Vermieter müsste man sein: In ganz …

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Vermieter müsste man sein: In ganz Deutschland klettern die Mietpreise rasant

von Andrew Silver , Meret Michel , Simon Wörpel Bildnachweis: Ivo Mayr Von 2012 bis 2016 sind die Mieten in Deutschland um durchschnittlich 15 Prozent gestiegen. In Ballungszentren sieht die Lage noch schlimmer aus: In Stuttgart legten die Preise für Mietwohnungen um 19 Prozent zu, in München um 21 Prozent und in Berlin um 28 Prozent. Das ergibt eine Auswertung von Immobilieninseraten. Glücklich ist, wer in den vergangenen Jahren nicht umziehen musste. Denn nahezu jeder Wohnungswechsel führt dazu, dass die Betroffenen mehr Geld für Miete ausgeben müssen – vorausgesetzt, man will sich nicht mit deutlich weniger Quadratmetern zufrieden geben. Oder nach Jena ziehen. Denn in Jena ist die Miete seit 2012 im Schnitt um 1,2 Prozent gefallen. Vor fünf Jahren musste man in der ostdeutschen Traditionsstadt durchschnittlich 8,40 Euro Miete pro Quadratmeter bezahlen, im vergangenen Jahr waren es nur 8,30 Euro. Jena ist mit diesem Rückgang der Preise allerdings einzigartig in Deutschland.   Die Daten stammen vom Forschungsinstitut Empirica in Bonn, das nach eigenen Angaben „die mit Abstand größte Sammlung von Immobilieninseraten in Deutschland“ ausgewertet hat. Das Institut analysiert die auf Internetbörsen angezeigten Angebotsmieten und hat so eine Datenbank über die Mietpreisentwicklung in Deutschland erstellt. Mit diesen Daten hat CORRECTIV nun eine interaktive Karte erstellt, in der jeder nachschauen kann, wie die Entwicklung in seinem Landkreis war.  Laut den Empirica-Daten sind die Mieten in den vergangenen fünf Jahren deutschlandweit um etwa 15 Prozent gestiegen. Besonders heftig war der Anstieg in Berlin. Dort kostet eine Mietwohnung heute im Schnitt 28 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Mit einem Preis von 9,29 pro Quadratmeter spielt die lange Jahre eher günstige Bundeshauptstadt jetzt in einer Liga mit traditionell teuren Städten wie Düsseldorf, wo Mieter 9,87 Euro pro Quadratmeter berappen müssen.  Die Bewohner von München werden auch über diese Preise nur müde lächeln können. Im Jahr 2016 mussten sie für eine Mietwohnung im Durchschnitt 16 Euro pro Quadratmeter zahlen – ein Anstieg um 21 Prozent gegenüber dem Jahr 2012. Auf Platz zwei der teuersten Orte folgt der Landkreis München (12,80 Euro pro Quadratmeter), dann kommen Frankfurt (12,70 Euro), Starnberg (11,94 Euro) und Stuttgart (11,31 Euro). Aktuelle Mietpreise und ihre Entwicklung seit 2012   Daten: empirica-Preisdatenbank In unserer Visualisierung sind zwei Zahlen miteinander verbunden. Die rosafarbene Skala bildet den Anstieg der Mieten ab. Die blaue Farbskala bildet das bereits erreichte Mietniveau ab. Je dunkler eine Region ist, desto weiter oben befindet sie sich auf beiden Skalen: die Mieten sind schon hoch, steigen aber immer noch. Im violetten Feld an der Spitze sind die Mieten bereits sehr hoch, steigen aber noch weiter. Zum Beispiel in Ingolstadt. Hier lagen die durchschnittlichen Angebotsmieten im vergangenen Jahr bei durchschnittlich elf Euro pro Quadratmeter, ein Anstieg von 26 Prozent gegenüber 2012. Im Landkreis Eichstätt nördlich der Stadt stiegen die Mieten sogar um 44 Prozent, der zweitstärkste Anstieg in Deutschland. Noch rasanter kletterten die Angebotsmieten nur in Wolfsburg –  und zwar um 46 Prozent binnen fünf Jahren. Auch im Umland von Wolfsburg stiegen die Mieten stark an. Dennoch sind die Mieten in Wolfsburg – verglichen etwa mit München – immer noch vergleichsweise günstig. Das zeigt diese grafische Darstellung:    2012 2016 Mietpreis pro m² Daten: empirica-Preisdatenbank „Sowohl Wolfsburg wie Ingolstadt sind von den Autokonzernen abhängig. Geht es VW schlecht, geht es auch der Stadt schlecht“, sagt Reiner Braun vom Forschungsinstitut Empirica. Wolfsburg ist der Hauptsitz von Volkswagen, etwa die Hälfte der Bewohner arbeitet beim VW-Konzern. Ingolstadt ist die Heimat von Audi – wächst der Konzern, profitiert auch hier die Stadt. In Wolfsburg sind zwischen 2012 und 2016 etwa 20.000 Arbeitsplätze entstanden. Rund 1.000 Menschen sind laut Braun pro Jahr in die Stadt gezogen – gleichzeitig seien aber nur durchschnittlich 300 Wohnungen pro Jahr gebaut worden. Inzwischen dürfte sich die Situation in Wolfsburg entspannt haben. Der VW-Konzern hat nach dem Dieselskandal einen massiven Stellenabbau angekündigt. Während die Preise in Ballungsgebieten seit Jahren steigen, stagnieren sie auf dem Land. Denn im Gegensatz zu früher kehren viele junge Leute, die es zur Ausbildung in die Zentren zieht, danach nicht mehr in ihre Heimat zurück. Sondern bleiben in Berlin, Köln oder Hamburg wohnen. Wie unterschiedlich die Mietentwicklung innerhalb Deutschlands sein kann, zeigt ein Vergleich zwischen dem Ruhrgebiet und der Region München. Im Ruhrgebiet sind die Mieten niedrig und steigen auch kaum. In der Region München waren sie vor fünf Jahren doppelt so hoch wie im Ruhrgebiet, heute sind sie teilweise drei Mal so hoch.   Ruhrgebiet Region um München Ruhrgebiet: Herne, Oberhausen, Essen, Gelsenkirchen, Duisburg, Bochum, Dortmund Region um München: München, Dachau, Ebersberg, Fürstenfeldbruck, München (Kreis), Starnberg Daten: empirica-Preisdatenbank Die Daten zeigen auch, dass die Mietpreisbremse nicht wie erhofft funktioniert. So lagen laut einer Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins 80 Prozent der untersuchten Angebotsmieten über dem zulässigen Wert. Das liegt vor allem daran, dass Mieter kaum eine Chance haben, ihr Recht einzufordern. Denn um zu wissen, ob sich ihr Vermieter an das neue Gesetz hält, müssen sie nachvollziehen können, wie dieser die monatliche Miete berechnet. Sie müssen also wissen, wieviel ihr Vormieter bezahlt hat. Nur wenige Mieter versuchen, diese herauszufinden oder gar eine Offenlegung vor Gericht zu erstreiten. Zweitens haben die Vermieter keinen Anreiz, sich an das neue Gesetz zu halten. Knöpft ein Vermieter einem Mieter zu viel ab, muss er den unzulässigen Betrag erst ab dem Zeitpunkt einer Beschwerde zurückzahlen und nicht rückwirkend. Und drittens gibt es in den wenigsten Städten einen offiziellen Mietspiegel, der offenlegt, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete in einem Viertel ist. In Berlin lässt sich das Problem gut beobachten. Um fast acht Prozent ist die Bevölkerung in den letzten sechs Jahren gewachsen. Neue Wohnungen aber wurden kaum gebaut, vor allem nicht solche, die sich Menschen mit niedrigem Einkommen leisten können. „Die städtischen Wohnbaugenossenschaften haben die Entwicklung verschlafen“, sagt Marcel Eupen vom Alternativen Mieterverband Berlin. In den 1990er Jahren war die Stadt knapp bei Kasse und verkaufte nicht nur ihre große Wohnbaugenossenschaft GSW, sondern auch zahlreiche Immobilien und Grundstücke. Damit gab sie die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt aus der Hand. Für Bauherren seien die bürokratischen Hürden hoch, Neubauten würden nur schleppend angegangen. Wer richtig billig wohnen will, muss sowieso aufs Land ziehen: In Wunsiedel im Fichtelgebirge zahlt man für eine Wohnung im Schnitt 4,21 Euro pro Quadratmeter. Am zweitbilligsten ist es in Tirschnereuth (4,35 Euro), danach folgen Primasens (4,36 Euro), Holzminden (4,37 Euro) und der Vogtlandkreis (4,39 Euro). Die Städte mit den geringsten Mietpreisanstiegen finden sich alle in Ostdeutschland. Nach Jena (minus 1,19 Prozent), folgen Frankfurt an der Oder (minus 0,68 Prozent), Angela Merkels Heimat, die Uckermark (minus 0,39 Prozent), dann Vorpommern-Rügen (0,83 Prozent Preisanstieg), Rostock (1,15 Prozent) und Bautzen (1,8 Prozent). Abschließend noch ein Vergleich zwischen den Mietpreisen und der Einwohnerdichte von Landkreisen und Städten. Je weiter sich eine Stadt nach rechts oben bewegt, desto höher sind sowohl die Mietpreise als auch die Einwohnerdichte: München entschwebt hier dem Rest des Landes. Mietpreise und Einwohnerdichte   Einwohner Daten: empirica-Preisdatenbank <input type="hidden" name="next_url" id="id_newsletter_35547_next_url" value="/recherchen/stories/feeds/"> SPOTLIGHT Jeden Samstag schicken Dir im Wechsel die CORRECTIV-Redakteure Daniel Drepper und Markus Grill einen kostenlosen E-Mail-Newsletter mit den besten investigativen Geschichten der vergangenen Woche: international, national und lokal. 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