Elektronische Kassensysteme - Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften
Verschärfte Anforderungen an ordnungsgemäße Buchführung im Handel - BMF kippt Vereinfachungsregelungen - Dass eine nicht ordnungsgemäße Buchführung dazu führen kann, dass die Besteuerungsgrundlagen von den Finanzbehörden mit oftmals unkalkulierbaren Folgen für das Unternehmen geschätzt werden, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben.
19. Oktober 2011 - Dass eine nicht ordnungsgemäße Buchführung dazu führen kann, dass die Besteuerungsgrundlagen von den Finanzbehörden mit oftmals unkalkulierbaren Folgen für das Unternehmen geschätzt werden, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Mit Schreiben vom 26.11.2010 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) aber die Gangart vor allem für den Handel verschärft. Denn das BMF hat die bisherigen Vereinfachungsregelungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Buchführung bei elektronische Kassensysteme gekippt. Ab sofort müssen alle Daten des elektronischen Kassensystems so gespeichert werden, dass ein Betriebsprüfer die Daten direkt aus der Kasse auslesen kann. Die Aufbewahrung des Kassenbons alleine reicht jetzt nicht mehr aus. Und die mit der vermeintlich großzügigen Übergangsregelung bis Ende 2016 verbundenen Anforderungen dürften für viele Unternehmen eine nur mit einem finanziellen Kraftakt zu überwindende Hürde darstellen.
Bereits seit dem 01.01.2002 sind Unterlagen im Sinne des § 147 Satz 1 AO (Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe, Wiedergaben abgesandter Handels- oder Geschäftsbriefe, Buchungsbelege, mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebene Zollanmeldungen und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind), welche mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren (§ 147 Abs. 2 Nr. 2 AO). Dies bezieht sich insbesondere auf elektronische Registrierkassen. Diese Geräte sowie die mit ihrer Hilfe erstellten digitalen Unterlagen müssen seit diesem Zeitpunkt neben den Grundsätzen ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS vom 07.11.1995) auch den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU vom 16.07.2001) entsprechen (§ 147 Abs. 6 AO).
Mit Schreiben vom 26.11.2010 IV A4 S 0316/08/10004-07 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Anforderungen an Kassensysteme insgesamt erheblich verschärft. Im Grundsatz stehen die dort beschriebenen Anforderungen zwar schon seit vielen Jahren, durch bestimmte Erleichterungsregelungen und auch der bisherigen Auslegung der Vorschriften im Rahmen der Betriebsprüfungen sah die Praxis bei den Anwendern elektronischer Kassensysteme jedoch anders aus. Aufgrund einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 1996 (BMF-Schreiben vom 09.01.1996 BStBl 1996 I Seite 34) gab es eine Vereinfachungsregelung dahingehend, dass die Daten der Einzelbons nicht aufbewahrt werden müssen, wenn die Tagesendsummenbons (Z-Bons) lückenlos vorgelegt werden konnten. Durch das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 wurde diese Vereinfachungsregelung nunmehr aufgehoben.
Ab sofort müssen sämtliche elektronische Daten eines Kassensystems unverdichtet gespeichert werden. Es ist unzulässig, Einzelbons zu Gunsten des Tagesendsummenbons zu löschen. Ebenfalls ist es unzulässig, aufbewahrungspflichtige Unterlagen in ausgedruckter Form vorzuhalten. D.h. die alleinige Aufbewahrung der Bons auf Papier ist nunmehr nicht mehr ausreichend. Dem Betriebsprüfer muss ein Auslesen der Daten direkt aus der Kasse ermöglicht werden. Wie bisher sind auch sämtliche Organisationsunterlagen rund um die Kasse wie z.B. Bedienungsanleitung und Programmieranleitung, Protokolle von Umprogrammierungen, wozu Artikelstammdatenänderungen, Bedieneinrichtungen und Kellnereinrichtungen gehören, aufzubewahren. Was durch das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 neu hinzugekommen ist, ist die Tatsache, dass daneben auch für jede einzelne Kasse protokolliert werden muss, in welchen Zeiträumen eine Kasse an welchem Ort eingesetzt wurde.
