Stellungnahme Konsultation 4/2012 der BaFin zur …

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Stellungnahme Konsultation 4/2012 der BaFin zur Zukunft des Verbots der Gewährung von Sondervergütungen und der Schließung von Begünstigungsverträgen Geschäftszeichen: VA 31-I 4318-2012-/0002

04.06.2012

Wir danken der BaFin für die Gelegenheit, im Rahmen dieser Konsultionsdiskussionen hiermit auch unsere Auffassungen einbringen zu dürfen. Bei der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM), handelt es sich um einen Berufsverband, in dem sich ausschließlich registrierte Versicherungsmakler mit Erlaubnis im Sinne ...

Wir danken der BaFin für die Gelegenheit, im Rahmen dieser Konsultionsdiskussionen hiermit auch unsere Auffassungen einbringen zu dürfen.

Bei der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM), handelt es sich um einen Berufsverband, in dem sich ausschließlich registrierte Versicherungsmakler mit Erlaubnis im Sinne der §§ 34d Abs. 1 GewO i.V.m. 59 Abs. 3 VVG und 652 ff BGB zusammen geschlossen haben.

Satzungsgemäße Zwecke dieses Berufsverbandes sind:
  • das Berufsbild der unabhängigen Versicherungsmakler/innen in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik zu fördern und zu stärken,
  • Informationen der Mitgliedsunternehmen über aktuelle rechtliche Fragen der beruflichen Tätigkeit als Versicherungsmakler/in,
  • die Förderung und Wahrnehmung der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitgliedsunterunternehmen
  • Förderung der Qualifikationen der Mitgliedsunternehmen und deren Mitarbeiter/innen durch Aus- und ständige Fortbildung
  • Förderung der Geselligkeit und des kollegialen Meinungsaustauschs unter den angeschlossen Mitgliedsunternehmen des Verbandes
  • Förderung und Beteiligung an den Versicherungswissenschaften
  • Beratung der Mitgliedsunternehmen und deren Mitarbeiter .

Die IGVM ist in das Register der Interessenvertreter der Europäischen Kommission in Brüssel eingetragen unter der Reg.-Nr. 510 780 8376-68

I. Überblick/Rückblick - Provision/Courtage oder Honorar
Bevor man beginnt, über das Für und Wider des "Verbots der Gewährung von Sondervergütungen und der Schließung von Begünstigungsverträgen" zu diskutieren, ist es ratsam, einen Blick auf die Pläne der Europäischen Kommission zu künftigen Vergütungssystemen für Versicherungsvermittler und die politischen Diskussionen innerhalb der Parteienlandschaft in Deutschland zu werfen.

1. Pläne in Brüssel
Bei der Generaldirektion "Binnenmarkt" in Brüssel unter der Leitung des EU-Kommissars Michel Barnier, kommt die Revision zu IMD II aktuell nun auf der Zielgeraden an. Auf dem Prüfstand steht dort u.a. auch die Frage, ob die Zahlung von Provisionen an Versicherungsvertreter/innen oder Courtagen an Versicherungsmakler/innen mit den Interessen der Verbraucher nach bedarfsgerechter Beratung in Einklang stünden oder ob dieses Vergütungssystem zu Interessenkollisionen zwischen provisions- /courtageorientiert beratendem Vermittler und dem Verbraucher führt.

In Deutschland hat sich das Vergütungssystem Provisionen/Courtagen nach dem Wegfall des Allgemeinen Preußischen Landrechts 1867 bewährt!

In Brüssel sind Änderungen des jetzigen Vergütungssystem zwar noch nicht endgültig entschieden; dennoch lassen sich Trends bereits erkennen. Danach sollen voraussichtlich Provisions-/Courtagezahlungen für das Kompositgeschäft unverändert beibehalten werden, während jedoch für die Sparten Lebens- und Krankenversicherungen anstelle von Provisionen/Courtagen Honorare treten.

Ein solches Vorhaben lässt jedoch die soziale Komponente des Provisions- /Courtagesystems völlig unberücksichtigt und muss zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Beratungsqualität gegenüber Verbrauchern haben. Denn Bedarfs-, Risiko- u. Marktanalyse, Beratung und Dokumentation erfordern einen Aufwand an Zeit, der sich durch die laufende Courtage beim Privatkundengeschäft im Vergleich zu einem gemessen am Aufwand angemessenen Honorar erst nach rund 8 Jahren amortisiert, vorausgesetzt, der Vermittler würde in dieser Zeit nicht mehr tätig werden müssen. So ist nach betriebwirtschaftlichen Grundsätzen das Privatkunden-Kompositgeschäft defizitär, wie z.B. bei der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung. Durch Vollmandate an Versicherungsmakler/innen können diese jedoch Kostenbezogen solche Beratungen, Vermittlungen und Betreuungen durch Geschäfte, bei denen Abschlusscourtagen gewährt werden, wie z.B. bei Lebens- und Krankenversicherungen, kompensieren.

