Serie: Schadensfall des Monats Oktober 2024 / Gastbeitrag von Hans John Versicherungsmakler GmbH: „Vorsicht im Zusammenhang mit verspäteter Beantragung von Soforthilfen bei schwerer Krankheit“
Langjährige Kundenkontakte sind nicht nur für Makler von herausragender Bedeutung. Es ist nachvollziehbar, dass Erkrankungen und Schicksalsschläge von vertrauten Kunden auch den empathischen Vermittler nicht unberührt lassen. Im vorliegenden Schadenfall des Monats wird deutlich, dass auch und insbesondere durch derartig emotionale Umstände erhebliche Haftungsrisiken entstehen können.
Sachverhalt
Makler M betreute seit nahezu zwei Jahrzehnten die Versicherungsverträge seines Kunden K. Im Verlauf der Jahre wurden nicht nur die Versicherungsverträge des K, sondern auch diejenigen seiner Frau und Kinder betreut, so dass sich fast eine Art familiäres Verhältnis entwickelte. In den Beratungstelefonaten wurden daher nicht selten auch persönliche Anekdoten und Erlebnisse ausgetauscht. In Rahmen eines Telefonats im November 2023 teilte K mit, dass er an Krebs erkrankt sei – einer schweren Form von Lungenkrebs. M wurde gebeten, sich in diesem Zuge um die bestehenden Versicherungsverträge zu kümmern. „Wenn es etwas zu klären oder zu beantragen gibt, mach‘ es!“ trug K dem M auf. M war über die Mitteilung der Krebserkrankung des K derart geschockt, dass er zwar den Versicherungsbestand überprüfte, jedoch keinen konkreten Handlungsbedarf erkannte. In der Folgezeit wurde es ruhig um K, bis sich dessen Ehefrau im Februar 2024 meldete und den Tod des Ehemanns bekanntgab. In diesem Telefonat erkundigte sich die Witwe, ob M die Sofortleistung in Höhe von 10.000 EURO der bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung beantragt habe. K erklärte, dass er diese Zahlung wohl aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit über das Schicksal des K noch nicht beantragt habe. Die Witwe bat ihn die Beantragung nunmehr vorzunehmen. M beantragte sodann umgehend die Einmalzahlung unter Berufung auf die Krebsdiagnose. Nach zwei Tagen erfolgte seitens der Berufsunfähigkeitsversicherung des verstorbenen K die Ablehnung des Antrags, da der Anspruchsteller zum Zeitpunkt der Beantragung noch leben muss und nicht verstorben sein darf. M teilte der Witwe die Ablehnung nebst Begründung mit. Daraufhin warf diese dem M eine Pflichtverletzung vor und machte den Anspruch gegenüber M im Wege der Gesamtrechtsnachfolge umgehend in voller Höhe geltend.
Deckungsebene
Auf Deckungsebene gab es in diesem Fall neben der grundsätzlich notwendigen und von uns koordinierten Aufbereitung aller erforderlichen Unterlagen – insbesondere der eigenverantwortlichen Stellungnahme – wenig zu diskutieren. Eine Pflichtverletzung des M war nicht in Abrede zu stellen. Im Schwerpunkt unserer Tätigkeit stand vielmehr eine kollegiale und einfühlsame Betreuung des M, der mit sich selbst haderte und nicht verstehen konnte, wie ihm dieser Fehler unterlaufen konnte.