Umbruch in der Immobilienbranche
Materialpreise, Zinswende und Inflation hinterlassen Spuren +++ Mieten oder kaufen? +++ Skeptiker haben Hochkonjunktur +++ Immobilienbesitz ist krisenfeste Geldanlage +++ 400.000 neue Wohnungen – utopisches Mantra aus Berlin +++ Politik muss Rahmenbedingungen verbessern
Ein Kommentar von Theodor J. Tantzen
Es ist keine Frage: Unsere Wirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Das Klima in unserer Gesellschaft hat sich angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, angesichts rapide steigender Rohstoff- und Energiepreise sowie einer hohen Inflationsrate spürbar eingetrübt. Viele Bürger stellen sich auf Verzicht ein. Pessimismus macht sich breit.
Zuversicht bewiesen aber über viele Jahre mutige Investoren und Hauseigentümer in spe, die lange Zeit mit ihren Projekten unsere Bauwirtschaft zum Treiber unserer gesamten Konjunktur gemacht haben. Vor der Zinswende war die Realisierung des beliebten Lebenstraums Eigenheim vergleichsweise günstig, nun ist das deutlich schwieriger geworden.
Immobilienbesitzer haben eine wirklich krisenfeste Geldanlage
Eigenheime sind unverändert begehrt. Selbst in der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Krise hat die ungestillte Nachfrage nach Immobilien deren Preise weiter beflügelt. Im ersten Quartal stiegen die Preise um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Während Börsianer hohe Verluste verzeichnen mussten, halten Immobilienbesitzer eine wirklich krisenfeste Geldanlage.
Skeptiker haben Hochkonjunktur
Düstere Prophezeiungen bekommen derzeit wieder enormen Aufwind. Auch, wenn tagtäglich wieder Experten prophezeien, dass eine Immobilienblase in Kürze platzt, ist dank der anhaltend ungestillten Nachfrage nach Immobilien nicht wirklich mit Einbrüchen bei den Preisen zu rechnen. Denn es besteht weiterhin ein beachtlicher Mangel an Wohnraum. Nicht nur die Knappheit des Wohnraums treibt die Preise weiter an. Auch die Inflation wirkt wie ein Turbolader. Einzig die Dynamik bei den Preissteigerungen könnten sich künftig ein wenig abschwächen.
400.000 neue Wohnungen in 2022 – ein utopisches Mantra aus Berlin
Fakt ist: Deutschland fehlen massiv neue Wohngebäude. 400.000 neue Wohnungen hält die bis dato noch wenig bekannte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) unverändert für realisierbar. „Wir müssen es schaffen, dieses Ziel zu erreichen. Die Wohnungen werden gebraucht, von Familien aus Deutschland und auch von über 800.000 Flüchtlingen aus der Ukraine“, beschwor sie Ende Juni ihr Berliner Bekenntnis wie ein Mantra. Im Jahr 2021 wurden jedoch nur 293.000 Wohnungen fertiggestellt, was seinerzeit schon ein Minus von gut vier Prozent gegenüber dem Jahr 2020 darstellt. Wie soll das hehre Ziel der Bundesregierung noch gelingen?
Was kann die Bauwirtschaft aktuell leisten?
Stahl, Dämmstoffe, Ziegelsteine, der Materialmangel ist auf deutschen Baustellen so groß wie noch nie. Die stets favorisierte Globalisierung, die unentwegte Suche nach den günstigsten Preisen führte unsere Branche in Abhängigkeiten. Just-in-time-Lieferungen statt gelagerter Wirtschaft senkten zwar im Handel die Kosten, erzeugten aber eine noch stärkere Abhängigkeit. Corona- und kriegsbedingte Engpässe in weltweiten Lieferketten bei Baustoffen, die rasant steigenden Rohstoff- und Energiepreise, eine nur schwach wachsende Wirtschaft und ein immenser Fachkräftemangel bremsen leider unverändert hierzulande unsere Baubranche. Es werden im laufenden Jahr 2022 deshalb weniger Bauprojekte auf dem Wohnungsmarkt fertiggestellt als geplant.