Entfiel künftig eine solche, die Aufwandskosten in anderen Sparten und Zweigen ausgleichende Abschlusscourtage dadurch, dass in Leben und Kranken vorher ein Beratungshonorar vereinbart würde, müsste in den Stundensatz des Honorars aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein "Ausgleichsaufschlag" einkalkuliert werden. Es darf jedoch nach Umfrageergebnissen der Uni Bochum unter versicherungswilligen Verbrauchern zur Folge stark bezweifelt werden, dass solche Honorare durch Verbraucher auf breiter Basis überhaupt akzeptiert würden. Was deren Höhe betrifft, dürfte deren Akzeptanz insbesondere in unteren Einkommensschichten, wo der Beratungsbedarf erfahrungsgemäß aber am höchsten ist, gegen Null tendieren und wohl kaum durchsetzbar sein. Die Folge davon wäre, dass Verbraucher künftig vermehrt auf fachlich fundierte Beratung verzichten und irgendwelche Tarife im Internet abschließen, und dies mehr Prämien- als Leistungsorientiert. Das alles findet jedoch bei der Meinungsbildung bei Politikern keine ausreichende Berücksichtigung. Was nutzt die Honorarberatung, wenn sie von 90% der Verbraucher abgelehnt oder schlicht und ergreifend gar nicht erst geleistet werden? Dieser Tatsache verschließen sich die politischen Parteien Scheuklappenartig.

2. Diskussionen innerhalb der deutschen Parteienlandschaft
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sieht Provisionen in der Finanzberatung und -vermittlung eher kritisch und bis auf die FDP sprechen sich die anderen Parteien für deren Abschaffung aus. Die Piratenpartei hat sich zu diesem Thema noch gar keine Meinung gebildet.

Während Verbraucherzentralen Ihre Kosten für die Versicherungsberatung zu rund 75% aus Mitteln der öffentlichen Hand decken können, ist es zumindest nach dem Stand der gegenwärtigen Diskussionen nicht vorgesehen, Honorare für die Versicherungsberatung durch Versicherungsmakler/ innen und Versicherungsberater/innen in irgend einer Form zu bezuschussen. Analog zur steuerlichen Behandlung bei den haushaltsnahen Kosten für Dienst- und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG, wäre für die Versicherungsberatung gegen Honorar dann eine gleichgelagerte Regelung einzuführen und zum Ausgleich dafür die Mittel der öffentlichen Hand an die Verbraucherzentralen für den Bereich Versicherungsberatung ersatzlos zu streichen. Auch die dort gezahlten Beratungsgebühren könnten dann steuerlich in Abzug gebracht werden. Nur auf diese Weise könnten gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer geschaffen werden.

Die VVG-Kommission hatte schon 2003 die Zulassung der Rechtsberatung in Versicherungssachen durch Versicherungsmakler/ innen gefordert
Bereits mit Schreiben vom 25.10.2003 und im Abschlussbericht vom 15.4.2004 hatte sich die VVG-Kommission gegenüber der damaligen Bundesjustizministerin, Brigitte Zypris, klar und unmissverständlich dafür ausgesprochen, es Versicherungsmaklern und -maklerinnen in Analogie zu den Bestimmungen für die Versicherungsberater/innen generell zu gestatten, für die Beratung (auch von Verbraucher/innen) ein gesondertes Entgelt vereinbaren und erheben zu dürfen. Damals regierten SPD und Grüne.

Zur Begründung führte die Kommission in ihrem Abschlussbericht aus:
In diesem Zusammenhang wiederholt die Kommission ihre bereits in dem Schreiben vom 25. Oktober 2003 an das Bundesministerium der Justiz enthaltene Anregung, sicherzustellen, dass ein selbständiger Beratungsvertrageines Versicherungsvermittlers nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt (Anmerkung des Verfassers: heute Rechtsdienstleistungsgesetz RDG).

