11. 04. 2013 - Studie: Bürgerversicherung verschlingt 100.000 Arbeitsplätze
(ac) Das von den Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linkspartei verfolgte Projekt einer Bürgerversicherung sorgt für einen Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen in der Assekuranz. 60.000 Arbeitsplätze bei den privaten Krankenversicherern wären bedroht, 50.000 Versicherungsvermittler müssten um ihre Tätigkeit bangen. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Studie hervor, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Montagsausgabe zitierte. Mit der Einführung der Bürgerversicherung würden 100.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Hälfte davon in den ersten zwölf Monaten. Betroffen wären ebenfalls „einige Zehntausend selbstständige Versicherungsvermittler“, die am Ende schlimmstenfalls ohne Lohn und Brot dastehen würden. Diese Zahlen stammen aus einer noch unveröffentlichten Studie, die der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vorliegt.FAZ-Wirtschaftskorrespondent Andreas Mihm zitiert aus dem Gutachten „Auswirkungen der Bürgerversicherung auf die Beschäftigung in GKV und PKV“ dessen Autor Dr. Robert Paquet die PKV als „Auslaufmodell“ sieht, sollte die von der Opposition geforderte Bürgerversicherung Realität werden. Die Arbeitsplätze von bis zu 50.000 Versicherungsvermittlern würden „massiv eingeschränkt oder vernichtet“, schreibt Mihm und zitiert aus der Studie: „Insgesamt sind durch die Bürgerversicherung die Arbeitsplätze von rund 60.000 Arbeitnehmern in Frage gestellt.“ „Ergebnisse werden nach Abschluss veröffentlicht“Die Untersuchung umfasst der FAZ zufolge 80 Seiten. In Auftrag gegeben wurde sie von der Gewerkschaft Verdi (Vereinte Dienstleistungsgesellschaft) und der Hans-Böckler-Stiftung, die 1977 vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gegründet wurde. Dr. Robert Paquet habe sein Gutachten bereits „Anfang Januar abgeschlossen“, dessen „Endfassung“ nun vorliege. Da das in der Expertise herausgearbeitete Zahlenmaterial für einen Verdi-Sprecher „nicht nachvollziehbar“ gewesen sei, „sei der erste Entwurf nicht abgenommen, sondern zur Überarbeitung zurückgegeben worden“, heißt es im FAZ-Artikel. Rainer Jung, Leiter der Pressestelle der Hans-Böckler-Stiftung weist die Darstellung, die Untersuchung sei bereits fertiggestellt, als „falsch“ zurück. „Es handelt sich um ein laufendes Projekt, bisher ohne belastbare Ergebnisse“, so Jung. Bislang liege „lediglich ein Entwurf“ vor. Dieser wurde an den Autor „zurückgegeben, weil er der Forschungs-Fragestellung und den Standards, die die Hans-Böckler-Stiftung an eine wissenschaftliche Aufarbeitung“ stelle, „in zentralen Punkten noch nicht“ genüge. Das liegt an der hohen Komplexität des Themas und am schwierigen Datenzugang“, so die gewerkschaftsnahe Stiftung in einer Pressemitteilung. Sobald die Untersuchung abgeschlossen sei, würden deren Ergebnisse allerdings veröffentlicht, kündigt die Stiftung an. PKV-Verband: „Noch ist es früh genug für ein Umdenken“Damit kommt jedenfalls die Stiftung einer Forderung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) nach. „Wir fordern die Gewerkschaft Verdi auf“, so der PKV-Verband in einer Pressemitteilung, „das in ihrem Auftrag erstellte und von ihren Mitgliedern bezahlte Gutachten zu veröffentlichen“. Damit könnten „sich auch die Arbeitnehmer in der Versicherungsbranche über die drohenden Folgen einer Bürgerversicherung informieren“. Reinhold Schulte, Vorsitzender des PKV-Verbandes, appelliert an die Gewerkschaften Verdi und DGB „auf die erschütternden Erkenntnisse“ der Untersuchung „angemessen“ zu reagieren, in dem sie „ihre ideologisch motivierten Gremienbeschlüsse für eine Bürgerzwangsversicherung überdenken und revidieren würden.“ „Noch ist es früh genug für ein Umdenken im Interesse des Erhalts von 100.000 Arbeitsplätzen und im Interesse eines gut funktionierenden dualen Gesundheitssystems mit dem belebenden Wettbewerb von Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherungen“, so Schulte. Der PKV-Verband verweist auf den Blick ins Ausland, wo „Einheitssysteme zu viel stärkeren Leistungskürzungen und in der Folge zu echter Zwei-Klassen-Medizin“ geführt hätten, „weil sich dann nur Wohlhabende die bestmögliche Versorgung jenseits des Einheitssystems leisten“ könnten, ja gar ins Ausland flüchteten. Es gebe deshalb keinen Grund für eine „Zerschlagung des dualen Gesundheitssystems“. Mit diesen seien die Bürger „heute so zufrieden wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, so der PKV-Verband. Verdi: „Unser Kerngeschäft ist der Erhalt aller Arbeitsplätze“In einer Meldung von Verdi vom 04.04.2013 zur Gesundheitspolitik heißt es, dass die „Frage, welche Folgen sich für die Beschäftigten insbesondere in der privaten, aber auch in der gesetzlichen Krankenversicherung bei einer Integration in eine Bürgerversicherung ergeben“, für die Gewerkschaft „von erheblichem Belang uns unser zentrales gewerkschaftliches Thema“ sei. Verdi verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss ihres Bundeskongresses 2011. In dem Beschluss heißt es: „Alle Veränderungen sind daher so zu gestalten, dass sie nicht zu Lasten der Beschäftigten erfolgen, sondern zukunftsfeste Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden.“ Laut dem Bericht der FAZ schreibt Gutachter Paquet, dass „Ersatz-Arbeitsplätze in der gesetzlichen Krankenversicherung... nicht zu erwarten“ seien, da die Krankenkassen einen allmählichen Zuwachs ohne zusätzliches Personal verkraften würden. Text: Umar Choudhry
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