Kommentar: Rechnen mangelhaft. Setzen, Herr Minister!
Ob er beim Leistungskurs in Mathematik dabei war, weiß ich nicht. Zumindest beim Unterricht der vier Grundrechnungsarten aber dürfte er ab und zu gefehlt haben. So und nicht anders ist zu erklären, warum Maut-Minister Alexander Dobrindt seinen faulen Kompromiss mit der Euro-Bürokratie als großen Erfolg feiert. Zugegeben: Die bayerischen Stammtische werden jubeln, weil endlich mal jemand den Ausländern gezeigt hat, wo der Bartel den Most holt. Aber ob Dobrindt-Kollege Wolfgang Schäuble in den Lobgesang einstimmen wird, ist mehr als fraglich. Denn wie er auf die angeblichen 500 Millionen Euro kommt, die das Eintrittsgeld fremder Autofahrer für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen bringen soll – wie der Verkehrsminister nach wie vor behauptet – bleibt dessen Geheimnis. Da sind zunächst einmal die 100 Millionen an Kraftfahrzeugsteuer, die demnächst weniger in die Staatskasse fließen dürften. Nur mit der Zusage, die diese Abgabe für Deutsche demnächst nach Schadstoffklassen gestaffelt werde, war das Einverständnis Brüssels zu erlangen. Besitzer von Autos, die so wenig Schadstoffe emittieren, dass sie die Euro 6-Norm erfüllen, sollen um diesen Betrag entlastet werden. Und da sind die neuerdings in fünf Stufen gestaffelten Kurzzeitvignetten für Ausländer, die bereits bei 2,50 Euro beginnen. Ursprünglich war das Doppelte geplant. Je nach Fahrzeugeigenschaften kostet eine Zehn-Tages-Maut jetzt also 2,50 Euro, vier Euro, acht Euro, 14 Euro oder 20 Euro. Im geltenden Mautgesetz sind es fünf, zehn und 15 Euro. Eine Zwei-Monats-Maut soll sieben, elf, 18, 30 oder 40 Euro kosten. Bisher sind es 16, 22 und 30 Euro. Nicht-Deutsche, die sich für eine Jahresvignette von 130 Euro entscheiden, dürften wohl an einer Hand abzuzählen sein. Auf der anderen Seite schlagen die Verwaltungskosten zu Buche, die der Bund aufbringen muss. Mindestens 200 Millionen Euro sind für das bürokratische Monster veranschlagt, eher mehr. Trotzdem bleibt Dobrindt bei seiner mehrere Jahre alten Rechnung. Ausgewiesene Fachleute wie Professor Joachim Wieland von der Universität Speyer melden schon jetzt starke Zweifel an: „Das Ganze könnte zu einem Verlustgeschäft für Deutschland werden." Was aber passiert, wenn die Ausländermaut den Staat tatsächlich mehr kostet, als sie einbringt? Dann bleibt die Hoffnung, dass – wie angekündigt - einige Nachbarstaaten vor den Europäischen Gerichtshof ziehen und erfolgreich klagen. Oder es passiert, was nach einer nicht repräsentativen Umfrage von „stern.de“ herauskam. Auf die Frage „Glauben Sie, dass die Maut die deutschen Fahrer nichts kostet?" antworteten 95 Prozent der Befragten: „Nein, früher oder später langt der Staat noch mal zu." Denn was in der Zukunft in punkto Maut den deutschen Autofahrern drohen könnte, lässt sich aus den Worten der EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc herauslesen. Sie sagte, dass Dobrindt einen ersten großen Schritt in Richtung einer binnenmarktfreundlichen und EU-weiten Maut getan habe. Der zweite könnte für uns alle teuer werden. (ampnet/hhr) Bilder zum Artikel Hans-Robert Richarz. Foto: Auto-Medienportal.Net klein (68 kB) mittel (485 kB) groß (764 kB)
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