Es wäre ein Widerspruch, dem Vermittler – insbesondere dem Versicherungsmakler einerseits bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen durch § 64 E eine Beratung des Versicherungsnehmers aufzuerlegen, ihm aber andererseits zu verbieten, dieselbe Beratung in einem selbständigen Vertrag, also ohne Vermittlung, zu erbringen1.
Die VVG-Kommission hat sich darüber hinaus in Ihren Sitzungen vom 22./24.9.2003 insbesondere mit der Frage beschäftigt, inwieweit der für den Herbst 2003 anstehende Referentenentwurf des BMJ zur Novellierung des Rechtsberatungsgesetzes die Erlaubnis zur Rechtsberatung in Versicherungssachen durch Versicherungsmakler/innen zulassen sollte. Das Beratungsergebnis wurde dem zuständigen Referat III A 6 beim BMJ unmittelbar danach wie folgt mitgeteilt und durch den Kommissionsvorsitzenden folgender Vorschlag unterbreitet:

Die Kommission vertritt in ihrem Brief des Vorsitzenden an das BMJ die Auffassung,
  • die umfassende Beratungspflicht des Maklers bilde schon bisher eine Hauptpflicht des Maklers,
  • diese Hauptpflicht werde durch die Umsetzung der Vermittler-Richtlinie noch einmal betont und jetzt auch gesetzlich festgeschrieben und
  • eine Unterscheidung nach der jeweiligen Vertragsgestaltung (Vermittlervertrag mit Beratungspflicht oder Trennung zwischen Beratungsvertrag und Vermittlungsvertrag) sei nicht sachgerecht,

und schlägt dem BMJ vor,

in dem novellierten Rechtsberatungsgesetz durch Ausnahmeregelung eine Zulassung der im zukünftigen Register eingetragenen Versicherungsmakler zur Beratung in Versicherungssachen vorzusehen2.

Als die Vermittlergesetze und -verordnungen im Kj. 2006/2007 dann beraten und beschlossen wurden, regierten CDU/CSU und die SPD in großer Koalition. Versicherungsmakler/innen wurde in § 34d Abs. 1, Satz 4 GewO mit Wirkung ab dem 22.5.2007 bekanntlich eine nur eingeschränkte Erlaubnis zur Entgeltberechung gegenüber Nichtverbrauchern (im Sinne des § 12 BGB) erteilt. Dabei ist erschwerend zu berücksichtigen, dass damit nur eine auf betriebliche Versicherungsverträge ausgerichtete Versicherungsberatung ohne Vermittlungsabsicht erlaubt wurde. Mit dem III. Mittelstandsentlastungsgesetz wurde diese Befugnis ab dem 1.1.2009 auch auf die Mitarbeiter von Unternehmen im Rahmen betrieblicher Versicherungen erweitertet.

Die beratungsintensive private Altersvorsorge und die Absicherungen bei Arbeits-, Erwerbs- und Berufsunfähigkeit fallen damit ebenso wenig unter diese Erlaubnis, wie die private Krankenversicherung. Diese sind allesamt ausschließlich der Privatsphäre von Unternehmern und Freiberuflern3 zuzuordnen. Wenn man jetzt die Finanzkrise - ausgelöst u.a. durch Spekulationsgeschäfte verschiedener Banken - zur Begründung für die Meinungsumkehr heranzieht, dann muss berücksichtigt werden, dass die Versicherungswirtschaft und insbesondere die Versicherungsvermittler hier nicht involviert waren. Die heutigen Argumentation müssen daher allesamt als pseudosakral angesehen werden. Die seit 3 Jahren andauernden politischen Diskussionen sind Schafwagenpolitik erster Klasse!

In dem Zusammenhang stellt sich nämlich die immer wiederkehrende Frage, warum solche Kommissionen, wie die zur Reform des VVG gebildete, mit hochkarätigen und spezialisierten Experten der einzelnen Regelungsbereiche zusammen gestellt werden, wenn die Politik dann später doch den aus einem Höchstmaß an vorhandenem Sach- und Fachverstand resultierenden Vorschlägen nicht folgt und statt dessen dem Begehren von Lobbyisten nachgegeben wird.

So betrachtet, müsste dringend überlegt werden, den Ministerinnen und Ministern künftig einen Amtseid mit anderem Inhalt abzunehmen.

