Serie: Schadensfall des Monats November 2021 / Gastbeitrag von Hans John Versicherungsmakler GmbH: „Alter Vertrag und neue Risiken“
Die Pflichten eines Versicherungsmaklers gehen bekanntlich deutlich über die bloße Vermittlungstätigkeit hinaus. Ergeben sich etwa nach Abschluss eines Versicherungsvertrages Änderungen, so muss der Versicherungsmakler auf eine Anpassung hinwirken – und dies am besten auch dokumentieren.
Als Versicherungsnehmer S und Versicherungsmakler M 2011 erstmals miteinander in Kontakt kamen, ging es zunächst nur um den Abschluss einer Gebäudeversicherung für das private Wohnhaus des S. Gemeinsam mit einem Bevollmächtigten der C-Versicherung fand am 15.06.2011 ein Ortstermin zur Ermittlung der Versicherungssumme und Tarifierung statt, in dessen Anschluss auch ein Versicherungsantrag ausgefüllt wurde. Der Antrag wurde angenommen und der Versicherungsvertrag lief letztlich unverändert fort, bis es am 19.08.2019 zu einem Brand in den versicherten Räumlichkeiten kam. Im Zuge der vom Versicherer eingeleiteten Schadensermittlung stellte sich heraus, dass das Gebäude unmittelbar vor Schadenseintritt zum Teil auch gewerblich genutzt worden war. Tatsächlich hatte S sich bereits im Jahr 2013 in einer Garage und einem sich anschließenden Nebenraum eine Werkstatt eingerichtet und dort in wachsendem Umfang eine Tätigkeit als Möbeltischler aufgenommen. In der Werkstatt war, bedingt durch einen Kurzschluss, auch das Feuer ausgebrochen. Die C-Versicherung kürzte deshalb die Versicherungsleistungen um 60%. Rund 48.000 EUR wurden nicht übernommen. S machte hierfür seinen Versicherungsmakler verantwortlich. Dieser hätte auf eine Anpassung des Vertrages hinwirken müssen. M schaltete daraufhin seinen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer ein.
Maklerpflichten
Grundsätzlich ist der Versicherungsmakler auch nach Vertragsschluss zu ständiger und unaufgeforderter Betreuung des Versicherungsvertrages und zudem dazu verpflichtet, gegebenenfalls auf Änderungen des Versicherungsschutzes zu drängen (Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Auflage, § 5 Rn. 63). Allerdings ist bei Veränderungen nach Vertragsschluss danach zu differenzieren, aus wessen Sphäre diese stammen. Bei Veränderungen aus der Sphäre des VN könne der Makler nur auf Initiative des Kunden hin tätig werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2016 – 4 U 223/15). Da die Nutzungsänderung der Sphäre des S entstammte, erschien eine Haftung des Versicherungsmaklers erst einmal fraglich. S trug jedoch vor, M hätte um die Werkstatt und deren Nutzung gewusst. Er sei anlässlich des Abschlusses anderer Versicherungsverträge noch mehrfach vor Ort gewesen und hätte dabei auch die Werkstatt besichtigt. Trotzdem hätte er pflichtwidrig keine Anpassung des Gebäudeversicherungsvertrages veranlasst. Makler M bestätigte gegenüber seinem Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer, dass er auch nach Abschluss der Gebäudeversicherung noch mehrfach beim Kunden gewesen sei – unter anderem zwecks Abschlusses einer Kfz-Versicherung – und ihm auch die Werkstatt aufgefallen wäre. Er hätte S auch mehrfach darauf hingewiesen, dass man „da etwas machen müsse“, weil es ansonsten im Schadensfall zu Problemen kommen könne. S sei darauf jedoch nicht eingegangen oder hätte M auf später vertröstet. Dokumentiert hatte M seine Empfehlungen zur Anpassung des Gebäudeversicherungsvertrages allerdings nicht.