08. 07. 2013 - „Private und …

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08. 07. 2013 - „Private und betriebliche Vorsorge darf nicht im schwarzen Loch der Grundsicherung verschwinden“

CDU/CSU haben am 23.06.2013 ihr Wahlprogramm verabschiedet. Auf ein Rentenkonzept hatten sich die Parteien bereits vorab verständigt. Unter anderem sollen Mütter besser gestellt werden und die Erwerbsminderungsrente verbessert werden. Wie sind die einzelnen Maßnahmen zu bewerten? Nachgefragt bei Prof. Dr. Thomas Dommermuth, FH Amberg-Weiden (Teil 1)AC: Angela Merkel will in einer möglichen weiteren Legislaturperiode die Renten von Müttern verbessern. In der Sache spricht kaum jemand dagegen, allerdings wird die Finanzierbarkeit angezweifelt. Was halten Sie von dem Vorschlag der CDU/CSU?Prof. Dr. Thomas Dommermuth: Ich halte diese Maßnahmen grundsätzlich für sinnvoll, hier herrscht meiner Meinung nach Handlungsbedarf. Ich empfand es schon immer als diskriminierend, dass Mütter, deren Kinder ab 1992 geboren worden sind, pro Kind drei Jahre Kindererziehungszeit für die Rente angerechnet bekommen, während die Mütter, deren Kinder vor 1992 das Licht der Welt erblickt haben, lediglich ein Jahr bekommen. Das ist in meinen Augen auch verfassungsrechtlich nicht begründbar. Natürlich kostet das sehr viel Geld, aber es allein an einem solchen Stichtag festzumachen, halte ich für falsch. Das Wahlprogramm der CDU/CSU sieht daher einen Kompromiss vor: Steigerung von einem auf zwei Jahre. Das ist noch immer diskriminierend, jedoch ein Kompromiss zwischen Notwendigkeit und Finanzierbarkeit und ein Schritt in die richtige Richtung. Daher würde ich es begrüßen, wenn Frau Merkel das, was nun beschlossen wurde, im Falle einer Wiederwahl auch tatsächlich wahrmachen würde.AC: Nächster Punkt ist die Verbesserung der Erwerbsminderungsrente. Wie bewerten Sie die Maßnahmen?TD: 2001 wurde die gesetzliche Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente in die gesetzliche Erwerbsminderungsrente überführt, was den gesetzlichen Versicherungsschutz reduzierte. Die von mehreren Parteien beabsichtigte Heraufsetzung der Zurechnungszeit von 60 auf 62 würde die Leistungshöhe der Erwerbsminderungsrente verbessern. Das Wahlprogramm der CDU/CSU spricht weitere Verbesserungen an („spürbare Erhöhung der Rentenansprüche“), ohne diese jedoch im Detail auszuführen. Angesichts der aufgezeigten historischen Entwicklung ist das Vorhaben zu begrüßen, jedoch kann eine fundierte Stellungnahme erst erfolgen, wenn die politischen Absichten konkretisiert worden sind.AC: Heftig umstritten ist die Einführung einer Lebensleistungsrente. Ist sie gerecht?TD: Die Zuschuss- bzw. Lebensleistungsrente soll das Problem abmildern, dass jemand 40 oder mehr Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt hat und trotzdem vor einem Scherbenhaufen steht. Man hatte ja vor ca. einem dreiviertel Jahr vonseiten des zuständigen Ministeriums Zahlen veröffentlicht, die sehr alarmierend waren: Jemand, der gegenwärtig 2.500 Euro brutto verdient und bei späterem Altersrentenbeginn 40 Jahre gearbeitet hätte, würde trotzdem in der Grundsicherung landen (gegenwärtig: 382 Euro im Monat, für ein Ehepaar 690 Euro plus angemessene Kosten für die Wohnung). Das können wir nicht bestätigen. Wir haben die Zahlen ebenfalls berechnet und kommen bei dem genannten Einkommen auf einen höheren Betrag als die Grundsicherung. Allerdings erhalten Menschen mit deutlich geringerem Einkommen bzw. einer gebrochenen Erwerbsbiographie naturgemäß eine geringe gesetzliche Rente, die in vielen Fällen jene 690 Euro plus nicht selten unterschreiten wird (gegenwärtig rd. 2,5% der Rentenbezieher). Diese wird nach gegenwärtiger Rechtslage auf die Grundsicherung