Für den Fall, dass die Kassensysteme eines Steuerpflichtigen diese Forderung nicht erfüllen können, ist bereits dadurch die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung in Frage gestellt. Im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung ist einer Schätzung der Einnahmen durch die Betriebsprüfung mit unkalkulierbaren Folgen für das Unternehmen Tür und Tor geöffnet.
Das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 hat hier eine auf den ersten Blick großzügige Übergangsregelung zum Schutz der bestehenden Kassensysteme bis Ende 2016 definiert. An diese Übergangsregelung werden jedoch so hohe Anforderungen gestellt, dass ein Betrieb diese kaum erfüllen kann. Zunächst sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass Geräte, die bauartbedingt die Speicherung - insbesondere auch der Programm- und Stammdatenhistorie - nicht erfüllen, zwingend nachzurüsten sind. Das Bundesministerium der Finanzen stellt hierbei keinerlei Wirtschaftlichkeits- oder Praktikabilitätserwägungen an. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass ein Kassensystem, welches im Jahre der Anschaffung 2.000,00 € gekostet hat, nunmehr für 6.000,00 € aufzurüsten ist. Ist beispielsweise die komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten bei der Registrierkasse, insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten innerhalb des Gerätes nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger gespeichert werden.
Ein Archivsystem muss die gleichen Auswertungen wie jene im laufenden System ermöglichen. Hier werden auch regelmäßige Softwareupdates und gegebenenfalls der Kauf weiterer Hardware im Rahmen der Nachrüstung gefordert. Erst dann, wenn ein Gerät bauartbedingt die im BMF-Schreiben vom 26.11.2010 geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt, greift die Übergangsregelung bis zum 31.12.2016, wonach auf eine entsprechende Nachrüstung verzichtet werden kann. Allerdings sind dann die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 09.01.1996 vollumfänglich zu beachten. Wie bereits oben dargestellt, gelten die dort niedergelegten Grundsätze zwar schon seit langem, sind in der Praxis aber nie so angewendet worden. Da aufgrund des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 erhebliche Verschärfungen stattgefunden haben, ist davon auszugehen, dass die Finanzbeamten dieses BMF-Schreiben im Zweifel zuungunsten des Steuerpflichtigen auslegen werden. Bei Kassensystemen, die nicht mehr aufrüstbar sind, hat der Steuerpflichtige die Auflagen aus dem BMF Schreiben vom 09.01.1996 wie folgt zu erfüllen:
- Die Bedienungsanleitung und die Programmieranleitung sind aufzubewahren.
- Programmabrufe nach jeder Änderung (unter anderem der Artikelpreise, Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer, Kellner und Trainingsspeichern und ähnlichem sind aufzubewahren.
- Alle weiteren Anweisungen zur Kassenprogrammierung, z.B. Anweisung zum maschinellen Ausdrucken von Proformarechnungen oder zum Unterdrücken von Daten und Speicherinhalten sind aufzubewahren.
- Die mit Hilfe der Registrierkasse erstellten Rechnungen sind aufzubewahren. Dies bedeutet, dass neben dem reinen Tagesbericht alle Kundenrechnungen kopiert und abgeheftet bzw. elektronisch archiviert werden müssen.
- Die Tagesendsummenbons mit Ausdruck des Nullstellungszählers (fortlaufende sogenannte Z-Nummer zur Überprüfung der Vollständigkeit der Kassenberichte, der Stornobuchungen sogenannte Managerstornos und Nachstornobuchungen, Retouren, Entnahmen sowie der Zahlungswege (Bar, Scheck, Kreditkarte und alle weiteren im Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der Registrierkasse wie z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen, Ausdrucke der Trainingsspeicher, Kellnerberichte, Spartenberichte) sind im Belegzusammenhang zusammen mit den Tagesendsummenbons aufzubewahren.
