Vom „Brexit“ und den Konsequenzen für …

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Vom „Brexit“ und den Konsequenzen für Anleger

05.07.2016

Ein Volksentscheid in Großbritannien zugunsten eines Austritts aus der Europäischen Union (EU) lag schon immer im Bereich des Möglichen. Dennoch hat der „Brexit“ sowohl die EU als auch die Investoren kalt erwischt. Es folgte eine Verkaufswelle an den globalen Aktienmärkten, während sogenannte sichere Häfen wie Staatsanleihen und Gold stark nachgefragt wurden.

Ein Blick auf fünf mögliche Konsequenzen eines wahrscheinlichen Austritts der Briten aus der 28-Staaten-Gemeinschaft:

  1. In erster Linie hat das Ergebnis des britischen Referendums vom 23. Juni das Land in ein politisches Chaos gestürzt. Die tiefen Gräben innerhalb der Parteien und zwischen den Regionen sind nun offen zutage getreten. Großbritannien droht die Spaltung, da Schottland und Nordirland in der EU bleiben möchten, während England und Wales den Alleingang vorziehen. Da das „Leave“-Lager (noch) keinen klaren Anführer oder einen Plan für den Abschied von der EU hat, stehen Großbritannien unsichere Zeiten bevor. Gegenwärtig gibt es beinahe unendlich viele Möglichkeiten, wie Großbritannien und die EU ihre Scheidung – oder ein wie auch immer geartetes Zusammenbleiben – gestalten können.
  2. Zur wirtschaftlichen Dimension: Nach der „Brexit“-Abstimmung haben wir ausgehend von Investitionsrückgängen und einem gedämpften Konsum unsere Prognose für das britische Bruttoinlandprodukt (BIP) für die nächsten 18 Monate um 2.5 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Ein Rückgang in dieser Höhe könnte in Großbritannien, der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU, zu einer leichten Rezession führen. Die Unsicherheit wird sich auch negativ auf die Aussichten in der EU auswirken, jedoch in deutlich geringerem Ausmaß. Für den Fall, dass die Verhandlungen „in geordneten Bahnen“ verlaufen, ziehen wir beim Wachstum in der Eurozone für denselben Zeitraum 0.7 Prozentpunkte ab. Für die USA und den Rest der Welt sind gegenwärtig nur geringe Auswirkungen zu erwarten.
  3. Außerhalb Großbritanniens und der EU würden sich etwaige wirtschaftliche Folgen aus einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen, sprich Kursrückgängen an den Aktienmärkten und höheren Kreditspreads, ergeben. Die Zentralbanken verfolgen die Entwicklung sicherlich mit großer Aufmerksamkeit. Insbesondere die Europäische Zentralbank ist fest entschlossen, einen möglichen Anstieg der Renditeabstände zwischen den Staatsanleihen der „Peripherieländer“ der Eurozone einerseits und deutschen Staatspapieren andererseits zu bekämpfen. Auch die Bank of Japan wird bei ihrer nächsten Sitzung im Juli voraussichtlich eine weitere Lockerung der Geldpolitik beschließen. Das bedeutet im Wesentlichen Folgendes: Es wird kräftige Liquiditätsspritzen geben; eine Verschärfung der Geldpolitik ist nicht in Sicht – auch nicht in den USA, dem einzigen großen Industrieland, in dem bis vor Kurzem noch eine Anhebung der Leitzinsen absehbar war. Das sollte dazu beitragen, Verlustrisiken zu minimieren.
  4. Das weltweite Wirtschaftswachstum und die globalen Unternehmensgewinne werden letzten Endes die wichtigsten Treiber der Aktienmärkte sein. Insofern erwarten wir, dass die Auswirkungen des Brexits moderat ausfallen werden, sollten alle anderen Faktoren unverändert bleiben. Jedoch werden die Anleger erst konkrete Beweise dafür sehen wollen, bevor sie sich bei riskanten Anlagen engagieren. Vor dem Brexit gab es Anzeichen von Verbesserungen: Das globale Wirtschaftswachstum begann sich zu stabilisieren und der Abwärtstrend bei den Gewinnrevisionen verlangsamte sich. Unter diesem Begriff ist das Verhältnis der Anzahl von Aktienanalysten, die die Gewinnprognose nach oben revidieren, zu jenen, die die Gewinnprognosen nach unten anpassen, zu verstehen (siehe Grafik 1).

Nimmt man die britische Protestabstimmung als Maßstab, ist die Wahrscheinlichkeit „exotischer“ politischer Konstellationen in Europa und im Rest der Welt gestiegen. Es war die Enttäuschung von Großbritanniens Mittelschicht über die Auswirkungen der Globalisierung und Migration, die beim Referendum den Ausschlag gaben. Ähnliche Resultate bei impulsiven Entscheidungen sind auch in anderen Ländern möglich, weshalb Politiker ernsthaft über eine überzeugende Antwort auf diese Herausforderungen nachdenken sollten.

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