Er darf darin nicht mehr lauten,
"zum Wohle des Deutschen Volkes",
sondern
zum Wohle Deutscher Lobbyisten!
Es kann doch nicht angehen, dem Berufsstand der Versicherungsmakler/ innen, den der auf Versicherungsrecht spezialisiert gewesene IVa-Senat des BGH mit seiner Sachwalterentscheidung am 22.5.1985 zum Expertenberuf erhoben hat, weitreichende Pflichten aufzuerlegen, die inzwischen auch gesetzlich verankert sind, diesen Pflichten aber so gut wie keine Rechte gegenüberzustellen. Hier ist die Schaffung einer Berufsordnung erforderlich, die auch die Versicherungswirtschaft mit in die Pflicht nimmt, will sie mit Versicherungsmakler/innen zusammen arbeiten. Zurzeit sind der Willkür einiger Versicherer kaum mehr Grenzen gesetzt. Die IGVM wird sich an der Beseitigung solcher "Missstände" und ebenso an der Erstellung einer Berufsordnung gerne konstruktiv beteiligen.

II. Was spricht für die Beibehaltung des ProvAbgVerbotes?
1. Hier einmal unterstellt, dass in Deutschland künftig das Provisions- /Courtagemodell gleichberechtigt neben der Versicherungs- und Honorarberatung überhaupt bestehen bleibt, sprechen sich die Mitgliedsunternehmen der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) einhellig für die Beibehaltung dieses Vergütungssystems aus4. Es dient in hohem Maße dem Verbraucherschutz, worauf nachfolgend noch näher einzugehen sein wird.

2. Diese Meinung wird auch von der überwiegenden Mehrheit der Versicherungsvermittler/innen geteilt. Das resultiert aus einer breit angelegten Vertriebsumfrage der Redaktionen Versicherungstip (vt) und Kapital-Markt-Intern (kmi) im Markt-Intern-Verlag, Düsseldorf5.

Auf die Frage nach dem Erhalt des so genannten Provisionsabgabeverbots sprachen sich knapp 88% für dessen Beibehaltung aus. Nur rund 12% fanden, dass das Verbot den freien Wettbewerb behindere und daher keinen Fortbestand haben sollte.

Die Publikationen um die exzessiven Zahlungen von Provisionen zur substitutiven Krankenversicherung an Großvertriebe mit angeblich bis zu 18 Monatsbeiträgen (MB) in der Spitze sollten ein warnendes Beispiel dafür sein. Der Gesetzgeber sah sich zum Handeln genötigt und "deckelte" die Provisionshöhe auf max. 9 MB und verlängerte die Stornohaftungszeiten auf 60 Monate6. Das zeigt, dass die Bandbreite der Provisionshöhen bei Großvertrieben im Verhältnis zu klein- und mittelständischen Versicherungsmaklerbetrieben sehr stark zu Gunsten der Großvertriebe abweichen. Nach dem Ergebnis einer Umfrage der Redaktion Versicherungstip im Leserkreis erhalten rund 95% der Vermittlerbetriebe Courtagen bis zu 8 MB und nur rund 5% liegen leicht darüber (bis 9 MB). Diese Courtagesätze werden jedoch nicht von allen Versicherern gewährt. Die Bandbreite liegt zwischen 6 und 9 MB liegt.

Würde das Verbot zur Weitergabe von Provisionen/Courtagen an Versicherungsnehmer/innen entfallen, wären solche Großvertriebe eindeutig im Vorteil, weil sie - wie sich bei der Vermittlung von PKV-Verträgen herausstellte - ungleich höhere Vergütungen erhalten, als klein- und mittelständische Vermittlerbetriebe und demzufolge auch mehr an den Endkunden abgeben könnten. So lange nicht über alle Sparten und Zweige solche Provisons-/Courtagedeckelungen eingeführt sind, z.B. innerhalb der zuvor bereits erwähnten Berufsordnung, verzerrt sich der Wettbewerb zu Lasten aller klein- und mittelständischen Vermittler und schadet dem Verbraucher, weil die meisten Großvertriebe im Status eines gebundenen Versicherungsvertreters oder eines solchen mit Erlaubnis stehen. Sie stehen damit im Lager der Versicherer, müssen geringere Anforderungen bei der Beratung erfüllen, als Versicherungsmakler/innen und können nicht aus der breiten Angebotspalette des Marktes selektieren.

Daran wird deutlich, dass durch den Wegfall des Provisionsabgabeverbotes nicht nur kein freier Wettbewerb ermöglicht sondern der Wettbewerb verzerrt wird, und dies ausschließlich zu Lasten der klein- und mittelständischen Vermittler, die EU-weit etwa 80% der gesamten Vermittlerschaft ausmachen7. Nur rund 20% der Versicherungsvermittler sind Kapitalgesellschaften.