- Die Vollständigkeit der Tagesendsummenbons ist durch organisatorische oder durch programmierte Kontrollen sicherzustellen.
In der Praxis, beispielsweise im Gastronomiebereich, sind die oben dargestellten Anforderungen kaum vollständig umsetzbar. Hierbei ist zu bemerken, dass die Einhaltung dieser Forderungen mit erheblichem manuellen Aufwand verbunden ist. Allein dadurch sind die Aufzeichnungen sehr fehleranfällig. Dies bedeutet, dass selbst wenn man bemüht ist, diese Anforderungen zu erfüllen, es durch fehlerhafte Eingaben dazu führen kann, dass die Buchführung wiederum anfechtbar ist. Unabhängig davon stellt sich die Frage, was unter „bauartbedingt“ zu verstehen ist. Nachzurüsten sind auf jeden Fall zwei Dinge:
1. Mehr Speicherplatz und
2. Softwareupdates.
In der Praxis sind heutzutage fast sämtliche installierten Kassensysteme softwareupdatefähig. Der Steuerpflichtige wird hier kaum argumentieren können, dass ein Softwareupdate bauartbedingt unmöglich sei. Auch werden die Finanzbehörden es nicht akzeptieren, wenn einige Hersteller oder Händler ein derartiges Update dauerhaft nicht anbieten. Darüber hinaus sind in der Vergangenheit auch Fälle bekannt geworden, in denen Betriebsprüfer bei den einzelnen Kassenherstellern angefragt haben, ob eine Aufrüstungsmöglichkeit besteht. Diese antworten regelmäßig damit, dass eine Aufrüstung möglich ist. Alleine aus diesem Grunde hat der Steuerpflichtige hier bei einer Betriebsprüfung die schlechteren Karten.
Weiterhin ist zu beachten, dass die bis zum 31.12.2016 angedachte Ausnahmeregelung nur für vor dem 26.11.2010 bereits in Betrieb befindliche Kassensysteme gilt. Das BMF-Schreiben spricht in diesem Zusammenhang davon, dass ein Gerät „weiterhin eingesetzt wird“. Es soll somit ein Bestandsschutz bereits installierter Systeme stattfinden. Auf neue Installationen findet die Ausnahmeregelung daher keine Anwendung. Dies bezieht sich ebenfalls auf den Kauf gebrauchter Registrierkassen. Sollte eine Registrierkasse vor dem 26.11.2010 bereits gebaut worden sein und erst danach in dem Betrieb des Steuerpflichtigen eingesetzt worden sein - im Rahmen eines Gebrauchtwarenkaufes - gilt die Ausnahmeregelung nicht.
Entscheidend bei dem BMF-Schreiben vom 26.11.2010 ist, dass dieses zur Umrüstung bzw. Ersatzinvestition in geeignete Kassen nur dann zwingt, wenn eine sogenannte elektronische Kasse genutzt wird. Einige Unternehmer benutzen sogenannte offene Ladenkassen. Dies sind Kassen, die in althergebrachter Form über keinerlei elektronische Aufzeichnungsmöglichkeit verfügen. Die Benutzer solcher Kassen werden durch das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 nicht gezwungen, sich nunmehr eine elektronische Kasse anzuschaffen. Für diese Unternehmer bleiben die bisherigen Aufzeichnungspflichten bestehen. Unabhängig davon können Steuerpflichtige auch durch das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 nicht gezwungen werden - für den Fall, dass eine elektronische Registrierkasse einmal kaputt geht - auch wieder eine neue elektronische Registrierkasse anzuschaffen. Diese können dann wieder zu dem Betrieb einer sogenannten offenen Ladenkasse übergehen. Auch spricht hinsichtlich des BMF-Schreibens nichts dagegen, diese Umstellung per sofort
vorzunehmen.
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