitragsorientierten rückgedeckten U-Kassen kann es zu Finanzierungsrisiken für den Arbeitgeber kommen, wenn die Zusagen vor 2001 erteilt wurden. Denn für diese Zusagen gilt bei unverfallbarem Ausscheiden noch das ratierliche Verfahren, das die insgesamt mögliche Dienstzugehörigkeit berücksichtigt. Problematisch ist hier, dass die Leistung bei Erreichen der Regelaltersgrenze nicht bestimmt werden kann, wenn die Versicherung auf einen früheren Zeitpunkt abgeschlossen wurde.

Vielfalt der Auswirkungen erfordert individuelle Analysen
Die beschriebenen Auswirkungen und Beispiele stellen nur eine kleine Auswahl dar. Die individuellen Folgen der BAG-Entscheidung hängen im Detail vom Durchführungsweg, der Formulierung der Zusage, den versicherten Risiken und der Art der Rückdeckung/Finanzierung ab. Der dringendste Handlungsbedarf besteht sicherlich bei Pensionszusagen.

Bei den möglichen Auswirkungen sind neben den arbeitsrechtlichen Ansprüchen der Arbeitnehmer, Rentner, Hinterbliebenen und unverfallbar Ausgeschiedenen vor allem auch die steuerlichen, betriebswirtschaftlichen und bilanziellen Konsequenzen zu berücksichtigen. Auch hier sind die Folgen für Pensionszusagen wohl die bedeutendsten.

Um allen betroffenen Arbeitgebern den ersten Einstieg in die Problematik zu erleichtern, bietet febs Consulting in den nächsten Wochen eine kostenlose Erstanalyse von Pensionszusagen im Hinblick auf Handlungsbedarf aufgrund des BAG-Urteils an. Schicken Sie bei Interesse einfach ein E-Mail an info@febs-consulting.de.

Aus gegebenem Anlass bietet die febs Akademie am 10. Oktober 2012 einen zusätzlichen Termin des Seminars „Aktuelle bAV-Herausforderungen“ an, in dem dieses Thema ausführlich behandelt wird. Detailinfos unter http://www.febs-consulting.de/seminare.


Kontakt:

Andreas Buttler
- Geschäftsführer -
Tel.: 089 / 890 42 86 - 10
E-Mail: andreas.buttler@febs-consulting.de

febs Consulting GmbH
Am Hochacker 3
85630 Grasbrunn / München
Webseite: www.febs-consulting.de


Unternehmensprofil:
Als unabhängige Sachverständige und zugelassener Rentenberater beraten wir Arbeitgeber in allen Fragen rund um betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten. Wir analysieren und sanieren bestehende Versorgungswerke, erstellen versicherungsmathematische Bilanzgutachten und unterstützen Arbeitgeber bei der Umsetzung des neuen Versorgungsausgleichs.


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