Bain-Studie zur Lage der hiesigen Kreditinstitute: In Deutschlands Banken klafft Ergebnislücke von 25 Milliarden Euro
- Niedrigzinsen, Digitalisierung und Regulierung setzen Renditen unter Druck - Verbesserung der Eigenkapitalausstattung verschärft Profitabilitätsproblem - Kluft zwischen rentabelsten und unrentabelsten Banken wächst - Sparanstrengungen der vergangenen Jahre genügen bei Weitem nicht
- Erstmalige Prognose der Ergebnisentwicklung bis 2025 zeigt Notwendigkeit zur Senkung der Kosten um 30 Prozent
- Bain prophezeit durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 5 Prozent nach Steuern
Die Lage der Banken in Deutschland bleibt herausfordernd: Trotz leicht verbesserter Erträge verdienen nicht einmal sechs Prozent der Kreditinstitute ihre Eigenkapitalkosten. Zwischen der 2014 durchschnittlich erzielten Eigenkapitalrendite von 2,1 Prozent und den Eigenkapitalkosten von 7,7 Prozent klafft eine Lücke von 5,6 Prozentpunkten. Anders ausgedrückt: Den Banken fehlen 25 Milliarden Euro Jahresüberschuss nach Steuern, um die Ansprüche ihrer Anteilseigner bedienen zu können. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie „Deutschlands Banken 2015: Die 25-Milliarden-Ergebnislücke“ der internationalen Managementberatung Bain & Company.
„Diese Ergebnislücke bei den deutschen Banken ist eklatant, und die Rahmenbedingungen werden sich nicht verbessern“, warnt Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain & Company. „Banken, die in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen jetzt gegensteuern und ihr Geschäftsmodell anpassen.“ Dies erfordert auch eine radikale Verringerung ihrer Kostenbasis von 84 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. Kostensenkungen von 30 Prozent sind möglich. „Die hiesigen Kreditinstitute müssen deutlich fokussierter, schlanker und profitabler werden“, so Dr. Wilhelm Schmundt, Partner bei Bain & Company und Bankenspezialist. „Und die Personalkosten sind der mit Abstand größte Hebel zur Kostensenkung.“ Dies bedeutet einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen, der durch Veränderung der Geschäftsmodelle, durch Automatisierung und Digitalisierung der Geschäftsprozesse sowie eine Reduktion der organisatorischen Komplexität und der Wertschöpfungstiefe erreicht werden muss. Die Altersstruktur der Bankmitarbeiter wird den notwendigen Personalabbau von 125.000 Arbeitsplätzen bis 2025 durch natürliche Fluktuation, Altersteilzeit und Vorruhestandsregelungen erleichtern. Bain-Schätzungen zufolge können bis zu 115.000 weitere Arbeitsplätze an Dienstleister und Servicegesellschaften ausgelagert werden.
Vom eigenen Anspruch weit entfernt
Wie wichtig Kostendisziplin ist, zeigen die gewaltigen Rentabilitätsunterschiede innerhalb des Bankwesens. Der Abstand zwischen den ertragsstarken und -schwachen Kreditinstituten hat sich weiter vergrößert. So erwirtschafteten die 360 rentabelsten Banken (die obersten 20 Prozent) 2014 eine Eigenkapitalrendite von 4,9 Prozent, während die 360 schwächsten Institute (die unteren 20 Prozent) lediglich auf 1,7 Prozent kamen. „Die renditestarken Häuser setzen sich immer weiter ab“, analysiert Bain-Deutschlandchef Sinn. „Die Auslese im Markt hat erkennbar begonnen.“ Dies zeigt auch der Vergleich der Institutsgruppen. Die genossenschaftlichen Zentralbanken erzielten 2014 eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von 10,0 Prozent und bilden mit den Direktbanken (9,8 Prozent) sowie den Automobilbanken (8,1 Prozent) das Spitzentrio. Im Mittelfeld liegen Spezialfinanzierer, Kreditgenossenschaften, Großbanken, Banken mit Sonderaufgaben, Landesbanken, Realkreditinstitute und Sparkassen mit Eigenkapitalrenditen zwischen 1,8 und 4,2 Prozent. Schlusslichter sind die Bausparkassen sowie die Privatbanken und Vermögensverwalter.
Trotz der im vergangenen Jahr erstmals seit 2011 wieder gestiegenen Bilanzsumme – um drei Prozent auf 7,64 Billionen Euro – fiel die Zahl der in Deutschland tätigen Banken auf einen neuen Tiefstand: Nach 1.843 im Jahr 2013 sind es jetzt nur noch 1.786. Dazu Bain-Experte Schmundt: „Setzt sich die Konsolidierung mit der gleichen Geschwindigkeit wie in den letzten 20 Jahren fort, wird die Anzahl der Banken in zehn Jahren um weitere 550 zurückgehen.“ 2014 wurden insgesamt 1.100 Filialen geschlossen. Damit stehen bundesweit noch 30.800 Niederlassungen zur Verfügung. Laut Bain-Prognose werden insgesamt 11.000 Filialen der Anpassung der Geschäftsmodelle zum Opfer fallen. Die Zahl der Beschäftigten ging vergangenes Jahr um 5.000 auf 625.000 zurück. In den letzten fünf Jahren wurden bereits 22.000 Arbeitsplätze im deutschen Bankwesen abgebaut.
Mit radikaler Kostensenkung Eigenkapitalrendite verdoppeln
Erstmals hat Bain zudem analysiert, wie sich die Profitabilität der deutschen Banken in den nächsten zehn Jahren entwickeln wird. Insbesondere höheres Eigenkapital, steigende Risikokosten und Kostenauftrieb durch Inflation werden zusätzlich negativ auf die Geschäftsergebnisse wirken. Gleichzeitig aber sorgen höhere Zinserträge und Provisionseinnahmen für Entlastung. Gelingt es den Banken außerdem, ihre Kosten radikal zu senken, ließe sich die für 2025 erwartete Ergebnislücke von 25 Milliarden Euro zumindest halbieren. Die Eigenkapitalrendite im deutschen Bankensektor würde sich mehr als verdoppeln – von heute 2,1 Prozent auf 4,9 Prozent. Betont Bain-Deutschlandchef Sinn: „Doch trotz aller Anstrengung bleibt die Rentabilität der Banken in Deutschland damit im Schnitt unter den Kapitalkosten. Die Konsequenz ist ein harter Verdrängungswettbewerb. Eine weitere Konsolidierung ist unausweichlich.“
Über die Studie
Die Analyse der Entwicklungen im deutschen Bankenmarkt basiert auf Daten der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank sowie den Datenbanken von Bankscope und Hoppenstedt. Sie bilden die Basis für die detaillierte Analyse der Bilanz- und GuV-Strukturen von nahezu 1.800 Kreditinstituten in Deutschland. Für die Abschätzung von Einsparpotenzialen wurden zudem interne Benchmark- und Marktmodelle verwendet, die in einer Vielzahl von Transformations-und Kostensenkungsprojekten laufend weiterentwickelt werden. Die Prognose der künftigen Ergebnislücke ist das Resultat einer Szenarioanalyse, in die neben historischen Zeitreihen aktuelle Marktdaten von Bloomberg eingeflossen sind. Bei der Untersuchung von Konsolidierungstrends wurde auf Daten der nationalen Zentralbanken, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und der Weltbank zurückgegriffen. Darüber hinaus nutzt die Studie Ergebnisse umfassender Umfragen und Studien von Bain im Bankensektor aus jüngster Zeit.
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