Die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (www.IGVM.de) warnt Versicherungsvermittler vor übereilten Weitergaben von Provision oder Courtagen an ihre Kunden/Mandanten
„Versicherungs- und Finanzvermittler dürfen künftig Provisionen, die sie vom Produktanbieter erhalten, an ihre Kunden weitergeben. Das hat das Verwaltungsgericht Frankfurt entschieden (Az.9K105/11.F)!“.
So oder zumindest so ähnlich lautet häufig die Einleitung, mit der in den Medien auf die gestrige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt zum Provisionsangabeverbot Bezug genommen wird. Die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler warnt Versicherungsvermittler/innen und insbesondere Versicherungsmakler/innen ausdrücklich davor, dies gegenwärtig so zu praktizieren!
Denn das Urteil des VG Frankfurt ist ja schließlich noch nicht rechtskräftig. Bis dahin gelten ausschließlich die gesetzlichen Bestimmungen wie folgt:
§ 81 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bestimmt im
Absatz 3 Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlern von Versicherungsverträgen zu untersagen, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren; ebenso kann es allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen untersagen, Begünstigungsverträge abzuschließen und zu verlängern. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen werden. Diese erlässt die Vorschriften im Benehmen mit den Versicherungsaufsichtsbehörden der Länder. Rechtsverordnungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates.
So wird sich wohl auch die im Verfahren unterlegene BaFin nach der Urteilsanalyse überlegen, ob Sie in Berufung geht oder wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache das Rechtsmittel der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht einlegt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ging auf Vorlage des Kammergerichts Berlin (2 Ss 125/90 - 5 Ws (B) 192/90) in der Rechtssache C 2-91 vom 17.11.1993 zum VAG a.F., § 81 Abs. 2, S. 3 von der Rechtmäßigkeit des ProvAbgVerbots aus und hat diese für mit dem EWG-Vertrag vereinbar erklärt. Auch der Bundesgerichtshof (BGH, III ZR 271-03 vom 17.06.2004 zu § 81 VAG) geht ebenfalls von der Gültigkeit dieses Verbots aus, das im Wege einer Rechtsverordnung durch das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherungen am 8.3.1934 erlassen und durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde.
Darüber kann sich ein Verwaltungsgericht – zumindest nach geltender Rechtslage - nicht einfach hinwegsetzen. Es ist an materielles Recht gebunden, auch wenn es die Bestimmungen als zu ungenau formuliert erachtet und vielleicht auch in einigen Fällen als überholt ansieht. Die Bundesregierung hat im März dieses Jahres erst den § 81 (Abs. 3 VAG) geändert, in dem sie bestimmte, dass es der Zustimmung des Bundesrates bei Verordnungsänderungen nicht mehr bedürfe. Weiteren Änderungsbedarf hat sie zu diesem Zeitpunkt nicht gesehen.
Eine durch die IGVM vorgeschlagene Ergänzung, wonach als Ausnahmetatbestand das Verbot dann keine Anwendung finden sollte, wenn vor der Vermittlung durch Versicherungsmakler rechtswirksam ein Beratungshonorar vereinbart wurde, blieb zwar unberücksichtigt, wird aber durch die BaFin, z.B. im Industriegeschäft inzwischen wohl toleriert. Das ist in der Folge auch nur konsequent, denn in solchen Situationen, wo sich an die vorausgegangene Beratung die Vermittlung mit Courtageanspruch der VersM anschließt, darf das Provisions-/Courtageabgabeverbot nicht greifen. Versicherungsmakler/innen sind dann nämlich unter Berücksichtigung und Anwendung der Grundsätze der Kick-Back-Rechtsprechung verpflichtet, empfangene Courtagen an den VN herauszugeben (§ 667 BGB). Das trifft z.B. zu, wenn Gewerbetreibenden für die Beratung eine gesonderte Vergütung gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 6 GewO in Rechnung gestellt wurde und es danach zur Vermittlung von Versicherungsverträgen kommt, die keine Nettoverträge sind und für die VersM daher in der Regel Courtage erhalten.
In solchen Fällen können sich VersM gegenwärtig überhaupt nicht Gesetzeskonform verhalten, weil sie entweder gegen das VAG (§ 81) oder gegen das BGB (§ 667) verstoßen. Dies ist eine völlig unbefriedigende Situation und ist deshalb vom Gesetzgeber auch umgehend durch die Einfügung des durch die IGVM geforderten Ausnahmetatbestands im § 81 VAG zu beseitigen.
Fazit:
Sollte es wirklich zum Wegfall oder zur Lockerung des Provisionsabgabeverbots kommen, dann müssen alle Courtagen individuell ausgehandelt werden dürfen und der Schritt zur Honorarberatung-/vermittlung wäre damit so gut wie erreicht. Zu bedenken ist aber bei alledem, dass den Abschlusscourtagen in der Lebens- und Krankenversicherung eine nicht unerhebliche soziale Komponente zukommt, gleicht sie doch für VersM die in der Regel unter betriebswirtschaftlichen Aspekten defizitären Beratungen und Vermittlungen der Sparten und Zweige aus, mit denen kein ausreichendes Salär erzielt wird, legt man für die zu erbringende Dienstleistung einen angemessenen Stundensatz zu Grunde. In diesen Bereichen würden Versicherungswillige künftig wohl zuzahlen müssen, wollen Sie auf den Rat von unabhängigen Experten nicht verzichten.
Versicherer sollten verstärkt darüber nachdenken, leistungsstarke Tarife alternativ auch als Nettotarife anzubieten. Einige Vorreiter gibt es bekanntlich ja schon.
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