3. Das Verwaltungsgericht Frankfurt führt in seinen Entscheidungsgründen8 u.a. aus, dass die Anordnungen des Provisionsabgabeverbotes nach der Auffassung der Kammer gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoße. In den Schutzbereich dieser Norm fällt jede Tätigkeit, die in ideeller wie in materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient9.

Dabei würdigte die Kammer die Besonderheiten des Vergütungssystems Provision/Courtage bedauerlicherweise nicht hinreichend genug. Die Provision/Courtage ist Erfolgsvergütung. Sie wird also nur dann fällig, wenn ein Vermittlungserfolg eingetreten ist und ist bei Abschlusscourtagen nach Deutschen Recht inzwischen erst nach 5 Jahren Beitragszahlung durch den VN verdient; die Anspruchsgrundlage beruht auf internationalem Gewohnheitsrecht10. Deren Höhe wird seitens der Versicherer einseitig durch Zusage oder Vereinbarung bestimmt. Sie wird in die Beiträge/Prämien einkalkuliert, durch die Versicherungsnehmer mit dem/der Beitrag/Prämie an die Versicherer gezahlt und - im Regelfall - von diesen dann an die Vermittler ausgekehrt. Versicherungsvermittler haben folglich keine individuelle Handhabe, Ihre Dienstleistung an Hand tatsächlicher Aufwendungen und Auslagen in auskömmlicher Höhe selbst zu kalkulieren. An einer die Rahmenbedingungen festlegenden Berufsordnung fehlt es bisher.

Wenn die Richter des Verwaltungsgerichts Frankfurt die Anordnung des Provisionsabgabeverbotes als unzulässigen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit werten, muss dieses erst recht für die vorbezeichneten Einschränkungen kaufmännisch erforderlichen Handelns gelten.

Vor dem Hintergrund des Sachwalterurteils des BGH11 und der sich daran anschließenden ständigen Rechtsprechung, die allesamt von Versicherungsmakler/innen die Einhaltung weitreichender Pflichtenkreise einfordern und sie bei der Verletzung dieser Pflichten in unbegrenzter Höhe haften lässt, muss die Frage erlaubt sein, warum einem Expertenberuf keinerlei materiellen Rechte zugestanden werden. Der BGH attestierte dieser Berufsgruppe zugleich eine herausgehobene Expertenstellung, vergleichbar mit anderen beratenden Berufen, wie z.B. die von Rechtsanwälten und Steuerberatern.

Deshalb müssen den Pflichten nun auch bald entsprechende Rechte eingeräumt und in Gesetzes- und/oder Verordnungsform spezifiziert werden. Denn die gegenwärtige Rechtslage dürfte mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG wohl ebenfalls unvereinbar sein.

4. Würde das Provisionsabgabeverbot fallen, hätte dies zwangsläufig auch negative Auswirkungen auf die Beratungsqualität, wenn den Versicherungsvermittlern nicht zugleich auch erlaubt wird, Ihre Vergütung gegenüber deren Kunden/Mandanten aufwandsorientiert selbst zu kalkulieren, mit diesen zu vertraglich zu vereinbaren und einzufordern, so wie es die VVG-Kommission schon 2003 gefordert hatte.

Anderenfalls besteht zudem auch die Gefahr der künftigen "Beratungspiraterie". Verbraucher könnten sich von mehreren Vermittlern ohne Vergütungsanspruch intensiv beraten lassen und schließen dann dort ab, wo sie den höchsten Anteil an der Vermittlervergütung erhalten. Da der Vermittler, der nicht analysieren und beraten muss, erheblich geringere Aufwendungen hat, kann er, ohne selbst Einbußen zu erleiden, selbstverständlich einen hohen Anteil seiner Vergütung weitergeben.

Bei diesem Prozedere träte das Produkt, dass dem zuvor ermittelten Bedarf des Verbrauchers entspricht, hinter die Vergütungshöhe zu Gunsten des Verbrauchers zurück (Motto: "Geiz ist geil"). Genau so verhielt sich der Sachverhalt ja als Erkenntnis aus dem Urteil des Verwaltungsgericht Frankfurt, bei dem der Kläger (AVL) in der Form eines Vermittlungs-Discounters die Fondskosten zu 90% rabattierte, weil er nicht beraten musste - mit dem "Segen des Gerichts". Eine solche Entwicklung kann aber doch wohl kaum dem politischen Willen nach Stärkung der Verbraucherrechte gerecht werden. Denn mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages ist nur ein Teil des Ganzen als erfüllt anzusehen. Danach kommt es auf fachkundige Betreuung oft über Jahrzehnte hinaus an, was sich insbesondere bei Schadens- und Leistungsfällen auszeichnet. Auch verändern sich Bedarf und Risiko der VN im Laufe der Zeit, neue Deckungskonzepte entstehen fast täglich, so dass Versicherungsverträge von Zeit zu Zeit auf Aktualität hin überprüft und ggf. angepasst werden müssen. Die Tätigkeit der Versicherungsmakler/innen ist also ein sich ständig wiederholender Kreislauf, der erfolgreichen Vermittlung gerade eben nicht sein Ende findet. Dieser Tätigkeitskreislauf unterscheidet Versicherungsmakler/innen von Versicherungsvertreter/innen in ganz besonderem Maße, denn Versicherer sind gemäß § 6 Abs. 4 VVG zur Beratung nach Vertragsschluss nur Anlassbezogen verpflichtet.