aufgestockt. Das ist natürlich sehr wenig und auch für unsere Volkswirtschaft ein Problem, wenn es immer weniger junge Menschen gibt und gleichzeitig mehr ältere mit zu wenig Geld in der Tasche. Ich halte es daher für notwendig und gerecht, wenn Menschen, die mehr als 40 Jahre Wartezeiten bei der gesetzlichen Rentenversicherung aufweisen mindestens 850 Euro erhalten. Die Finanzierung tut weh, ist aber angesichts der erwähnten volkswirtschaftlichen Dimension unbedingt erforderlich; allein durch Beiträge wird man sie auf Dauer wohl nicht stemmen können, sodass der Bundeszuschuss herhalten muss.Es darf auch die private und betriebliche Vorsorge für denjenigen, der sie vertrauensvoll abgeschlossen haben, nicht im „Schwarzen Loch der Grundsicherung“ verschwinden; das gilt insbesondere für die Riester-Versorgung, da sie besonders auf die Geringverdiener abzielt. Beispiel: Jemand kommt später mit seiner gesetzlichen Rente nicht auf das Grundsicherungsniveau der erwähnten rund 700 Euro, sondern nur auf 500 Euro. Und gleichzeitig hat er noch einen Riestervertrag abgeschlossen, der ihm im Monat 100 Euro Rente bringen würde. Da er die rund 700 Euro ohnehin erhält, verpufft die Riester-Rente vollkommen. Das heißt, er hat den Riestervertrag – und das betrifft übrigens auch alle anderen Formen privater und betrieblicher Altersleistungen – völlig umsonst abgeschlossen. Das kann nicht sein. Es kann nicht sein, dass derjenige noch bestraft wird, dafür, dass er auf Konsum verzichtet und der Politik vertraut hat. Darüber sind sich auch viele Experten einig, hier muss etwas geschehen. AC: Was ist im Gegenzug von der von der SPD proklamierten steuerfinanzierten Solidarrente von 850 Euro zu halten? TD: Nach meiner Interpretation besteht der Unterschied zum Vorschlag der CDU/CSU in der Finanzierung der Aufstockung auf jene 850 Euro. Die SPD will dieses Plus als Solidarrente ausgestalten und daher nicht über die Beiträge, sondern rein über den Bundeszuschuss und daher aus dem Steueraufkommen finanzieren. Das ist zwar eine teilweise Abkehr vom Versicherungsprinzip, ich halte es aber für geschickt, denn dadurch verteilt man die Finanzierung auf mehr Schultern und nimmt den insbesondere aus der jungen Generation der Beitragszahler kommenden Kritikern des CDU-Vorschlags, der ja bereits Teil des 2012 geplanten Rentenreformpaktes war, Wind aus den Segeln. Der SPD-Vorschlag fordert neben den mindestens 40 Jahren Wartezeit auch noch mindestens 30 Jahre Beitragszahlung; auch ich halte eine Mindestdauer der Beitragszahlung für Empfänger einer derartigen Aufstockung für richtig, da wir von jenen Menschen auch eine finanzielle Eigenbeteiligung verlangen müssen.AC: Glauben Sie, dass das umsetzbar ist? TD: Die Aufstockung auf 850 Euro war im Rentenreformpaket von 2012 bereits vorgesehen und Sie wissen, was damit passiert ist; der politische Widerstand war selbst in den eigenen Reihen der Bundesregierung groß. Außer der FDP, die ausschließlich auf Stärkung der privaten und betrieblichen Altersversorgung setzt, sind aber alle anderen Parteien für eine derartige Mindestrente, die Linken wollen sie gar bei 1.050 Euro ansetzen. Letzteres halte ich für nicht umsetzbar, die 850 Euro steuerfinanziert erachte ich hingegen für machbar.Im morgigen Newsletter: Prof. Dr. Thomas Dommermuth erklärt, was davon zu halten ist, dass der Deutsche Rentenversicherung Bund eine private Zuschussrente anbieten will und was nach der Wahl aus der Riester-Rente wird.Mehr zum Thema „Vorsorge“ im AssCompact TV Expertentalk "Und Riester lohnt sich doch" mit Prof. Dr. Thomas Dommermuth Foto: AssCompact Redakteurin Adele Dietl im Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Dommermuth

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