30. 07. 2013 - Wertvorstellungen von Bürgern und Abgeordneten driften auseinander
(ac) Zwischen den Wählern und ihren Vertretern in den Parlamenten gibt es eine deutliche Kluft: ihr Verständnis von Werten – also dem, woran sich die Menschen bei ihrem Zusammenleben orientieren – ist deutlich verschieden. Dies zeigen die zentralen Ergebnisse der „Wertestudie 2013“. Sie entstand in Kooperation des Meinungsforschungsinstituts YouGov und der gemeinnützigen Wissenschaftsstiftung Change Centre Foundation. Vor dem Hintergrund der Wahlen im September 2013 stellt sich die Frage nach der Werte-Übereinstimmung zwischen der Bevölkerung und ihren Vertretern drängender denn je. Hier zeigt die Studie deutliche Unterschiede: Wurde 2011 noch von beiden Seiten Ehrlichkeit spontan als wichtigster Wert genannt, so zeigen sich 2013 große Differenzen in der offenen Frage, welche Werte besonders wichtig sind. Bei den Bürgern gewinnt Ehrlichkeit als Wert mit deutlichem Abstand vor Gerechtigkeit und Toleranz.Bei den Mandatsträgern streiten neben Ehrlichkeit dagegen die Gemeinschaftswerte Solidarität und Gerechtigkeit eng um den ersten Platz. Dass Ehrlichkeit bei beiden Gruppen seltener genannt wird als 2011, könnte laut YouGov mit der Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg im Zeitraum Januar bis März 2011 zusammenhängen, die zum Erhebungszeitraum 2011 den meisten Befragten noch deutlich vor Augen gewesen sein dürfte. Die gestiegene Präsenz des Solidaritätsbegriffs bei den Abgeordneten könnte mit der Euro-Krise und den dazugehörigen Debatten erklärt werden.Auch in der geschlossenen Abfrage nach der Wichtigkeit der Werte zeigt sich: Mandatsträger wählen abstrakte Werte wie Gerechtigkeit, Toleranz, Freiheit und Solidarität auf die ersten Plätze. Respekt, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit landen dagegen bei den Bürgern auf den vorderen Plätzen, dicht gefolgt von Familie, Freiheit, Zuverlässigkeit und Toleranz. Ein weiterer Befund der Studie deutet darauf hin, dass der Wert „Respekt“ von Frauen wesentlich stärker präferiert wird als von Männern – im Unterschied zum Wert „Freiheit“.Werte-Abstand zwischen Mandatsträgern und Wählern einer bestimmten ParteiAuffällig ist der je nach Partei sehr unterschiedliche Werte-Abstand zwischen den Mandatsträgern einer Partei und denjenigen Bürgern, die genau diese Partei gewählt haben. Dieser Diskrepanz-Index wird berechnet, indem die Unterschiede in der Bevorzugung von einzelnen Werten über alle zwanzig abgefragten Werte zusammengezählt werden. Der Werte-Abstand zwischen Bürgern und ihren Vertretern ist je nach Partei unterschiedlich groß – besonders deutlich bei der Linken und der SPD. Die kleinste Diskrepanz in den Werten findet sich aktuell zwischen FDP-Abgeordneten und ihren Wählern. (2011: bei CDU/CSU und ihren Wählern).Eltern und Lehrer vermitteln Werte und TugendenBei allen Unterschieden sind sich Bürger und Abgeordnete aber einig, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau, dass die Bedeutung von Werten in den letzten Jahren abgenommen hat. Mehr als die Hälfte der Bürger (55%) geben dies an und immerhin 39% der Mandatsträger.Sowohl für die befragten Bürger wie auch für die Politiker gilt: Werte werden vor allem von Eltern und Erziehern bzw. Lehrern vermittelt. „Werte werden nur durch direkte Kommunikation im Nahbereich glaubwürdig vermittelt. Deshalb schneiden die bloß medial erfahrbaren Experten, auch Kirchenvertreter oder Promis, hier so schlecht ab“, sagt Prof. Dr. Joachim Klewes, Leiter der Change Centre Foundation mit Verweis auf die Werte für Prominenz aus Entertainment (8%), Sport (5%) und auch aus den Religionsgemeinschaften (13%).Zur StudieDie „Wertestudie 2013“ ist die Neuauflage der „Wertestudie 2011“ und entstand in Kooperation des Meinungsforschungsinstituts YouGov und der gemeinnützigen Wissenschaftsstiftung Change Centre Foundation. Für die repräsentative Studie wurden im Juni und Juli 2.075 Bundesbürger und 1.061 Abgeordnete auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene befragt.
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