Die mit der Einführung des neuen VVG EU-weit beabsichtigte Stärkung der Verbraucherrechte verkäme also zu einer Phars, wollte man so verfahren. Eine weitere Folge wäre wohl auch, dass viele klein- und mittelständische Versicherungsmakler/innen nicht mehr Existenzfähig wären und dem Beratermarkt kurzfristig überhaupt nicht mehr zur Verfügung stünden. Dabei sind es aber gerade die Versicherungsmakler/innen, die als Vermittler im Lager der Versicherungsnehmer stehen und deren Interessen wahrnehmen, sich also auch gegenüber den Versicherern für deren Rechte einsetzen, z.B. nach Eintritt von Schadens- und Leistungsfällen. Diesem Berufsstand würde vielfach die (Über-)Lebensgrundlage entzogen. Dabei sind qualifizierte Versicherungsmakler/innen der beste Verbraucherschutz, schaffen sie doch gegenüber den mit erheblichem fachlichen Wissensvorsprung ausgestatteten mächtigen Versicherungs-Konzernen einen gesunden Interessensausgleich und sorgen so für eine Art Waffengleichheit.

III. Was ist zu tun?
1. Dem Verwaltungsgericht Frankfurt ist zuzustimmen, dass der in § 81 Abs. 3 VAG verwendete Begriff "Sondervergütung" den gesetzlichen Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit von Rechtsnormen zweifelsfrei nicht genügt und deshalb dem Rechtsstaatsprinzip entgegensteht, zumal daran auch bei Verstößen durch Versicherer und Vermittler Sanktionen in Form von Bußgeldern geknüpft sind.

2. Die Aufgabe der BaFin als Verordnungsermächtigte durch das BMJ muss nun darin bestehen, den Begriff der "Sondervergütung" und des "Verbots des Abschlusses von Begünstigungsverträgen" in allen Einzelheiten zu präzisieren, und zwar so, dass alle rechtsstaatlichen Prinzipen und Anforderungen genügt wird.

3. Dabei wird die Behörde auch folgenden Sonderfall berücksichtigen und in die Regelungen einbeziehen müssen.
Hat ein/e Versicherungsmakler/in mit einem Gewerbetreibenden oder Freiberufler (= Nichtverbrauchern) eine Beratungshonorarvereinbarung gemäß § 34d Abs. 1, Satz 4 GewO getroffen, ist er/sie - je nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung - verpflichtet, dem VN/Mandant/in vom Versicherer empfangene Courtagen offen zu legen und diese an den/die Mandantin herauszugeben (vgl. dazu § 667 BGB). Dies entspricht inzwischen ständiger und damit gefestigter RSpr. des BGH (so genannte Kick-Back-RSpr.).
Die durch das Verwaltungsgericht aufgeworfenen Fragen, was genau man sich unter dem Begriff "Sondervergütung" zu verstehen habe, sind teils etwas überzogen. Wichtig aber ist, dass alle, die von dieser Verbotsvorschrift betroffen sind, ihre Handlungen danach ausrichten können müssen. Es muss also für Jeden transparent sein, was erlaubt ist und was nicht. Die Spezifizierung der einzelnen Tatbestände ist an die Erfordernisse der Strafgesetzgebung anzupassen.

4. Soweit der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in seiner Stellungnahme zur VAG-Reform 2012 fordert, das Verbot nur Versicherungsvermittlern aufzuerlegen und damit Versicherer und insbesondere Direktversicherer vom Begünstigungsverbot auszunehmen12, so kann und darf dem schon aus Gründen der Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer nicht gefolgt werden. Denn auch Versicherer vermitteln bekanntlich direkt, also ohne die Zwischenschaltung eines gewerbsmäßig tätigen Vermittlers.

