Schutzbriefleistungen, die schlechter kaum möglich sein können

Eigentlich ein ganz normaler Schutzbrieffall, den ein Autofahrer durch eine Reifenpanne auf der A2 zwischen Berlin und Magdeburg erlebte. Auch wenn es sich wie ein Sketch darstellt, so war es bittere Wahrheit.
Der Fahrer war mit seinem Fahrzeug auf der Autobahn Richtung Magdeburg unterwegs, als ein Hinterreifen plötzlich komplett die Luft verloren hat. Mit Glück im Unglück konnte der Fahrer das Fahrzeug unfallfrei auf den Standstreifen fahren und dort abstellen. Aufgrund einer Schwerbehinderung konnte der Reifenwechsel nicht selbst vorgenommen werden.
Nachdem die Schrecksekunden verdaut waren, folgte der Griff zum Handy. Die Nummer des Schutzbriefversicherers war schnell zur Hand. Es meldete sich ein Sprachassistent. Die Meldung darüber hat – trotz mehrfacher Versuche – nicht funktioniert. Nach einiger Zeit gelang dann die Verbindung zu einem persönlichen Ansprechpartner. Dass das nicht automatisch ein Glücksfall werden sollte, merkte der Fahrer leider erst später.
Obwohl er mehrmals einen genauen Standort auf der Autobahn kurz vor einem beschilderten Rasthof erwähnt hat, fragte der freundliche Mitarbeiter immer wieder nach Straßenschildern oder Straßennahmen. Es stellte sich die Frage, ob der Mitarbeiter selbst überhaupt schon jemals auf einer Autobahn unterwegs war? Der Hinweis des Pannenfahrers, dass es auf der Autobahn keine Straßenschilder bzw. sonst übliche Straßennamen gibt, beunruhigte den Mitarbeiter nicht.
Der Fahrer schilderte den weiteren Ablauf. Nach erfolgloser Ortung des Handys kam die Frage nach Koordinaten. Wer kennt seine Koordinaten oder weiß, wo er sie findet? Eine kurze Einweisung sollte das Ergebnis Ortung oder der Koordinaten im Handy bringen. Aber leider Fehlanzeige. Nun kam ein unglaublicher Tipp des Servicemitarbeiters. Vielleicht funktioniert die vorgenommene Einstellung im Handy erst, wenn das Handy neu gestartet wird. Also war sein Vorschlag, das Handy aus- und anschließend wieder einzuschalten. Er würde so lange in der Leitung warten. Dieser Hinweis hat den Pannenfahrer umgehauen und es gelang ihm, den Mitarbeiter von dem Ergebnis eines ausgeschalteten Handys und der automatischen Trennung der Verbindung zu überzeugen.
Nach einem ca. 30minütigem Telefonat kam die Erleichterung. Der Mitarbeiter hätte den Standpunkt gefunden. Tatsächlich? Der Servicemitarbeiter versicherte sich nochmals, ob der Standpunkt dort ist, wo an der Ecke die Sparkasse stehen würde? Der nun schon genervte Pannenfahrer konnte nur noch mit dem Hinweis reagieren, dass er noch nie eine Sparkasse an oder direkt auf der Autobahn gesehen hat.
Dann kam die erlösende Nachricht, dass der Pannendienst jetzt beauftragt wurde und mit einer Wartezeit von ein- bis eineinhalb Stunden gerechnet werden muss. Die fast zeitgleich erhaltene SMS des Pannendienstes wies nur auf eine Wartezeit von ca. 45 Minuten hin.
Nach einer Wartezeit von eineinhalb Stunden hat sich nichts getan. Ein Anruf beim Pannendienst ergab dann, dass bisher auch noch nichts veranlasst wurde und ohne die Nachfrage des Pannenfahrers auch nichts passiert wäre. Es wurde zu keiner Zeit ein Helfer beauftragt. Eineinhalb Stunden sinnlose Wartezeit auf der Autobahn.
10 Minuten später kam ein Rückruf des Pannendienstes mit der Zusage, dass sich nun ein Mitarbeiter auf den Weg macht. Die Rückfrage, ob das Fahrzeug mit der Reifenpanne auch einen Ersatzreifen, einen Wagenheber und Werkzeug an Bord hat, führte zu neuen Zweifeln. Wagenheber und Werkzeug? Ist der Pannendienst damit nicht ausgestattet?
Gefühlte 30 Minuten später kam dann tatsächlich eine Hilfe. Aber mit einem Pannendienstfahrzeug hatte das wenig zu tun. Kein typisches Fahrzeug eines Pannendienstes, keine Warnleuchte, kein Warndreieck und ohne Wagenheber und Werkzeug. Der Helfer hat dann völlig risikoreich (natürlich auch ohne Warnweste) den Reifen gewechselt.
Nach insgesamt drei Stunden konnte die Fahrt fortgesetzt werden.
Dass einer der großen Versicherer einen derartigen Service anbietet oder vermittelt, ist unvorstellbar. Von einem Pannendienst hat der betroffene Fahrer mit Sicherheit eine andere Vorstellung gehabt (wir übrigens auch).
Positiv ist aber anzumerken, dass der Versicherer in dieser Angelegenheit selbst unglaubliche Fehler gesehen hat und der Pannenfahrer als Entschädigung einen 50 EUR-Tankgutschein erhalten hat.
Es handelt sich hier sicher um einen Einzelfall, doch Zweifel an Kfz-Tarifen mit Werkstattbindung (bei denen ja vergleichsweise auch die Beauftragung bzw. Verantwortung der Reparatur dem Versicherer überlassen wird), lassen sicher erhebliche Bedenken aufkommen.