EZB-Aufsicht darf kleine und mittlere Banken nicht überfordern
Kleine und mittlere Banken laufen Gefahr, durch Anforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB) überfordert zu werden. Dies befürchten die Sparda-Banken nach den ersten sechs Monaten Erfahrung mit der EZB-Aufsicht. „Wir wollen nicht an allgemeinen europäischen Durchschnitten gemessen werden, sondern an den Anforderungen unseres spezifischen Geschäftsmodells“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Sparda-Verbands Prof. Dr. Joachim Wuermeling anlässlich des Sparda-Verbandstags in Frankfurt am Main. Schematisches Aufsichtshandeln würde weder den Instituten gerecht noch erfasse es die tatsächlichen Risiken im europäischen Bankensektor. Europa brauche jetzt eine ‚Mittelbankspolitik‘. Die sogenannten „Less Significant Institutes“ (LSI,s) müssten mit den Instrumenten der klassischen Mittelstandspolitik wie Geringfügigkeitsgrenzen, Schwellenwerten und Ausnahmeregelungen entlastet werden. Ansonsten könne der Regulierungsdruck lebensbedrohlich werden, befürchtet Wuermeling.
- Dombret sagt Berücksichtigung von nationalen Besonderheiten zu
- Wuermeling fordert „Mittelbankspolitik“
Kleine und mittlere Banken laufen Gefahr, durch Anforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB) überfordert zu werden. Dies befürchten die Sparda-Banken nach den ersten sechs Monaten Erfahrung mit der EZB-Aufsicht.
„Wir wollen nicht an allgemeinen europäischen Durchschnitten gemessen werden, sondern an den Anforderungen unseres spezifischen Geschäftsmodells“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Sparda-Verbands Prof. Dr. Joachim Wuermeling anlässlich des Sparda-Verbandstags in Frankfurt am Main. Schematisches Aufsichtshandeln würde weder den Instituten gerecht noch erfasse es die tatsächlichen Risiken im europäischen Bankensektor. Europa brauche jetzt eine ‚Mittelbankspolitik‘. Die sogenannten „Less Significant Institutes“ (LSI,s) müssten mit den Instrumenten der klassischen Mittelstandspolitik wie Geringfügigkeitsgrenzen, Schwellenwerten und Ausnahmeregelungen entlastet werden. Ansonsten könne der Regulierungsdruck lebensbedrohlich werden, befürchtet Wuermeling.
Die EZB beaufsichtigt direkt seit November vergangenen Jahres nur die Großbanken. Die Aufsicht über die LSI,s verbleibt bei den nationalen Aufsehern. Jedoch hat die EZB jederzeit Durchgriff auf sie und kann so die Aufsicht maßgeblich steuern. Andreas Dombret, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, plädierte dafür, nationale Besonderheiten bei der Aufsicht über die LSI,s zu berücksichtigen. „Damit die europäische Aufsicht ein Erfolg wird, muss den nationalen Aufsehern der nötige Spielraum gelassen werden, um auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der einzelnen Institute einzugehen. Das gebietet das in den Aufsichtsregeln verankerte Subsidiaritätsprinzip und ist die effizienteste Lösung.“
Jukka Vesala, Generaldirektor für die indirekte Aufsicht in der EZB, betonte, dass die EZB mit den nationalen Aufsichtsbehörden eine gute Arbeitsbeziehung aufbauen wolle. Natürlich müsse nach dem Proportionalitätsprinzip die unterschiedliche Größe der Institute berücksichtigt werden. „Die EZB setzt sich für einheitliche, hohe Standards für die Überwachung innerhalb des gesamten SSM („Single Supervisory Mechanism“, einheitlicher europäischer Bankenaufsichtsmechanismus) ein. Beispielsweise erwartet die EZB, dass identische Risiken einheitlich bewertet werden“, sagte er.
Demgegenüber erwiderte Enrico Kahl, Verbandsratsvorsitzender der Sparda-Banken: „Wir haben Verständnis dafür, dass die EZB sich erst mit den Bankensektoren der einzelnen Euroländer vertraut machen muss. Allerdings sehen wir mit Sorge nach den ersten 200 Tagen EZB-Aufsicht eine Tendenz, Regeln für systemrelevante Banken eins zu eins auf kleine und mittlere Institute zu übertragen. Das belastet diese Banken unverhältnismäßig und benachteiligt sie im Wettbewerb. Daher fordern wir von der EZB eine dem Risiko angemessene Regulierung. Ansonsten wird die Vielfalt der Bankenlandschaft leiden und damit letztlich auch die Stabilität des europäischen Finanzsystems“.
Johan Kapl, Mitglied des Vorstands der Sparda-Bank Münster, forderte - gerade weil die EZB ihre neue Rolle erst einüben müsse - so schnell wie möglich einen Dialog zwischen der EZB und den LSI,s. Bislang kommuniziere die EZB nur mit den nationalen Aufsichtsbehörden. „Die 3.700 kleinen und mittleren Institute wollen für die europäischen Aufseher nicht nur Karteikarten sein, sondern auch gehört werden.“
Die Diskussion um den richtigen Ansatz bei der Bankenaufsicht stellte Ludek Niedermayer, Mitglied des Europäischen Parlaments, in einen größeren Zusammenhang: „Eine effektive Bankenüberwachung ist für die Zukunft Europas entscheidend. Ich betrachte die Bankenunion als eine sehr wichtige Errungenschaft der EU und als großen Erfolg. In dieser Podiumsdiskussion möchte ich die Regulierungs- und Aufsichtsbehörden darauf aufmerksam machen, dass viele neue Vorgaben und Anforderungen ausgearbeitet wurden und nicht nur die Wirkungsweise jeder einzelnen Vorgabe, sondern die gesamte Wirkung aller Maßnahmen sorgfältig in Betracht gezogen werden sollte.“
Kontakt:
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Die Gruppe der Sparda-Banken besteht aus zwölf wirtschaftlich und rechtlich selbständigen Sparda-Banken in Deutschland sowie mehreren Service-Gesellschaften wie der Sparda-Datenverarbeitung eG und der Sparda-Consult Gesellschaft für Projekt- und Innovationsmanagement mbH. Mit insgesamt über 3,4 Mio. Mitgliedern und rund vier Mio. Kunden gehören die Sparda-Banken zu den bedeutendsten Retailbanken in Deutschland. Die Sparda-Banken sind als genossenschaftliche Banken Mitglied im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und Teil der genossenschaftlichen FinanzGruppe.