Die bisher offenbar durch die BaFin tolerierte "Draufgabe", z.B. durch Geschenke, wie einer elektrischen Zahnbürste im Wert von 100 EUR bei Abschluss einer Zahnzusatzversicherung für gesetzlich Krankenversicherte, muss ein sofortiges Ende haben. Es kann nicht angehen, dass die Versicherungsaufsichtsbehörde (BaFin VA) trotz des bestehenden Verbotes bisher solche Verstöße zwar kannte, jedoch nicht dagegen eingeschritten war. Dies kommt einer verbotenen Begünstigung im Amt sehr nahe. Wenn es Toleranz- bzw. Bagatellgrenzen geben soll, ist dies in das VAG bzw. in den dazu gehörenden Verordnungen13 zu regeln und die müssen selbstverständlich auch für alle Marktteilnehmer im wettbewerbsrechtlichen Sinn gleichermaßen gelten.

IV. Konformität mit EU-Kartellrecht ist gegeben
Die Beibehaltung des "Provisionsabgabeverbots und des Verbotes zum Abschlusses von Begünstigungsverträgen" verstößt nach diesseitiger Überzeugung auch nicht gegen den EU-Vertrag und auch nicht gegen das EU-Wettbewerbs- und -Kartellrecht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 17.11.1993 in der Rechtssache C-2/91 Rolf W. Meng im Wege der Vorabentscheidung auf die Vorlage des Kammergerichts Berlin zu Artikel 85 Abs. 1 EWG-Vertrag entschieden, das dem nationalen Provisionsabgabeverbot in Deutschland keinerlei EU-rechtlichen Bedenken entgegen stehen.

Der Gerichtshof hatte zur Begründung ausgeführt (Auszug):
Da die deutsche Regelung über die Versicherungsaufsicht es weder vorschreibt noch erleichtert, dass die Vermittler eine verbotene Kartellabsprache treffen, da das in ihr ausgesprochene Verbot aus sich heraus wirksam ist.
....
Artikel 3f, 5 Abs. 2 und 85 EWG-Vertrag einer staatlichen Regelung, durch die es Versicherungsvermittlern untersagt ist, die von den Versicherungsgesellschaften erhaltenen Provisionen ganz oder teilweise an ihre Kunden abzugeben, nicht entgegenstehen, wenn jeder Zusammenhang mit einem von Artikel 85 Abs. 1 EWG-Vertrag erfassten Verhalten von Unternehmen fehlt.
Das Kammergericht Berlin hat daraufhin das durch die Vorinstanz festgesetzte Bußgeld bestätigt.

V. Was ist zu veranlassen, wenn das Verbot aufgehoben wird
1. Wenn das Verbot der Gewährung von Sondervergütungen und das Schließen von Begünstigungsverträgen - wider erwarten - dennoch fallen sollte, muss zwingend die Beratung von Verbrauchern gegen gesondertes Entgelt erlaubt werden. § 34d Abs. 1, S. 4 ist dahingehend zu ergänzen und damit auch der Auffassung der VVG-Kommission aus 2003/2004 zu folgen. Anderenfalls müssten dem Grundsatz der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Abs. 1 GG entgegenstehende Regelungen dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung zugeführt werden.

2. Die IGVM fordert die Zulassung einer Doppelerlaubnis zu Gunsten der Versicherungsmakler/innen gemäß §§ 34d Abs. 1 i.V.m. 59 Abs. 3 VVG und 34e GewO in Verbindung mit 59 Abs. 4 VVG. Dies ist bereits lange überfällig und es muss endgültig Schluss sein mit der alten "Weißheit":

Kein Kaufmann tut etwas umsonst,
es sei denn, er ist "Versicherungskaufmann".


Wird zwischen Versicherungsmakler/in und Verbraucher eine Beratung gegen Honorar vereinbart, können durch Versicherer gewährte Courtagen an die VN herausgegeben werden. Nettotarife, die keine Abschlussvergütungen enthalten, wäre selbstverständlich der Vorzug einzuräumen, da die Abrechnung und Weitergabe von Courtagen nicht nur Gefahren für Vermittler, sondern auch erheblichen zusätzlichen Aufwand und Kosten bedeutete14.

Gute Beratung erfordert umfangreiches Wissen, eine ordentliche Bedarfs- und Risikoanalyse, einer Prüfung der am Markt angebotenen Tarife und Bedingungen, eventuell auch im Wege von Ausschreibung mit der Anforderung von Angeboten, Vermittlung und Beratungsdokumentation. Nicht zu vergessen dabei sind der ständige Besuch von Informationsveranstaltungen und Messen sowie die ständige Weiterbildung. Dies alles ist Zeit- und Kostenintensiv und muss durch das Vermittlungsentgelt oder das Beratungshonorar gedeckt werden können.

Die gesetzlich verankerten Pflichten, die Versicherungsmakler/innen im ganz besonders hohem Maß betreffen, können nachhaltig nur dann gewährleistet werden, wenn dafür auch eine adäquate Vergütung erfolgt. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist also darauf ein ganz besonderes Augenmerk der politisch Verantwortlichen und hier auch durch die Verantwortlichen bei der BaFin zu richten.

3. Sollte das Provisionsabgabeverbot kippen, müssen Gesetz- /Verordnungsgeber auch die Versicherungswirtschaft in die Pflicht nehmen.

Die IGVM fordert in diesem Fall:
1. die klare Bekenntnis, ob der jeweilige Versicherer mit Versicherungsmakler/ innen zusammenarbeiten will (so genannter Vertriebsweg "Makler"). Makler/innen müssen dann auch uneingeschränkten Zugang zu allen Versicherungsprodukten haben, insbesondere auch zu solchen von Direktversicherern. Versicherer müssen zwingend Nettotarife anbieten, die keinerlei Abschlusskosten beinhalten.

2. Die Bedingungen einer Zusammenarbeit von Versicherern mit Versicherungsmakler/innen dürfen nicht ausschließlich einseitig durch die Versicherer vorgegeben werden, denn hier ist der Willkür der wirtschaftlich stärker positionierten Versicherer Tür und Tor geöffnet. In einer Negativliste ist darzustellen, welche Regelungen der Versicherer in Zusagen oder Vereinbarungen als unlautere Geschäftspraktiken anzusehen sind und in der Rechtsfolge unwirksam sind15.

1 Auszug aus dem Abschlussbericht der VVG-Kommission vom 15.4.2004, S. 63 - Gliederungspunkt 1.2.2.15.4,Abs. 8
2 Auszug aus dem Dokument Nr. 159 der VVG-Kommission
3 mit Ausnahme betrieblicher Alters- und Invaliditätsvorsorge (bAV) und der betrieblichen Krankenzusatzversicherungen (bKV)
4 zu den Gründen siehe auch unter I. 1 Abs. 3
5 Anlagen A und B - mit freundlicher Genehmigung des Chefredakteurs, Dipl.-Ing. Dipl.Oen. Erwin Hausen
6 vgl. § 80 Abs. 5 VAG
7 So der "Binnenmarkt-Kommissar" Michel Barnier in seiner Rede anlässlich des öffentlichen Hearings zur IMD II am 10.12.2010 in Brüssel
8 Urteil vom 24.10.2011 - Az. 9 K 105-11.F
9 So das BVerfG in BVerfGE 102, 197; 105,252/265; 110, 304/321 und 111, 10/28
10 Einzige Ausnahme: die nicht substitutive Krankenzusatzversicherung
11 BGH IVa ZR 190-83 vom 22.05.1985 Sachwalterurteil - zu den Pflichten und zurr Haftung des VersM
12 vgl. Position bzw. Stellungnahme des GDV an das BMJ zur VAG-Novelle - § 37 VAG n.F.
13 zur Lebens-, Kranken und Schadensversicherung
14 Siehe dazu vt Spezial Recht zur Ausgabe 11/2012 - Das Provisionsabgabeverbot steht auf der Kippe - Anlage C
15 Analog zum Anhang zu § 3 Abs 3 des Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)


A) Umfrageergebnisse vt Ausgabe Nr 9/2012
B) Umfrageergebnisse kmi Ausgabe Nr 17/2012
C) Das ProvAbgV auf der Kippe - vt-Spezial-Recht - Ausgabe Nr 12-2011

(mit freundlicher Genehmigung des Markt-Intern-Verlag, Düsseldorf, vt-Chefredakteur Dipl.-Ing. Dipl. Oen. Erwin Hausen)



Kontakt:

Wilfried E. Simon
- 1.stv. Vorsitzender u. Dozent für Versicherungsrecht -
E-Mail: wilfried.simon@igvm.de

Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM)
Karlstraße 3
49074 Osnabrück

Telefon: 0541 / 33584 - 21
E-Mail: kontakt@igvm.de
Webseite: www.igvm.de
IGVM-Forum: www.igvm/forum.de

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